Demnach sehe es aktuell so aus, als habe die Städtische Bühne im laufenden Jahr 80 bis 85.000 Euro mehr ausgegeben als erlaubt. Auf Nachfrage wollte OB Lennart Siefert diesen Umstand nicht bestätigen, erklärte lediglich, „dass derzeit die Finanzverwaltung eine mögliche Budgetüberschreitung am Prüfen ist“. Einige Ratsfraktionen reagieren derweil scharf auf die kursierende Zahl. Andere wollen erst einmal abwarten und sind vorsichtig.
CDU-Fraktionschef Johannes Lauer reagiert zurückhaltend. „Denn bisher gibt es nur eine Mail, dass das Budget scheinbar überzogen wurde und die Finanzbuchhaltung ermittle“, erklärt Lauer. „Erst muss mal etwas Schwarz auf Weiß vorliegen.“ Sei das Budget aber tatsächlich so deutlich überzogen, so Lauer weiter, sei dies nicht zu akzeptieren. „Zumal auch wir uns in der Vergangenheit ja oft genug über das Finanzgebaren des Theaters aufgeregt haben.“ Dies habe man gegenüber Alt-Oberbürgermeister Peter Labonte (CDU) durchaus deutlich gemacht, wenn auch meist intern. Lauer möchte aber nicht vorschnell urteilen. „Erst müssen Fakten vorgelegt werden.“
Deutlicher wird SPD-Chefin Gabi Laschet-Einig, aus deren Fraktion in der Vergangenheit häufiger kritische Töne in Richtung der Theaterintendanz zu hören waren. „Diese Nachricht des OB hat mich schon sehr ins Grübeln gebracht“, sagt Laschet-Einig. Die Städtische Bühne Lahnstein gleiche immer mehr einem Fass ohne Boden
. „Je mehr der Oberbürgermeister, als Zuständiger und Verantwortlicher für laufende Verwaltungsangelegenheiten, versucht, Klarheit in diese Theaterabläufe zu bringen, umso verwobener erscheinen die Vorkommnisse.“ Die Sozialdemokratin wird deutlich: „Sollte sich dieses Defizit bewahrheiten, sind die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und zur Schadensbegleichung.“ Für ihre Fraktion gelte unmissverständlich: keine Hierarchie innerhalb der kulturellen Angebote.
„Es gilt die Gleichwertigkeit der kulturellen Veranstaltungen.“ Darbietungen der städtischen Bühne dürften „keine Privilegien“ gegenüber Karneval, Veranstaltungen der Lahnsteiner Musikszene, zu Sportveranstaltungen, Ausstellungen und anderem haben. „Gab es den Laissez-faire-Stil in der Vergangenheit, der nun das Fass zum Überlaufen bringt, ist Handeln angesagt.“ Handeln „statt Wegschauen und Beschönigen, damit die Vielfalt an Kultur erhalten bleibt“.
Auch die Unabhängige Liste Lahnstein (ULL) zeigt sich empört. „Mir fehlen die Worte“, sagt Fraktionschef Chris Sporenberg. „Ich weiß nur noch nicht, ob das eine Verfehlung, Unprofessionalität oder eine bewusste Inkaufnahme und somit eine Provokation ist.“ Dies gelte es zu klären „und die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen“.
Die Grünen möchten sich noch nicht zu der Thematik äußern. „Eine einfache Mail aus dem Rathaus reicht da nicht aus“, sagt Fraktionschefin Jutta Niel. „Ich will Fakten, zum Beispiel im Rechnungsprüfungsausschuss.“ Und auch die Freie Bürgerliste Lahnstein (FBL) ist vorsichtig mit einer Bewertung der Thematik. Vize-Fraktionschef Paul Arzheimer betont, dass bereits sehr viel Porzellan zerschlagen worden sei. „Daher gebietet es sich, unaufgeregt, insbesondere faktenorientiert zu reagieren und zu argumentieren.“
Details und exakte Zahlen seien der FBL zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt. „Oberbürgermeister Siefert möchte im Januar und Februar die Gremien diesbezüglich informieren und die Angelegenheit beraten“, so Arzheimer. „Bedauerlicherweise ist Transparenz und demzufolge Vertrauen auf beiden Seiten verloren gegangen.“ Ein engagiertes Ensemble, innovative Ideen und Ansätze des Vereins zur Kulturpflege, eine Vertrauen schaffende Haltung der Verwaltung und verantwortlich handelnde Gremien zum Wohle von Städtischer Bühne und Burgspielen, können laut Arzheimer „dazu beitragen, eine gute Lösung zu finden“.
Gegensätzliches Handeln bringe niemanden in der Sache weiter. „Der Verein zur Kulturpflege hat bereits versucht, neue Wege aufzuzeigen. Ein alternatives Konzept der Verwaltung wurde uns bis jetzt vorenthalten.“
Wenn es tatsächlich zur Budgetüberschreitung gekommen sei, so Gerhard Schmidt von der Alternativen Grünen Liste (AGL), „wäre das sicherlich ein weiterer negativer Punkt in der Geschichte des Theaters“. Es stelle sich die Frage: „Wer ist für die Überschreitung verantwortlich?“ Dies zu prüfen, sei aber nur möglich mit entsprechenden Unterlagen. „Es ist höchste Zeit, dass der Oberbürgermeister die Politik mit ins Boot nimmt.“ Nachträgliche Mitteilungen würden da nicht weiterhelfen, kritisiert Schmidt.
Für FDP-Fraktionschef Sascha Weinbach wäre eine solche Defizitüberschreitung ein „dickes Ding“, wie er gegenüber unserer Zeitung sagt. „Sollte sich das tatsächlich bewahrheiten, muss das ganze Thema Theater der vergangenen Jahrzehnte dringend aufgearbeitet und Konsequenzen gezogen werden.“