Freiheitsstrafe auf Bewährung für 48-jährigen Mann
Nach Berndrother Bombenalarm: Freiheitsstrafe auf Bewährung für 
48-jährigen Mann
Prozess um Im Implantate aus Billigsilikon
10 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung erhielt ein 48 Jahre alter Angeklagter für das Vortäuschen und Androhen von Straftaten im Sommer in Berndroth.
Uli Deck. picture alliance / dpa

Im Sommer sorgten ein Drohschreiben, eine Bombenattrappe und ein vermeintlicher körperlicher Angriff auf einen 48-jährigen Mann für Aufregung in Berndroth. Nun musste sich dieser vor dem Diezer Amtsgericht wegen des Vortäuschens und der Androhung von Straftaten, der Störung des öffentlichen Friedens und des Missbrauchs von Notrufen verantworten.

Prozess um Im Implantate aus Billigsilikon
10 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung erhielt ein 48 Jahre alter Angeklagter für das Vortäuschen und Androhen von Straftaten im Sommer in Berndroth.
Uli Deck. picture alliance / dpa

Was also war in Berndroth passiert? Los ging es am 18. Juni, da hatten die Kinder des Angeklagten offenbar am Feuerwehrgerätehaus einen mit Rechtschreibfehlern gespickten Drohbrief gefunden. Darin hieß es, wenn der damalige Berndrother Wehrführer, Oliver Kaiser, nicht sofort aus der Feuerwehr austrete, würden im Dorf zwei Gastanks „hochgehen“. Die alarmierte Polizei entdeckte aber nichts Verdächtiges.

Das änderte sich jedoch am 9. Juli, als der Angeklagte meldete, einen vermummten Fremden dabei überrascht zu haben, als dieser gerade einen Sprengsatz an einem der bereits erwähnten Gastanks platzieren wollte. In dem anschließenden Gerangel habe der rund 1,80 Meter große schlanke Unbekannte das Oberteil des 48-Jährigen zerrissen und sei unerkannt geflohen.

Im Zuge des sich anschließenden Polizeieinsatzes wurden rund 70 Leute aus der Nachbarschaft evakuiert. Die alarmierten Experten stellten aber fest, dass es sich bei dem vermeidlichen Sprengsatz um eine nicht zündfähige Attrappe handelte. Diese bestand aus einem Bündel Gaskartuschen, wie sie zum Beispiel beim Camping zum Einsatz kommen. Daran befestigt war noch ein Blackberry-Handy.

Strangulierungsversuch im Hühnerstall

Am 22. Juli kam es schließlich zum dritten und letzten Vorfall, mit dem sich das Amtsgericht in der Verhandlung beschäftigte. An dem Tag hatte der Angeklagte die Polizei alarmiert, und mitgeteilt, dass er im Hühnerstall angegriffen und mit einem Strick gewürgt worden sei, sodass er das Bewusstsein verloren hätte. Der Täter war offenbar erneut ein 1,80 Meter langer sportlicher Mann, der diesmal Feuerwehrhandschuhe trug.

„Ich habe nichts gemacht. Und das ist nicht das Einzige, was uns passiert ist.“

Der Angeklagte beteuerte stets seine Unschuld.

Nach drei Vorfällen innerhalb weniger Wochen zog Wehrführer Oliver Kaiser die Konsequenzen und erklärte seinen Rücktritt. Nicht zuletzt, weil auch seine 90 Jahre alte Mutter damals wegen der Bombenattrappe evakuiert werden musste. Mit dem Rücktritt sollte Berndroth aber nicht zu Ruhe kommen, denn im Oktober brannte das Dorfgemeinschaftshaus. Die Kriminalpolizei geht inzwischen von Brandstiftung aus, die Ermittlungen dauern aber noch an.

Die Verhandlung am Amtsgericht begann wiederum mit einer Erklärung von Richter Böhm, dass der Angeklagte zum Termin allein erschienen sei, weil sein Verteidiger das Mandat niedergelegt habe. „Sie wüssten warum“, sagte Böhm an den 48-Jährigen gewandt, der die Nachricht ruhig aufnahm. Ohne größere Reaktionen hörte er auch dem halben Dutzend Zeugen zu, die im Laufe der auf zwei Stunden angesetzten Verhandlung aussagten. Da viele von ihnen sich nach der Aussage noch in den Zuschauerbereich setzten, waren dort bald alle Sitze belegt. Denn es waren an dem Morgen auch viele betroffene Anwohner als Zuschauer nach Diez zur Verhandlung gekommen.

Gelöschter Drohbrief auf Festplatte gefunden

Im Laufe der Zeugenauftritte häuften sich die für den Angeklagten belastenden Aussagen: So stellte sich heraus, dass eine gelöschte Fassung des Drohschreibens vom 18. Juni auf der Festplatte des beschlagnahmten Computers des Mannes gefunden wurde. „Der PC stand in der Garage, und das Tor war offen“, argumentierte der Angeklagte. Nicht erklären konnte er hingegen, wie es möglich war, dass im Speicher des mit der Bombenattrappe sichergestellten Blackberry-Handys ein Foto seiner Lebensgefährtin in der eigenen Wohnung entdeckt wurde.

Von Richter Böhm mit Internetsuchverläufen konfrontiert, wonach er recherchiert hatte, wie Gaskartuschen sicher gelagert werden und ab welcher Temperatur Propangas sich entzündet, verwies der 48-Jährige auf seine gerade abgeschlossene Feuerwehrausbildung. „Ich interessiere mich auch privat für Feuerwehrsachen, und das war auch Thema im Lehrgang.“ Eine Aussage, die im Zeugenstand von zwei Feuerwehrmännern bestätigt wurde.

Nicht der einzige Vorfall

Ungeklärt blieb dagegen, warum nach den Rangeleien keine Kampfspuren gefunden wurden. Die Nachbarn haben ebenfalls nichts gehört und gesehen. Außerdem hatte der 48-Jährige keine Verletzungen, wie sie normalerweise bei einem Strangulationsversuch auftreten. Und es haftete kein Stroh an seiner Kleidung, obwohl er bewusstlos im Hühnerstall lag. Dennoch blieb der Angeklagte bei seiner Aussage: „Ich habe nichts gemacht. Das habe ich schon 1000 Mal gesagt, und das ist nicht das Einzige, was uns passiert ist.“ Das sah das Gericht jedoch anders und verhängte eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung.

Top-News aus der Region