Das Schutzschirmverfahren ist Teil des Insolvenzrechts: Es verbindet die vorläufige Eigenverwaltung mit dem Ziel der frühzeitigen Vorlage eines Insolvenzplans, um hierdurch eine Sanierung von Unternehmen zu erleichtern. In einer Pressemitteilung drückte der EVV seine Hoffnung aus, gestärkt aus dem Verfahren hervorzugehen und Klinik sowie Arbeitsplätze (330) am Standort halten zu können.
Nicht nur wegen der Psychiatrie hat das Lahnsteiner Krankenhaus, seit 1965 im Ort, enorme Bedeutung für den Kreis – entsprechend besorgt äußern sich viele Bürger auch in den Sozialen Medien. „Was ist nur los in Deutschland?“, fragt einer und spielt auf die großen Probleme im Gesundheitswesen an. Ein anderer wünscht sich die Paracelsusklinik in Bad Ems zurück, die vor einigen Monaten geschlossen wurde. Wieder ein anderer spricht von einer „Hiobsbotschaft für den Gesundheitsstandort Rhein-Lahn“, vor allem die Politik in Berlin bekommt ihr Fett ab („Unglaublich, wie unser Gesundheitswesen ruiniert wird.“).
Politik unterstreicht große Bedeutung für den Kreis
Und die Kommunalpolitik? Auch hier kommt Kritik an Land und Bund. „Das Haus in Lahnstein hat nicht nur eine große Tradition, sondern muss auch als feste Säule der medizinischen Versorgung in der Region eine lange Zukunft haben“, zeigt sich Jens Güllering, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, überzeugt. „Die nun angemeldete Insolvenz in Eigenverwaltung führt zunächst bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Patienten zu größter Verunsicherung. Und das ist absolut nicht gut.“
Es bleibe zu hoffen, so Güllering weiter, „dass der eingeschlagene Weg und das Vertrauen in das Schutzschirmverfahren dazu führen, dass auch künftig eine breite medizinische Versorgung in Lahnstein möglich sein wird“. In allererster Linie seien nun Bund, Land und Kassen gefordert, „alles dafür zu tun, das Krankenhaus in Lahnstein zu erhalten“, so Güllering. Wenn auch die kommunale Ebene zur Problemlösung beitragen könne, stehe die CDU „jederzeit für Gespräche zur Verfügung“.
Der Kreisvorsitzende der CDU Rhein-Lahn, Landtagsvizepräsident Matthias Lammert, spannt den Bogen Richtung Mainz und Berlin, „Es braucht eine grundsätzliche Reform der Krankenhausfinanzierung durch den Bund.“ Auch die Landesregierung stehe in der Pflicht, ihre Arbeit zu machen.
Kliniken im ganzen Land sind in den vergangenen Monaten in finanzielle Schieflagen geraten. Nach der Insolvenzmeldung von fünf DRK-Klinikstandorten in Rheinland-Pfalz machen sich viele Menschen Sorgen um die Gesundheitsversorgung in ihrer Region.Interaktive Karte: Diese Krankenhäuser stehen Rheinland-Pfälzern zur Verfügung
Die SPD im Kreis um den Vorsitzenden Manuel Liguori hat eine Resolution verfasst. „Im Kern wollen wir, dass die Gesundheitsversorgung nicht weiter rein gewinnmaximierend betrachtet wird, sondern von der Versorgung der Menschen her gedacht wird“, heißt es darin. Die Kliniken im Kreis müssten „ohne Wenn und Aber erhalten bleiben“, es brauche „Einschränkungen bei der gewinnmaximierenden Gesundheitswirtschaft“. Ein grundlegendes Umdenken sei nötig, „damit perspektivisch alle Menschen gut versorgt werden können“.
Michael Eberhardt, Pressesprecher der AfD-Kreistagsfraktion, spricht von „einem neuen Tiefpunkt für die Gesundheitsversorgung im Rhein-Lahn-Kreis“. Die Nachricht stelle eine „besorgniserregende Entwicklung“ für die Gesundheitsversorgung in der Region dar. „Nach der kürzlichen Schließung des Krankenhauses in Bad Ems sind die Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Beschäftigten besonders bedeutsam. Da sind die drei Monate Überbrückungsgeld durch das Arbeitsamt keine wirkliche Erleichterung.“