Die Adolfstraße in Oberlahnstein wieder drehen und die „Ringlösung“ aufgeben: Dies sind die beiden Kernforderungen der Bürgerinitiative (BI) „Zurück zur ursprünglichen Verkehrsführung“, die sich Anfang des Jahres gebildet hat. Michael Cramer von Clausbruch und Jürgen Jung, die Sprecher der Initiative, haben mittlerweile nach eigenen Angaben mehr als 2200 Unterschriften gesammelt und fordern von der Stadtverwaltung, die Verkehrsführung, wie sie vor der Brückensperrung galt, wiederherzustellen. Die BI bemängelt erneut die Vorgehensweise des Oberbürgermeisters und den Umstand, dass dieser das Thema nicht mit den Bürgern diskutiere. Um die Belastung der Anwohner, insbesondere in Sebastianusstraße und Ostallee, zu dokumentieren, hat die BI eine Verkehrszählung gemacht.
„Wir verspüren riesigen Rückhalt aus der Bürgerschaft.“
BI-Sprecher
Die BI hat seit ihrer Gründung an Fahrt aufgenommen. „Wir verspüren riesigen Rückhalt aus der Bürgerschaft“, sagen die Initiatoren. „Es haben sich sehr viele Leute gemeldet, die unter der Verkehrsführung leiden.“ Dabei handele es sich nicht nur um Anlieger der stark betroffenen Ost-, Nordallee und Sebastianusstraße, sondern auch um Menschen aus dem gesamten Stadtgebiet – und aus Nachbarorten. „Viele Bürger sind der BI beigetreten, unterstützen sie aktiv und tragen mit ihren Ideen zur Zielsetzung bei“, betonen die Sprecher.

Die Kritik von OB Lennart Siefert, vielen gehe es um Einzelinteressen, nennt man „unzutreffend“. Und betont den Willen zu einer konstruktiven Diskussion. Laut BI bestehen vor allem folgende Probleme:
1.
ÖPNV: Der Busverkehr wird auf dafür nicht ausgebaute Nebenstraßen durch reine Wohngebiete verlagert, betont man. „Er führt nicht mehr wie früher in beiden Richtungen zentral durch die Innenstadt. Insbesondere für ältere und gehbehinderte Personen ist es eine erhebliche zusätzliche Belastung.“
2.
Einzelhandel: Etliche Gewerbetreibende in der Burg- und Hochstraße befürchteten Umsatzeinbußen und sprechen sich, so die BI, gegen einen verkehrsberuhigten Raum in der Innenstadt aus. „Nicht nur ältere, auswärtige und Lahnsteiner Kunden bemängeln die ungünstige Erreichbarkeit der Geschäfte und die fehlenden nahen Parkmöglichkeiten.“
3. Umwege: Die überwiegende Zahl der Einwohner werde gezwungen, längere Umwege in Kauf zu nehmen, glaubt die BI. „Das belastet in erheblichem Umfang die Umwelt mit Verkehrslärm, Feinstaub und Abgasen.“
4. Sicherheit: „Fußgänger sind selbst beim Überqueren von Fußgängerüberwegen aufgrund der gefahrenen hohen Geschwindigkeiten und nicht korrekter beziehungsweise verwirrender Beschilderung nicht mehr nur im Einzelfall gefährdet“, betonen die Sprecher.
5. Rheinquartier: Nachdem Westallee und Südallee zu Anliegerstraßen ausgeschildert wurden, ist das Rheinquartier nur über einen langen Umweg über die B42 erreichbar. „Auch hier stellt die mangelnde Anbindung des ÖPNV eine nicht hinnehmbare Belastung dar“, befindet die BI.
6. Weitere Belastungen entstehen laut Bürgerinitiative, wenn der Schwerlastverkehr verstärkt durch Burgstraße und Ostallee geführt werde.
7. Rettungswege: Nach der neuen Verkehrsführung gebe es für die Feuerwehr nur noch eine Ausrückverbindung in Süd/Nord-Richtung, betont die BI. „Besonders gefährdete Objekte, wie das Altenheim St. Martin, die Stadthalle sowie die Goetheschule sind nicht mehr in Einsatzgrundzeiten wie früher zu erreichen.“ Im Einsatzfall sei mit „erheblichen Verzögerungen“ zu rechnen.
Messung hat hohe Belastung ergeben
Die BI hat eine Verkehrszählung durchgeführt, von den Ergebnissen fühlt man sich bestärkt. Ende Januar wurde in der Sebastianusstraße eine KI-gestützte Verkehrskamera der Firma „Telraam“ installiert. Diese sei zwar nicht geeicht, werde aber von zahlreichen europäischen Kommunen genutzt. Die BI spricht europaweit von 3000 Geräten im Einsatz. Die Ergebnisse erster Messungen haben dann aber sogar die Initiatoren überrascht: Werktags passierten demnach täglich durchschnittlich rund 3000 Fahrzeuge die Messstelle in der Sebastianusstraße. Das Gerät kann laut BI-Sprecher zwischen Fußgänger, Radfahrer, Pkw und Lkw unterscheiden. Herbert Fuss, ADAC-Verkehrsexperte und SPD-Ratsmitglied, habe gegenüber der BI geäußert, dass vor der Änderung der Verkehrsführung täglich rund 650 Fahrzeuge in einer Fahrtrichtung gemessen worden seien.
„Dieser Zustand ist für die Anwohner nicht hinnehmbar.“
BI-Sprecher
An der Zuverlässigkeit des Gerätes und der Zahlen zeigt man keine Zweifel. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt Herbert Fuss dazu: „Die Ergebnisse der Messungen überraschen auch mich, als belastbar würde ich die Zahlen aber nicht einstufen, da dazu weitere Vergleichsmessungen nötig sind.“ Dennoch stehe zweifelsfrei fest, so Fuss, „dass in der Sebastianusstraße Handlungsbedarf besteht“.
Seit Mitte Februar führt die BI auch in der Ostallee Messungen durch. „Diese haben als vorläufiges Ergebnis eine tägliche Verkehrsdichte an Werktagen von mehr als 7000 Fahrzeugen ergeben“, erklären Michael Cramer von Clausbruch und Jürgen Jung. „Dieser Zustand ist für die Anwohner nicht hinnehmbar.“ Die ersten Daten lassen für sie bereits eine Schlussfolgerung zu: „Die tägliche Verkehrsbelastung hat deutlich zugenommen, weil der Durchgangsverkehr einseitig auf eine Achse verlagert wurde.“ Daher müsse die Adolfstraße „zwangsläufig“ gedreht werden. Die Wilhelmstraße solle außerdem mit der derzeitigen Einbahnregelung Nord-Süd als weitere Achse dienen, die Mittelstraße könne so als Fahrradstraße als Alternative zur Wilhelmstraße genutzt werden, schlagen sie vor.
Man wünscht sich einen Runden Tisch
Man wehre sich auch nicht gegen Ideen, die eine Verkehrsberuhigung in der City mit sich bringen, betonen die Sprecher, sofern ein Einfahren von Anliegerfahrzeugen möglich und genügend Parkmöglichkeiten vorhanden seien. „Uns ist aber wichtig, dass die Straßen in den Wohngebieten entlastet werden.“ Die Verkehrsberuhigung in der Hochstraße sehe man zum Beispiel positiv. Der Nord-Süd-Verkehr könne über Westallee und Bürgermeister-Müller-Straße geführt werden, schlägt man vor. „Genau dieser Vorschlag steht auch in dem von der Stadt beauftragten Mobilitätskonzept.“ Überhaupt wundern sich die Sprecher, dass diese Option nicht von der Verwaltung ergriffen worden sei.
Und wie soll es nun weitergehen? Oberbürgermeister Lennart Siefert informierte zuletzt die Gremien in nicht öffentlicher Sitzung über weitere Details des Konzepts zur Verkehrsführung, Mitte März soll eine zweite Einwohnerversammlung zu dem Thema stattfinden. „Wir wünschen uns ein direktes Gespräch und eine Diskussion über die Verkehrsführung in Lahnstein“, betonen Michael Cramer von Clausbruch und Jürgen Jung. „Es sollte eine Art Runden Tisch mit Vertretern von Verwaltung, Politik, BI und Verkehrsexperten geben.“
„Wir wünschen uns ein direktes Gespräch und eine Diskussion über das Konzept.“
Michael Cramer von Clausbruch und Jürgen Jung
Ein Vorschlag der BI: Man könne die Mittelstraße als Fahrradstraße nutzen. Auch die Verkehrsberuhigung in der Hochstraße sieht man positiv: Der Nord-Süd-Verkehr könne über Westallee und Bürgermeister-Müller-Straße geführt werden, schlägt man vor. „Genau dieser Vorschlag steht auch in dem von der Stadt beauftragten Mobilitätskonzept.“ Überhaupt wundern sich die Sprecher, dass diese Option nicht von der Verwaltung ergriffen worden sei. „Auf diese Weise würde man doch auch eine Verkehrsberuhigung erreichen.“
Und wie soll es nun weitergehen? Oberbürgermeister Lennart Siefert informierte zuletzt die Gremien in nicht öffentlicher Sitzung über weitere Details des Konzepts zur Verkehrsführung. Mitte März soll eine zweite Einwohnerversammlung zu dem Thema stattfinden. „Wir wünschen uns ein direktes Gespräch und eine Diskussion über dieses Konzept“, betonen Michael Cramer von Clausbruch und Jürgen Jung. Man sei ja für eine Verringerung des Verkehrs in der Innenstadt, „aber doch nicht durch Belastung der Wohngebiete“. Die Reaktionen der politischen Parteien aus dem Rat auf die Vorschläge der BI seien unterschiedlich ausgefallen, auch innerhalb der Fraktionen gebe es da sehr verschiedene Ansichten, berichten sie. Ihr Vorschlag: „Es sollte eine Art runden Tisch mit Vertretern von Verwaltung, Politik, BI und Verkehrsexperten geben.“

Verkehr in Lahnstein: Bürgerinitiative gegründet
Die neue Verkehrsführung in Lahnstein ist weiter in der Diskussion. Nun hat sich eine Bürgerinitiative gegründet.