Niemand Geringeres als Wirtschaftsminister a.D. Robert Habeck hatte Strafanzeige wegen einer Beleidigung gestellt, die jetzt vor dem Diezer Amtsgericht verhandelt wurde. Ein 57-jähriger Mann hatte im August 2023 auf seinem X-Account (ehemals Twitter) den damaligen Wirtschaftsminister als „Arschloch“ sowie als „Abschaum“ und „Dreck“, der „beseitigt“ werden müsse, bezeichnet. Die Anklage wegen Beleidigung erfolgte durch Robert Habeck selbst.
Der Angeklagte trat während des Prozesses im Diezer Amtsgericht die Flucht nach vorne an. Behauptete er zunächst in einer ersten Reaktion während der Anklageverlesung, „Im Leben habe ich das nicht geschrieben“, empörte er sich kurze Zeit später: „Was zieht man sich denn an dem Wort ,Arschloch’ hoch? Das ist Umgangssprache!“ Weiterhin behauptete er, eine „Anzeigenindustrie“ verdiene Geld damit, Gerichte „wegen so etwas“ zu beschäftigen und Geld in die Taschen der Kläger zu spülen. Vielmehr habe er „das Recht“, Habeck öffentlich „herauszufordern“. Tatsächlich habe er gehofft, als Reaktion auf seine Beleidigungen Post von Robert Habecks Anwälten zu erhalten, um mit ihnen in einen politischen Diskurs treten zu können.
„Was zieht man sich denn an dem Wort ,Arschloch’ hoch? Das ist Umgangssprache!“
Der Angeklagte vor Gericht.
Seine teils wirren Äußerungen garnierte der Angeklagte mit weiteren Falschbehauptungen dergestalt, der ehemalige Bundeskanzler Olaf Scholz habe Wähler anderer Parteien als „Dreck“ bezeichnet und sei dafür strafrechtlich nicht belangt worden.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hielt in ihrem Plädoyer fest: „Wenn mich jemand so anschriebe, würde ich auch nicht reagieren“ und beantragte eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 30 Euro. Das Recht des letzten Wortes nutzte der Angeklagte zum Wiederkäuen weiterer Verschwörungsmythen dahingehend, dass Menschen in Deutschland wohl nicht gleich seien, da Politiker andere Menschen sehr wohl beleidigen dürften.
Das Gericht urteilte wie von der Staatsanwaltschaft beantragt und wies darauf hin, dass Beleidigung ein Antragsdelikt ist, es also nur verfolgt wird, wenn es vom Geschädigten zur Anzeige gebracht wird – im Gegensatz zum Offizialdelikt, das von Amts wegen verfolgt wird. „Wenn jemand einen anderen ,Arschloch’ nennt und der Beleidigte es nicht zur Anzeige bringt, ist das dessen Entscheidung. „Herr Dr. Habeck hat es aber zur Anzeige gebracht“, schloss der Vorsitzende in seiner Urteilsbegründung.
Der Delinquent war sich auch nach seiner Verurteilung keiner Schuld bewusst. Stattdessen passte er vor dem Amtsgerichtsgebäude den anwesenden Zeitungsredakteur ab und forderte ihn auf, „endlich mal über die Anzeigenindustrie“ zu berichten, die in Deutschland dafür verantwortlich sei, dass Menschen wie er verurteilt würden. Dabei war er noch äußerst glimpflich davongekommen. Vor einigen Monaten hatte sich ein ehemaliger Polizist aus Balduinstein vor dem Diezer Amtsgericht für ähnliche Äußerungen zusätzlich wegen Volksverhetzung verantworten müssen.