Über so viel Zuspruch freuten sich nicht nur Verbandsbürgermeister Uwe Bruchhäuser, der Autor Martin Schencking und der Redner des Abends, Mathias Jung, sondern insbesondere der Förderverein Stationäres Hospiz Rhein-Lahn. Der gute Zuspruch, so Bruchhäuser, liegt an dem Thema des Buches und an dem Hospizgedanken. Er dankte Schencking, dass er seine jahrzehntelangen Erfahrungen mit kranken Menschen für den Normalverbraucher gut verständlich aufbereitet habe. „Das Büchlein ist ein guter Ratgeber für uns alle“, sagte er. Ausdrücklich dankte er Schencking als Vorsitzendem des Fördervereins für sein enormes Engagement für das Hospiz. „Das Hospiz ist eine sinnvolle Einrichtung, die wir im Rhein-Lahn-Kreis dringend errichten müssen.“
Mit dem Griff zum Rezeptblock ist es nicht getan.
Redner Mathias Jung
„Mit dem Griff zum Rezeptblock ist es nicht getan“, meinte Mathias Jung vom Gesundheitszentrum Dr.-Max-Otto-Bruker-Haus, Lahnstein, der in seinem Vortrag die Entwicklung der Medizin und den sich gewandelten Blick auf den Kranken aufzeigte. Heute wisse man, dass Leib und Seele eine Einheit bilden. Wesentlich sei das Gespräch zwischen Arzt und Patient. „Zuhören, zuhören und nochmals zuhören“. Der Arzt müsse dem Patienten ein zugewandter Freund sein oder fürsorglich wie eine Mutter.
Wer sich schon als Kind geliebt und angenommen gefühlt hat, so Jung, entwickelt mehr Resilienz, also Widerstandskraft. Doch auch wer diese Erfahrung nicht gemacht hat, ist nicht verdammt zur negativen Sicht. Man könne das Angenommensein nachholen. „Die größte Liebesgeschichte ist die Liebesgeschichte mit sich selbst“.
Zusammenhang zwischen früher Kindheit und Erkrankungen
Es gibt, sagte Jung, einen linearen Zusammenhang zwischen wichtigen Erfahrungen in der frühen Kindheit und diversen Erkrankungen. Das bestätigte auch Schencking. Frühkindliche Traumen, Kränkungen oder Missbrauch seien lebenslang in erhöhten Eiweißwerten des Blutes messbar. Beispiele dafür sind in dem Büchlein in Fallbeispielen nachzulesen.
Was nun macht stark gegen Krankheiten, woher nehmen schwersterkrankte Menschen ihre Zuversicht? Es sind die Hoffnung und die Sinnhaftigkeit. Häftlinge im KZ, die sich einen Sinn bewahrt hätten, hätten all das Grauen überlebt. „Jeder Mensch ist auf Sinnhaftigkeit ausgerichtet.“ Dazu brauche es die Verbundenheit mit der Welt und anderen Menschen. Einsame ermuntert der Gestalt- und Paartherapeut Jung aus ihrer Isolation herauszutreten und auf Menschen zuzugehen.
Die Depression ist eine Dame im Schwarz. Wenn sie an Deine Türe klopft, bitte sie an den Tisch und höre zu, was sie zu sagen hat.
Mathias Jung
Hilfreich sei auch die Übernahme einer ehrenamtlichen Aufgabe. Bei der Hälfte der Patienten spiele die Psychosomatik eine Rolle, erklärte Jung. Auffallend sei die Zunahme von reaktiven Depressionen. „Die Depression ist eine Dame im Schwarz. Wenn sie an Deine Türe klopft, bitte sie an den Tisch und höre zu, was sie zu sagen hat.“ Große Stücke halten Jung und Schencking von Kneippschen Therapien. Dazu gehören neben den bekannten Wasseranwendungen die Ordnungstherapie, Bewegung und Ernährung. So wertete schon Sebastian Kneipp die Ordnung in der Seele für eine wichtige Voraussetzung zur Gesundung.
Mit dem Mutmach-Büchlein sei Schencking etwas ganz Großartiges gelungen, sagte Jung. „Man lernt viel aus diesem schmalen und lehrreichen Büchlein.“ Das Büchlein besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil geht es um die Entstehung und das Verständnis von Krankheiten. Im zweiten Teil werden exemplarische anonymisierte Patientenbiografien dargestellt. Der dritte Teil enthält viele konkrete Tipps für ein gesundes Leben. Gebannt lauschte die Zuhörerschaft der Lesung des Autors am Beispiel einer Patientenbiografie.