Regionalentwicklung Managementplan für das Obere Mittelrheintal soll Bewertungskriterien und Abwägungsprozesse für Projekte aufzeigen
Managementplan für den Mittelrhein: Mit dem Welterbe in die Zukunft
Für ein Hotel auf dem Loreleyplateau sollen jetzt neue, welterbeverträgliche Pläne geschmiedet werden.
Ministerium des Innern

Mittelrhein. Das Welterbe Oberes Mittelrheintal will sich als Tourismusdestination weiterentwickeln. Alle dazugehörigen Projekte sind in einem Welterbe jedoch immer eine Gratwanderung. Denn gemäß Richtlinien der Unesco darf das Wesen der Kulturlandschaft dadurch nicht entscheidend beeinträchtigt werden. Den nötigen Abwägungsprozess soll ein Managementplan standardisieren.

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Innenminister Roger Lewentz (SPD) aus Kamp-Bornhofen zieht einen sportlichen Vergleich, was die Zukunft seiner Heimat angeht: „Wir haben den Anspruch, dass wir derzeit in der Bundesliga der touristischen Destinationen spielen und in die Champions League wollen.“ Schon seit der Anerkennung 2002 seien aufgrund des Welterbetitels umfangreiche Investitionen im Mittelrheintal geleistet worden. Der Minister nennt als Beispiele die Fernwanderwege Rheinsteig und Rhein-Burgen-Weg, den Ausbau der Radwege, der rechtsrheinisch noch nicht abgeschlossen ist, die Neugestaltung des Loreley-Plateaus oder die Aufwertung der Festung Ehrenbreitstein im Rahmen der Buga 2011 in Koblenz.

Doch nicht nur im Hinblick auf die nächste Buga, die nach einer Entscheidung im Welterbe-Zweckverband 2029 oder 2031 in der ganzen Welterberegion stattfinden soll, auch jetzt schon stehen wichtige Projekte an, die mit der Unesco auf ihre Welterbeverträglichkeit hin abgeklopft werden müssen. Dazu zählen die Mittelrheinbrücke, die Ortsumgehung Braubach, die Planungen für einen Ferienpark in Werlau und ein Hotel am Günderodehaus bei Oberwesel sowie der dauerhafte Erhalt der Seilbahn in Koblenz. Auch der Welterbedezernent aus dem Rheingau-Taunus-Kreis, Karl Ottes, bringt die Beseitigung eines Verkehrshindernisses zur Sprache, das als wichtige Gemeinschaftsaufgabe betrachtet wird: „Was uns aktuell umtreibt, ist die längst überfällige Fortentwicklung beziehungsweise deutliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Verlauf der B 42 in Rüdesheim.“ Die langen Wartezeiten schrecken Besucher aus dem Rhein-Main-Gebiet rechtsrheinisch oft von einer Weiterfahrt ins Mittelrheintal ab.

Dass eine Weiterentwicklung im Mittelrheintal erforderlich ist, liegt auf der Hand: Große Teile des 67 Kilometer langen Rheinabschnitts sind aufgrund der demografischen Entwicklung vom Aussterben bedroht. Tourismus ist in dem engen Tal der einzig mögliche Wirtschaftsfaktor, Wohnqualität mit guter Infrastruktur und schnellem Internet überlebensnotwendige Standortfaktoren. Eine „Überflutung des Tals mit Gästen“ sieht Lewentz dabei noch lange nicht: „Ich denke, da geht noch vieles, was verträglich ist.“

Der nun in Auftrag gegebene Managementplan soll zu einem mit der Unesco abgestimmten Leitfaden für solche Entwicklungen werden. Diese Vorgehensweise wird von der Unesco auch ausdrücklich gefordert. Es gilt, die Projekte mit dem Charakter der Landschaft in Einklang zu bringen. Deshalb ist auch eine Kulturlandschaftsverträglichkeitsstudie Bestandteil des Plans. Mit ihrer Hilfe sollen Projekte schneller bewertet werden können, ohne langfristige Abstimmungen mit der Unesco durchführen zu müssen.

Ein anschauliches Beispiel für eine solche Abwägung der Interessen und Werte ist die geplante Ortsumgehung Braubach. Diese wäre ohne Zweifel ein Eingriff in die Kulturlandschaft, weil ein Brückenbau über die Bahnlinie und ein Tunnel durch den Berg erforderlich sind. Aber andererseits würden damit andere Werte im Welterbe wie die historische Bausubstanz in der Altstadt sowie die dort lebenden Menschen vor der Belastung mit täglich Tausenden Fahrzeugen bewahrt.

240.000 Euro kostet der Managementplan. Davon trägt das Innenministerium Rheinland-Pfalz die Hälfte. Die zweite Hälfte übernehmen der Welterbe-Zweckverband (60.000 Euro), das Kulturministerium (36.000 Euro) und Wirtschaftsministerium Hessen (24.000 Euro). Der Auftrag liegt nun bei Professor Michael Kloos. Mit seinem Büro „planning an heritage consultancy“ ist er unter anderem bereits für die Speicherstadt in Hamburg und die Altstadt in Bamberg tätig gewesen. In Trier erarbeitet die Firma ein Konzept für Pufferzonen um die Welterbebauwerke. Die besondere Herausforderung im Mittelrheintal wird sein, ein gemeinsames Leitbild für die große Fläche zu entwickeln. Ende 2019 soll das Ergebnis vorliegen.

Von unserem Redakteur Andreas Jöckel

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