„Mir geht es nicht gut“, stellt Oliver Kaiser dann auch gleich zu Beginn des Gesprächs fest. 27 Jahre lang war er bei der Berndrother Feuerwehr – 14 Jahre davon als Wehrführer. Er ist im Ort aufgewachsen und hat bis 2020 dort auch gelebt. „Mein Sohn und meine 90 Jahre alte Mutter wohnen immer noch da.“ Enge Verbindungen nach Berndroth gibt es also nach wie vor – allerdings nicht mehr zu den ehemaligen Feuerwehrkameraden. Und das hat seine Gründe.
Los ging es mit einem auf den 22. Mai datierten Brief: „Lieber Oliver, offensichtlich bist Du beruflich sehr stark eingebunden, sodass Du für die Aufgaben der Feuerwehr Berndroth wenig Zeit findest“, heißt es im ersten Satz. Er sei als Monteur viel unterwegs und habe auch oft Rufbereitschaft, räumt Oliver Kaiser ein. „Das war aber schon immer so“ und sei in der Vergangenheit kein Problem gewesen. In dem Brief wurde ihm vorgehalten, dass er Termine vergesse, Dienstpläne nicht schreibe und auch keine Dokumentation führe. Vorwürfe, die er entschieden zurückweist.
Unbekannter Absender
Ganz überraschend kam die Sache für ihn aber wohl nicht: „Man entwickelt ein Gespür für seine Leute.“ Auf seine Nachfragen hin bekannte sich aber keiner zu dem Schreiben. „Wäre es offiziell gewesen, hätte es einen Briefkopf der Feuerwehr und Unterschriften gegeben“, wurde ihm gesagt. Beides aber fehlte. Bis heute weiß Oliver Kaiser daher nicht, wer den Brief verfasst hat.
Knapp einen Monat später, am 18. Juni, fand er eine Benachrichtigung der Polizei Diez auf seinem Handy: „Bitte rufen Sie uns zurück.“ In Berndroth gab es eine Gefahrenlage, informierte ihn der Beamte am Telefon. Offenbar war ein Drohschreiben gefunden worden. Darin hieß es, wenn er nicht sofort aus der Feuerwehr austrete, würden im Dorf zwei Gastanks „hochgehen“.
„Zur Sicherheit wurden die umliegenden Häuser geräumt.“
Nach dem Fund einer Bombenattrappe im Juli in Berndroth entschlossen sich die Einsatzkräfte laut Polizei für eine Evakuierung der Nachbarschaft.
Zum Zeitpunkt des Telefonats war der Polizeieinsatz aber schon vorbei, da bei einer Kontrolle nichts Auffälliges gefunden wurde. Brisant war der Vorfall auch, weil er in der Nachbarschaft von Oliver Kaisers Mutter stattfand. Diese hatte zwar mitbekommen, dass irgendetwas los war, sich aber nichts Weiteres dabei gedacht. „Drei Wochen lang war es danach dann still“, fährt Oliver Kaiser fort. Das änderte sich jedoch grundlegend am 9. Juli.
„Ich war in Wiesbaden unterwegs“, erinnert sich Kaiser. Er hatte das Handy im Auto gelassen und war kurz bei der Bank, um Geld zu holen. Als er wieder im Fahrzeug saß, sah er, dass seine Mutter angerufen hatte. „Wo bist Du?“, fragte sie. „Bei uns geht die Sirene.“ Auf dem dann hastig angetretenen Heimweg klingelte das Handy ein zweites Mal: „Wir werden evakuiert“, hieß es. „Am gestrigen Sonntag wurde unter einem Gastank, der auf einem Anwesen in Berndroth aufgestellt ist, eine Bombenattrappe aufgefunden“, berichtete die Polizeidirektion (PD) Montabaur am Tag danach. Die Attrappe bestand demnach aus einem mit Klebeband umwickelten Päckchen mit einem außen angebrachten Handy. „Zur Sicherheit wurden die umliegenden Häuser geräumt.“
Belastendes Ereignis
Eine genauere Überprüfung ergab, dass es sich dabei um keinen funktionsfähigen Sprengsatz handelte. „Somit hat zu keinem Zeitpunkt eine tatsächliche Gefahrenlage bestanden“, so die damalige Pressemitteilung. Für Kaisers Mutter war das Erlebte dennoch belastend: „Sie hat den Zweiten Weltkrieg überlebt, und nun passiert so etwas.“ Zwei Wochen später, am 21. Juli, kam es zu einer von der Wehrleitung der Verbandsgemeinde (VG) Aar-Einrich moderierten Aktivenversammlung der Berndrother Wehr. „Wir haben den Teilnehmern verschiedene Lösungswege aufgezeigt, um die internen Differenzen zu beheben“, bestätigt VG-Wehrleiter Johannes Mack die Veranstaltung. Mit der „Hausaufgabe“, sich bis zu einem bestimmten Termin mit den Vorschlägen auseinanderzusetzen, gingen die Feuerwehrleute auseinander.
Zu einer gemeinsamen Lösung kam es dann aber nicht mehr. Denn Tags drauf wurde offenbar ein Berndrother Feuerwehrmann nach eigenen Angaben von einem unbekannten Täter angegriffen und verletzt. Rund zwei Tage später erklärte Oliver Kaiser seinen Rücktritt als Wehrführer der Feuerwehr Berndroth und wurde noch vor der Sommerpause entpflichtet. Am 10. Oktober wählte die Einheit dann einen neuen Wehrführer und einen neuen Stellvertreter.
Die Wahlen und auch den Brand des Dorfgemeinschaftshauses am 19. Oktober hat Oliver Kaiser nur aus der Ferne mitbekommen: „Ich war im Urlaub.“ Der Brand tue ihm in der Seele weh: „Man hat ja im Laufe der Jahre so viele Stunden in dem Dorfgemeinschaftshaus verbracht.“
Zum Brand des Dorfgemeinschaftshauses in Berndroth am 19. Oktober sucht die Polizei noch Zeugen, die zwischen 15 und 17.30 Uhr Verdächtiges gesehen haben. Hinweise nimmt die Kriminalinspektion Montabaur unter 02602/9226 -211 oder -213 oder -217 entgegen.