Runkel, Löhnberg, Bad Camberg, Weilmünster: In allen diesen Orten sind in diesem Jahr bereits Wölfe gesichtet worden. Achtmal wurde der Wolf im Kreis Limburg-Weilburg sicher nachgewiesen, so Luisa Traut vom Wolfszentrum Hessen in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Energieversorgung, Klima und Landwirtschaft des Kreistags Limburg-Weilburg. Ist der Kreis Limburg-Weilburg damit zum Wolfsgebiet geworden?
Sicher ist das für Luisa Traut keineswegs, wie sie in der Ausschusssitzung auf eine Nachfrage von Tobias Grän (CDU) verdeutlichte. Grän wollte wissen, ob der Landkreis mit Blick auf die große Straßendichte für die Raubtiere überhaupt attraktiv sei als Wolfshabitat. „Die größte Gefahr für den Wolf ist es, überfahren zu werden“, sagte Traut. „Man kann aber nie sicher sagen, wo er sich ansiedelt.“ Denn: „Der Wolf ist das anpassungsfähigste Säugetier der Welt. Er überlebt bei minus 40 Grad genauso wie bei plus 40 Grad.“
Gesichtet wurden Wölfe in den Monaten Februar und März, seitdem aber nicht mehr. Gut möglich, dass die Tiere, die früher zum Teil in Rheinland-Pfalz registriert wurden, nur durchgezogen sind, sagte Traut. In vier Fällen (Runkel und Weilmünster) hat der Wolf Wildtiere gerissen, in zwei Fällen (Löhnberg) auch Nutztiere. Nur in die Fotofalle getappt ist der Wolf zweimal in Bad Camberg. Fünf Wolfsterritorien gebe es derzeit in Hessen, so Traut weiter. Davon werden 2025 wohl einige wegfallen. Generell gehe die Zahl der Wolfsnachweise in Hessen zurück – dies könne aber daran liegen, dass einfach weniger Wölfe gemeldet würden, so Traut. Dort werden sämtliche Wolfsmeldungen gebündelt und ausgewertet.
„Es gibt keinen absoluten Schutz“
Was können Nutztierhalter tun, um ihre Herden vor Wolfsrissen zu schützen? Die Antwort, die Alexander Henz, Herdenschutzberater des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen, gab, fiel ernüchternd aus: „Es gibt keinen absoluten Schutz vor Wolfsübergriffen“, sagte er. Dennoch seien Zäune geeignet, die Wahrscheinlichkeit von Nutztierrissen durch die Raubtiere zu reduzieren. Wenig Hoffnung machte Henz, dass sich „das Problem Wolf“ in absehbarer Zeit von selbst erledigt: „Der Wolf wird bleiben“, ist er sich sicher. Herdenschutz sei demnach unumgänglich.
Dennoch scheuten viele Tierhalter den Aufwand für die 1,20 Meter hohen Schutzzäune. Sie machten nicht nur viel Arbeit, sondern seien auch teuer. Und: Gefördert werden Schutzzäune vom Land Hessen nicht für Tierhalter im Nebenerwerb – zu ihnen gehörten fast zwei Drittel aller hessischen Nutztierhalter. Eine weitere Möglichkeit seien Herdenschutzhunde, so Henz. Das Problem: Die Hunde seien sowohl in der Anschaffung als auch in der Haltung extrem teuer und fänden beispielsweise bei Wanderern oder Naturschützern keine Akzeptanz. Henz‘ Fazit lautete: „Herdenschutz ist oftmals wirtschaftlich nicht abbildbar.“
Was hat es mit dem „Blutrausch“ auf sich?
Das mag wohl der Grund dafür sein, dass im Kreis Limburg-Weilburg bisher nur wenige Förderanträge für Wolfsschutzzäune gestellt worden sind. Annett-Christin Hochheim, Leiterin des Amts für den Ländlichen Raum, Umwelt, Veterinärwesen und Verbraucherschutz im Kreis Limburg-Weilburg, berichtete, dass 2025 bisher elf Anträge gestellt wurden. Immerhin mehr als im vergangenen Jahr. Das Förderprogramm des Landes habe ein Volumen von einer Million Euro, ausgegeben wurde lediglich die Hälfte.
Marion-Schardt Sauer (FDP) unterstrich, dass der Kreis ein Interesse daran haben sollte, die Weidetierhaltung zu schützen, unter anderem aus Gründen der Landschaftspflege. Sie wies auf die Angst vieler Tierhalter hin, ihre Tiere noch auf die Weide zu lassen. Schardt-Sauers Prognose: „Wir werden um eine Bestandsregulierung des Wolfs nicht herumkommen.“ Traut hielt dies aktuell in Hessen für noch nicht notwendig. Lediglich Wölfe, die sich auf Weidetiere spezialisiert hätten, müssten entnommen werden.
Traut nahm auch Stellung zu der Frage, wie sich der Wolf zum Menschen verhält und was es mit dem häufig zitierten „Blutrausch“ des Wolfs auf sich hat. Übergriffe auf Menschen, so Luise Traut, seien in den 25 Jahren, die der Wolf in Deutschland wieder angesiedelt ist, nicht bekannt. Ein Fall in den Niederlanden, wo ein Wolf ein Kind gebissen haben soll, sei nicht aufgeklärt worden. „Der Wolf ist ein scheues, aber auch wehrhaftes Tier“, sagte Traut.
Das Thema „Blutrausch“ sei kritisch, so die Expertin weiter. Wenn ein Wolf auf eine Weide einbreche, könne bei ihm eine „Jagdkaskade“ ausgelöst werden, die er nur schwer durchbrechen könne. Hinzukomme, dass den Weidetieren oftmals der Fluchtinstinkt genommen worden sei: Sie bleiben einfach stehen. „Das ist schlimm und tragisch, bisher sind es aber nur Einzelfälle“, so Traut.
„Der Wolf ist keine Bestie“
Anke Föh-Harshman (Grüne) mahnte zu verbaler Zurückhaltung. „Der Wolf ist keine Bestie“, sagte sie, „sondern Teil der Natur.“ Auch reiße er in der Regel nur alte und kranke Tiere. Zum Thema Blutrausch fiel Föh-Harshman das Verhalten mancher Menschen im Supermarkt ein: „Viele kaufen auch viel mehr, als sie essen können.“
Georg Horz (Freie Wähler) machte auf die Kosten aufmerksam, die nach seinen Informationen der Wolf verursache. „Jeder Wolf kostet den Steuerzahler 150.000 Euro.“ Landrat Michael Köberle brachte abschließend einen Schuss Humor in die Debatte: „Ich habe den Wolf im Wald bisher nicht vermisst“, sagte er mit Blick auf das „Waldhäuschen bauen“ in seinen eigenen Kindertagen.

Neue Homepage – Rheinland-Pfalz informiert über Wolf
Vier Wolfsrudel gibt es aktuell in Rheinland-Pfalz. Das sorgt in der Bevölkerung für Ängste, das Umweltministerium will diese mit Informationen abbauen.