Originalgetreuer Nachbau von Waggons für Nastätter Denkmallok geplant
Nachbau von Waggons für Nastätter Denkmallok geplant: Lok-Sammler sucht nach Konstruktionsplänen
Fast vier Jahre ist es her, dass die Nastätter Denkmallok zur Restaurierung an einen niederländischen Sammler verkauft worden ist. Dieser möchte nun gern Waggons für die Lok nachbauen lassen.
Winfried Ott/Archiv

An einem sonnigen Tag im Juli 2017 rückten gleich zwei Tieflader mit Kran an, um die Nastätter Denkmallok von ihrem Podest an der Brückwiese zu heben. Ein ähnliches Spektakel mit Kranlastwagen ereignete sich Ende letzten Jahres, als der neue niederländische Eigentümer der Lok am Hafengelände in St. Goarshausen vier Mulden der einstigen Nassauischen Kleinbahn abholen ließ. Er hat sein Sanierungsvorhaben ausgeweitet – für die Nastätter Lok will er zwei der Doppelmuldenwaggons nachbauen lassen. Nun ist er auf der Suche nach Konstruktionsplänen.

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Fast vier Jahre ist es her, dass die Nastätter Denkmallok zur Restaurierung an einen niederländischen Sammler verkauft worden ist. Dieser möchte nun gern Waggons für die Lok nachbauen lassen.
Winfried Ott/Archiv

Der Niederländer Wim Pater und seine „Kleinbaan Service“ haben dem Hafenlogistiker Rhenus vier Mulden abgekauft, mit denen er die Waggons für die Nastätter Dampflok realisieren will.

Wie unsere Zeitung von dem versierten Kleinbahnfreund Martin Kilb erfahren hat, sind die Mulden glücklicherweise zwei 1917 und 1919 gebaute Paare, die perfekt in diesen Plan passen. Kilb unterstützt die Restaurierungsarbeiten der Nastätter Lok. Wie er berichtet, sind die Mulden inzwischen in Wetzlar sandstrahlgeblasen worden und nun beim Standort der Lok in der niederländischen Provinz Groningen angekommen.

Um die kompletten Waggons möglichst originalgetreu rekonstruieren zu können, suche der neue Eigentümer dringend Konstruktionspläne von „Waggonbau Görlitz“. Andernfalls werden gute Fotos eben ausreichen müssen. Der niederländische Sammler wäre sehr glücklich, irgendwelche Überreste ehemaliger Kleinbahnwaggons erwerben zu können. Er möchte die Lok aus Nastätten, die den Namen „Stadt Nastätten“ bekommen hat, sehr gerne um Teile des einst umfangreichen Wagenparks bereichern.

Die Nassauische Lok wurde einst für den Kalksteintransport in der Region genutzt

Die Nassauische Kleinbahn hatte für den Kalksteintransport aus den Gruben zwischen Katzenelnbogen und dem Aartal gegen Ende des Ersten Weltkriegs bei Waggonbau Görlitz über dreißig Doppelmuldenwagen mit und ohne Bremserhaus erworben. Jedes Fahrzeug trug zwei Mulden, die der Kran im Hafen St. Goarshausen anheben, über das Frachtschiff schwenken und nach Greifer-Art entleeren konnte.

Vor dem Bau des Krans und nach der Stilllegung der Kleinbahnstrecke Nastätten – St. Goarshausen um 1957 wurden Kalksteine ausschließlich mit eisernen Erzwaggons mit Sattelboden und Seitenklappen nach Zollhaus befördert . Diese „Selbstentlader“ schob eine Lok zum Entladen auf das Sturzgerüst über Staatsbahnwaggons. Hier leistete die spätere „Denkmallok“ Nr. 16 II übrigens gute Dienste.

Da die Nastätter Lok neben vielen anderen Reparaturen auch einen neuen Kessel braucht und in Europa nur noch sehr wenige Fachbetriebe zur Verfügung stehen, ist mit einer längeren Wartezeit zu rechnen, ehe sie auf meterspurigen Kleinbahnstrecken, etwa im Brohltal, im Harz oder bei der Selfkantbahn, gemächlich mit ihren 200 PS durch die Landschaft schnaufen kann. Und da wäre ein Museumszug mit Waggons der Nassauischen Kleinbahn natürlich ein besonderes Highlight für die zahlreichen Eisenbahnfans.

Die Denkmallok hat bereits über 100 Jahre auf dem Buckel

Die einstige Nastätter Denkmallok ist eine 1900 gebaute dreiachsige Tender-Lok der Kasseler Henschel-Werke. Die Nassauische Kleinbahn hatte sie 1957 von der Kleinbahn Selters-Hachenburg erworben, vordringlich um beim Abriss der Bahnstrecke nach St. Goarshausen zu helfen. Dann leistete sie für kurze Zeit als „Lok 16“ II treue Dienste beim Kalksteintransport auf der zunächst verbliebenen Teilstrecke zwischen Mudershausen und Zollhaus, um schließlich 1962 an einen Schrotthandel in Limburg verkauft zu werden.

Die ursprünglich von der Kleinbahn Selters-Hachenburg gekommene Lok hatte für die Nassauische Kleinbahn einen hohen Erinnerungswert, weil sie baugleich ist mit den 1899 gebauten ersten acht Henschelloks der Nassauischen Kleinbahn AG, die über mehrere Jahrzehnte lang das Bild des “Bimmelbähnchens“ im nordwestlichen Taunus prägten.

So freuten sich die zahlreichen Kleinbahnfreunde, als es der Stadt Nastätten gelang, 1987 die von einem Limburger Arzt vor dem Schrottplatz bewahrte und in den Werkstätten der Selfkant-Kleinbahn bei Aachen restaurierte Dampflok für „kleines Geld“ zu erwerben.

Als Erinnerung an die Kleinbahn erhielt sie einen Ehrenplatz an der Brückwiese, jedoch leider nie das angedachte Schutzdach. So nagte der Zahn der Zeit unerbittlich an dem betagten Dampfross. Fachleute beklagten den deutlichen Verfall, obwohl sich zweimal Freiwillige zusammengefunden hatten, um besonders stark befallene Teile zu ersetzen.

Die Lok soll einen prominenteren Platz in Nastätten erhalten

Im Jahre 2017 ergab sich eine überraschende Wende, als der Heimatpflegeverein über einen befreundeten Kleinbahnfan erfuhr, dass ein niederländischer Sammler Interesse am Erwerb und der Wiederinstandsetzung der Lok habe. Als dieser schließlich rund 150.000 Euro mit der vertraglichen Verpflichtung bot, die restaurierte Maschine später unter dem Namen „Stadt Nastätten“ auf deutschen Kleinbahnstrecken mit Ein-Meter-Spur einzusetzen, stimmte der Stadtrat einem Verkauf zu.

In Nastätten freilich sind das kurze Gleisstück und die Hinweisschilder, die noch an der Brückwiese zu finden sind, nur ein schwacher Ersatz für die historische Dampflok. Stadtbürgermeister Marco Ludwig weist darauf hin, dass es angesichts der Coronapandemie zurzeit dringendere Probleme gebe, das Thema aber auf seiner Agenda stehe. Es müsse in den zuständigen Ausschüssen diskutiert werden, die pandemiebedingt aktuell ausfielen.

Für den Großbereich Römerplatz – Brückwiese stehe zudem eine Gesamtplanung im Rahmen des Stadtumbaus an. Persönlich halte er es angesichts der Bedeutung, die die Kleinbahn für Nastättens Entwicklung hatte, durchaus für sinnvoll – möglichst im Bereich des glücklicherweise erhalten gebliebenen Bahnhofs – des ehemaligen Bahnbetriebs in geeigneter Weise zu gedenken.

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