Vor wenigen Tagen ereigneten sich erneut zwei Unfälle unter Beteiligung von Motorradfahrern auf der Schliem, die B274 zwischen Zollhaus und Allendorf in der VG Aar-Einrich. Ob die Fahrer der sogenannten Raserszene zuzuordnen sind, bleibt offen, doch sorgen die Raser, die in einem Höllentempo die Schliem hinunter und wieder hinauf donnern, seit Jahren für gefährliche Verkehrssituationen. Zum einen gefährden sie sich selbst, zum anderen sorgen sie mit ihrem Fahrverhalten für Angst und Schrecken bei den weiteren Verkehrsteilnehmern.
Drei Todesopfer, mehrere Schwerverletzte und Leichtverletzte sind die traurige Bilanz der vergangenen Jahre. Der bereits dritte tödliche Unfall auf der Strecke im vergangenen Sommer setzte erstmals eine konkrete Diskussion über ein mögliches Fahrverbot für Motorräder am Wochenende in Gang, das zurzeit geprüft wird. Doch dieses Verbot trifft auch all die Motorradfahrer, die sich an die Vorgaben halten und die Schliem während ihres entspannten Wochenendausflugs befahren. Jetzt teilte die Kreisverwaltung auf Anfrage unserer Zeitung mit, dass die Behörde in Kontakt mit dem Kreis Düren steht. Dort läuft seit zwei Jahren ein bundesweit einmaliger Modellversuch, der die Raser auf einer kurvenreichen Strecke in der Eifel ausbremsen soll. Über Medienberichte zum Verkehrsversuch schaltete sich Landrat Jörg Denninghoff in die Korrespondenz mit dem Kreis Düren ein.
Markierungen auf der Straße
Doch was verbirgt sich hinter dem Modellversuch? Seit Mai 2023 testet der Kreis Düren in Kooperation mit der Rheinisch-Westfälischen Technische Hochschule Aachen (RWTH), der Behörde Straßen.NRW und der Polizei Düren eine Fahrbahnmarkierung für eine sicherere Kurvenführung von Motorradfahrern auf der L218 zwischen Vossenack und Schmidt. Dabei handelt es sich um einen innovativen Verkehrsversuch an der Landesstraße, auch Panoramastraße genannt, in der Eifel. R undliche Markierungen in zwei Linkskurven sollen dafür sorgen, dass Motorradfahrer die Kreise an der rechten Seite umfahren, auf ihrer Spur bleiben und die Kurven nicht schneiden. Das soll verhindern, dass sie mit Kopf und Oberkörper auf die Gegenfahrbahn geraten. Zusammenstöße mit entgegenkommenden Fahrzeugen sollen so vermieden werden. Das nordrhein-westfälische Verkehrsministerium begleitet den Versuch, der zunächst auf ein Jahr ausgelegt war, jedoch im Mai vergangenen Jahres um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hatte den Verkehrsversuch durch eine Ausnahmegenehmigung von der Straßenverkehrsordnung ermöglicht.

Die L218 gilt in der Region rund um die Gemeinde Hürtgenwald als Unfallschwerpunkt. Vor allem während der Motorradsaison kommt es hier immer wieder zu schweren Zusammenstößen. Die Landesstraße liegt in Zuständigkeit des Landesbetriebs Straßen.NRW, der den Streckenabschnitt für den Verkehrsversuch zur Verfügung stellte und das Anbringen der Markierung zwischen Vossenack und Schmidt übernahm. Erste Auswertungen nach einem Jahr zeigen einen positiven Effekt, durch die Markierungen die Fahrlinien der Motorradfahrer zu verändern.
Zahl der Unfälle ging zurück
Und das mit Erfolg. Wie der Kreis Düren im Mai vergangenen Jahres berichtete, gab es im Frühjahr/Sommer 2023 im Bereich der Markierungen noch drei leichte Unfälle. Als Konsequenz daraus wurden die Markierungen nochmals angepasst. Bis Mai 2024 gab es dann einen weiteren Unfall, Anfang Mai noch zwei. Die im Mai ereigneten Unfälle waren laut Mitteilung des Kreises allerdings nicht auf die Griffigkeit der Fahrbahnmarkierungen zurückzuführen, die infrage gestellt wurde, denn unmittelbar nach den Unfällen wurde eine Messung der Griffigkeit vorgenommen, um ein mögliches Gefahrenpotenzial auszuschließen. Die in regelmäßigen Abständen durchgeführten Messungen ergaben, dass kein Nachbesserungsbedarf bestand. Eine weitere Zahl zum Vergleich: In den Jahren 2020 und 2021 ereigneten sich je sechs Unfälle.
Die Ergebnisse des Verkehrsversuchs zeigen bisher, dass durch die Markierungen sowohl die Fahrlinien als auch die Geschwindigkeiten der Motorradfahrer positiv beeinflusst werden konnten. Für die Analyse der Fahrlinien wurde die Fahrbahn in drei verschiedene Zonen eingeteilt. Die sichere Fahrzone wurde dabei vor der Markierung nur von 42 Prozent der Motorradfahrer genutzt. Durch die Ellipsen konnte dieser Anteil auf 86 Prozent erhöht werden. Auch die Geschwindigkeiten in den Kurven reduzierten sich: Sowohl die hohen Überschreitungen der zulässigen Geschwindigkeit sind zurückgegangen, genauso wurden auch die mittleren Geschwindigkeiten um fast 9 Prozent reduziert, von durchschnittlich 36,49 km/h auf 33,21 km/h.
Ausnahmeverfahren gestalten sich schwierig
Auf Anfrage unserer Zeitung, ob ein solcher Modellversuch auch für betroffenen Straßen wie die Schliem im Rhein-Lahn-Kreis realisiert werden könnte, teilte die Pressestelle des Rhein-Lahn-Kreises mit, dass sich aktuell die zuständige Polizeiinspektion Diez, der Landesbetrieb Mobilität Diez (LBM) als Straßenbaulastträger, der LBM Koblenz sowie die Straßenverkehrsbehörde des Kreises unverändert in Abstimmung über mögliche Maßnahmen im Hinblick auf die Verkehrssituation auf der Schliem befinden. Die Handlungsmöglichkeiten würden dahingehend durch die Grenzen der Straßenverkehrsordnung vorgegeben.

„Unter anderem werden mögliche Maßnahmen durch beispielsweise veränderte Fahrbahnmarkierungen, insbesondere in Kurvenbereichen, geprüft. In anderen Landkreisen (wie im Kreis Düren) wurden dabei über die Landesebene Ausnahmen von der Straßenverkehrsordnung zugelassen, um Unfällen in Kurven besser entgegenzuwirken. Dahingehende Ausnahmeverfahren gestalten sich jedoch sehr langwierig“, so der Rhein-Lahn-Kreis in seiner Antwort.