Wenn Katja und Henning Schöps aus dem beschaulichen Cramberg eines nicht brauchen, dann ist es Pauschalurlaub. Statt All-Inclusive auf den Malediven wählten die frisch Vermählten für ihre Hochzeitsreise: zwei gebrauchte Hercules-Mofas (Baujahr 1984 und 1992), zwei dazugehörige Einachsanhänger – und eine Reiseroute, die jede moderne Navigations-App zum Schwitzen gebracht hätte.
Nach ihrer Hochzeit am 2. Juni starteten die beiden 50-Jährigen zwölf Tage später ihre „Tour de Liebe“ gen Norden nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel – und das Ziel ist weit.: Boltenhagen an der Ostsee, irgendwo bei Wismar, da wo das Land am plattesten und der Humor am trockensten ist. Klingt verrückt? Ist es auch. Aber genau das war der Plan – und zwar schon seit eineinhalb Jahren. So alt war die Idee, geboren aus der TV-Kultserie „Neues aus Büttenwarder“.
Wenn der Anhänger umkippt
Henning Schöps, seines Zeichens Planer, Navigator und Pannenhelfer in Personalunion, hatte ein Jahr lang akribisch an der Strecke gefeilt, Pensionen vorgebucht und selbst Testfahrten mit Holz-beladenen Anhängern durchgeführt. „Man will ja wissen, was auf einen zukommt“, sagte er trocken, bevor er mit Karte in der Brusttasche und dem Wind in den (leicht ergrauten) Haaren die Führung übernahm. Katja folgte ihm – bis auf den einen Moment, als ihr der Anhänger umkippte und Henning das Malheur erst zwei Kilometer später bemerkte. „Ich dachte, es ist so ruhig hinter mir“, scherzt er rückblickend.
Flitterwochen auf zwei Rädern – mit 25 km/h
Die Etappen der insgesamt 788 Kilometer langen Hinfahrt waren sportlich bemessen: rund 150 Kilometer pro Tag, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometer – ein Hauch von Rennradromantik, nur mit Zweitakt-Duft und knatternder Geräuschkulisse. Einmal wurden sie von einer Gruppe E-Bike-Fahrer überholt, was sie jedoch lachend „hinnahmen“. Übernachtet wurde in kleinen Pensionen und Hotels. Den höchsten Punkt ihrer Reise erreichten sie am Hoherodskopf im Mittelgebirge Vogelsberg mit 760 Metern. „Da musste man schon mal in den zweiten Gang runter“, lächelt Katja Schöps.
Schrauben, lachen, weiterfahren
Ganz ohne Pannen blieb die Reise nicht – zwei kaputte Radlager, ein platter Reifen und ein etwas störrischer Vergaser, der dank WhatsApp-Support von Andre Moog aus Flacht von Henning ausgebaut und wiederbelebt wurde. „Ich habe mein Schatz als wandelndes Werkstatt-Handbuch erlebt“, erzählt Katja stolz. Henning antwortete nach der Reparatur: „Liebes, der Auspuff klingt wieder romantisch.“ Nur einmal landete er im Straßengraben, was aber eher an der Karte als am Mofa lag, beteuert er.
Elf Tage, ein Regentag, viele Begegnungen
Vom 14. bis zum 25. Juni waren die beiden Hochzeiter unterwegs, bei meist sonnigem Wetter, begleitet von heftigem Gegenwind – „als würde die Ostsee uns nicht haben wollen“, witzelt Henning. Dennoch trafen sie auf viele neugierige, lachende und winkende Menschen – „wir waren mehr Fotomotiv als Verkehrsteilnehmer“, lacht Katja. Das Ortsschild von Boltenhagen wurde mit einem emotionalen „High Five“ begrüßt.
Nach 774 Kilometern Rückweg und einer Schlussetappe von 210 Kilometer (vom Edersee bis nach Hause) kamen sie wieder in Cramberg an – mit Mofas, die schnurrten, Anhängern voller Geschichten und Beinen sowie Hintern, die ein bisschen wie Gummi waren. Ob sie die Tour noch einmal machen würden? „Nein“, sagen beide einstimmig. „Das war ein einmaliges Erlebnis. Und genau deshalb so schön.“ Was bleibt, ist eine Geschichte für die Nachkommen – oder zumindest für den TÜV-Prüfer, der beim nächsten Besuch sicher einige Fragen haben wird.
Die Mofas? Beide überlebten. Die Ehe? Auch – und sie ist jetzt jedenfalls durch Benzingestank und gemeinsame Pannen unzertrennlich geschweißt.