Als ihn im letzten Sommer ein telefonischer Hilferuf seiner Ehefrau erreichte, drehte ein 35-jähriger Mann aus der Verbandsgemeinde Diez regelrecht durch. Seine Frau hatte ihm unter Tränen berichtet, dass ein Nachbar vom Hund der Familie gebissen worden sei und nun damit drohe, den Hund einschläfern zu lassen. Im Hintergrund hörte der Ehemann auch das Schluchzen seines anderthalbjährigen Kindes. Wie von Sinnen verließ er um die Mittagszeit seine Arbeitsstelle, stieg ins Auto und raste ohne Rücksicht auf Verluste nach Hause, um seiner jungen Familie und dem Hund zu Hilfe zu eilen. Dabei hielt er sich weder an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts, noch nahm er Rücksicht auf die vor allem kleinen Besucher eines Sommerfestes im Café seiner Heimatgemeinde. Mit quietschenden Reifen driftete er in die dort gelegene Seitenstraße und kam schließlich mit rauchenden Pneus vor seinem Zuhause zum Stehen. Zu allem Überfluss beleidigte er in seiner Rage auch noch die bereits vor Ort anwesenden Polizeibeamten.
Gegen die fällige, sehr hohe Geldstrafe wegen Beleidigung und verbotenem Kraftfahrzeugrennen hatte der Angeklagte bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht Diez denn auch wenig einzuwenden. Er sah seine Schuld ein. Lediglich bei dem drohenden Entzug der Fahrerlaubnis bat er das Gericht um Milde. Er schilderte, wie der seit Oktober eingezogene Führerschein erhebliche Einschränkungen im Alltag gehabt habe. So musste ihn seine Frau trotz eigener Berufstätigkeit (Schichtarbeit) zur Arbeit fahren und abholen, und auch der Arbeitgeber drohte ihm mit Kündigung, wenn er seinen Außendiensttätigkeiten nicht bald wieder wie gewohnt nachgehen könne. Um der Arbeit näher zu sein, erfolgte sogar ein Umzug. Auch für das Driften und die quietschenden und rauchenden Reifen hatte der Angeklagte eine Erklärung parat: Die Bremsen seien abgefahren gewesen und seien eine Woche später komplett erneuert worden, was er mit entsprechenden Rechnungen belegen konnte.
Vielzahl von Nachschulungen und Aufbauseminaren
Letztlich beeindruckte die Staatsanwaltschaft und den vorsitzenden Richter die Vielzahl von Nachschulungen und Aufbauseminaren in Fahrschulen sowie von verkehrspsychologischen Maßnahmen, die der 35-Jährige während seiner Führerscheinpause auf eigene Kosten absolviert hatte. Angesichts dieses positiven Engagements und keiner weiteren Einträge im Fahreignungsregister ließ die Staatsanwältin den Vorwurf, „ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges“ zu sein, fallen und forderte statt des angedrohten Entzugs der Fahrerlaubnis nur ein Fahrverbot von sechs Monaten. Dieses Fahrverbot endet Anfang April. Glücklich darüber, den Führerschein in nur zwei Wochen wieder in den Händen zu halten, dankte der Angeklagte dem Gericht und versprach, sich künftig mit Bedacht im Straßenverkehr zu bewegen. Dem Hund der Familie wurde im Übrigen kein Haar gekrümmt.