Seit 1958 ist die Eisdiele am alten Rathaus Treffpunkt
Nach rund 60 Jahren: Eismacherfamilie Panciera sagt „Arrivederci Lahnstein“
Ein letztes Eis auf die Hand für Renzo Panciera (Mitte), der seine Eisdiele an Robert, Theresa und Gina Ballabani (von rechts) weitergegeben hat.
Karin Kring

Die Koffer sind gepackt, es geht zurück in die Heimat. „Das wird sicher ein komischer Tag am Freitag“, sagt Renzo mit ein wenig Wehmut, denn auch Lahnstein ist so etwas wie Heimat für ihn, er ist hier geboren, hat jeden Sommer hier gelebt. 1958 eröffneten seine Eltern Michele und Maria Panciera die erste Eisdiele in Lahnstein, Sohn Renzo übernahm 1997. Jetzt geht die Ära zu Ende.

Ein letztes Eis auf die Hand für Renzo Panciera (Mitte), der seine Eisdiele an Robert, Theresa und Gina Ballabani (von rechts) weitergegeben hat.
Karin Kring

Die Familie Panciera stammt aus einem kleinen Dorf im Zoldotal in den italienischen Dolomiten. Die Kunst der Speiseeisherstellung hat dort Tradition. „Im Sommer verkauften die Menschen dort Eis, im Winter Maronen“, berichtet Renzo vom Leben dort, das sicher nicht immer leicht war, denn sein Vater arbeitete auch teilweise in Belgien in einer Kohlemine.

In den 1960er-Jahren bot sich die Möglichkeit, nach Deutschland zu gehen und dort, das zu machen, was die Zoldoner am besten können: Eis. Viele Familien aus dem Tal der Eismacher gingen nach Deutschland, auch viele aus der hiesigen Region, die Renzo noch aus Kindertagen kennt.

„Mein Vater wollte am Anfang nicht fortgehen“, sagt Renzo während er in alten Schwarz-Weiß-Fotos und Erinnerungen stöbert. Aber die Eisdiele, die er zuerst in der Rheinstraße und wenig später in der Hochstraße mit Blick auf die Burgstraße eröffnete, wurde schnell der Lebensmittelpunkt für ihn und seine Frau. Zumindest im Sommer.

Seit 1958 gibt es die Eisdiele in Lahnstein, die von Renzos Eltern Michele und Maria Panciera eröffnet wurde.
privat

Den Winter verbrachte die Familie in der Heimat. „Unsere Eisdiele war damals ein Treffpunkt für die Lahnsteiner, bei uns gab es die erste Jukebox, wenn man sich verabredete, traf man sich in der Eisdiele. „Die 70er- und 80er-Jahre waren die schönste Zeit“, sagt Renzo, der hier aufgewachsen ist, als Schüler aber auch in Italien ein Internat besuchte und irgendwann das Reisen für sich entdeckte. Eine Weile lebte er in Südamerika. „Bis mein Vater sagte, ,entweder du kommst zurück, oder ich verkaufe alles!'.“ Das war 1997. Renzo übernahm die Eisdiele, arbeitete von März bis Oktober hart und konnte im Winter weiterhin die Welt bereisen.

Ein Nachfolger ist bereits gefunden

Das will er auch in Zukunft tun. „Das Leben noch ein bisschen genießen“, sagt Renzo, der jetzt 61 Jahre alt ist und im vorigen Jahr bereits einen Nachfolger für die Eisdiele gefunden hat. Die Familie Ballabani – Robert, Theresa und Tochter Gina – übernimmt.

Seit der Saisoneröffnung 2021 hilft Renzo ihnen beim Start. „Es bleibt alles, wie es ist. Meine Eis-Rezepte, der Name Panciera über der Tür“, sagt er, nur die Familie ist eine andere und wird sich hoffentlich ebenso wohl und heimisch fühlen in Lahnstein wie die Pancieras. Denn das war Renzos Zuhause. „Ich habe hier gelebt, habe hier viele Freunde und das wird auch so bleiben“, sagt Renzo und begrüßt gerade wieder Bekannte, die vorbeigehen und ein Eis auf die Hand mitnehmen. Denn anders geht es zurzeit nicht. Corona.

Schon mit vier Jahren war Renzo deren bester Kunde. 1997 ist Renzo in die Fußstapfen seines Vaters getreten.
privat

Renzo Panciera ist es wichtig, noch einmal allen Lahnsteinern Danke zu sagen für eine lange und wunderbare Zeit, für all die Jahre, die sie den Pancieras treu waren und deren Rückkehr für die Sommersaison schon ungeduldig erwartet haben. Denn wenn die Eisdiele öffnet, beginnt der Sommer. „Diese 62 Jahre in Lahnstein haben uns viel gegeben“, versichert Renzo und spricht damit auch für seine Eltern, die leider beide bereits verstorben, aber vielen Lahnsteinern in Erinnerung sind.

Am Karfreitag bricht Renzo also auf in sein Dorf im Zoldotal, von wo er künftig auf Reisen gehen will. Denn das ist immer noch seine Leidenschaft – wenn das wieder möglich ist. Eine der ersten Reisen wird ihn schon im Juni wieder nach Lahnstein führen. „Freunde besuchen!“ Aber erst mal sagt er zum Abschied: „Arrivederci!“.

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