Von 40.000 Euro runter auf 15.000? Vor diese Gretchenfrage sah sich der Lahnsteiner Stadtrat bei seiner jüngsten Sitzung gestellt. Und zwar mit Blick auf die sogenannte Wertgrenze – den Höchstbetrag aus dem städtischen Vermögen, über den die Stadtverwaltung mit dem Oberbürgermeister an der Spitze ohne vorherige Beschlussfassung in den städtischen Gremien verfügen kann.
Kurzer Rückblick: Zehn Jahre lang hatte die Wertgrenze bei 30.000 Euro gelegen, bevor sie im vergangenen Sommer auf 40.000 Euro angehoben wurde – vor allem mit dem Ziel, den Rahmen für die zügigere Abwicklung von Verwaltungsgeschäften und Vergabe von Aufträgen zu erweitern. Im Februar stellten allerdings die Fraktionen von CDU, SPD, FBL, Grünen und FDP – nur die Unabhängige Liste Lahnstein (ULL) war nicht dabei – gemeinsam den Antrag, die Wertgrenze auf 15.000 Euro und damit auf die Hälfte des ursprünglichen Verfügungsrahmens zu senken. Zur Begründung heißt es in dem Antrag: „Die unterzeichnenden Stadtratsfraktionen sehen sich bei zurückliegenden Entscheidungen der Verwaltung, die innerhalb der bisher bestehenden Wertgrenze lagen, unzureichend informiert und nicht angemessen beteiligt.“ Als Beispiel wird der Ankauf des Anglerheims am Lahnsteiner Hafen verwiesen, das die Stadt ohne die angemessene Einbindung der städtischen Gremien erworben habe.
ULL: Verwaltungshandeln wird unnötig lahmgelegt
Mitte April hatte der Haupt- und Finanzausschuss dem Antrag mehrheitlich zugestimmt, kurz darauf kritisierte der stellvertretende FBL-Fraktionsvorsitzende Paul Arzheimer, der bei der Sitzung nicht dabei war, diese Entscheidung im Gespräch mit unserer Zeitung als kontraproduktiv für den angestrebten Bürokratieabbau (wir berichteten). Und jetzt war also der Stadtrat am Zug. Der Antrag verknüpfe zwei Dinge miteinander, die nichts miteinander zu tun hätten, argumentierte Stefanie Muno-Meier, Co-Fraktionsvorsitzende der ULL: „Das Finanzgebaren der Verwaltung und die augenscheinlich mangelnde Kommunikation unseres OB.“ Verwaltungshandeln werde mit der niedrigeren Wertgrenze unnötig lahmgelegt, Bürokratie nicht ab-, sondern abgebaut: „Die Zahl der Sitzungen und die damit verbundenen Kosten werden steigen, die Effizienz verringert sich. Das wird auch auf uns als Stadtratsmitglieder zurückfallen und für weitere Politikverdrossenheit sorgen.“ Ohne konkrete Zahlen zu kennen, könne man nichts entscheiden: „Die Verwaltung soll vor der endgültigen Beschlussfassung die folgenden Fragen beantworten: 1. Wie viele Entscheidungen, die im letzten Kalenderjahr 2024 getroffen wurden, müssten mit der neuen Regelung und der Herabsetzung des Betrags durch die Ausschüsse? 2. Mit wie vielen zusätzlichen Ausschusssitzungen und damit verbundenen Kosten wäre mit der neuen Regelung zu rechnen? Aufgrund dieser Datengrundlagen bitten wir um einen erneuten Diskurs im Haupt- und Finanzausschuss.“
Am Ende stimmt deutliche Mehrheit für die Absenkung
Ein Ansinnen, von dem im Anschluss indessen kaum noch die Rede war. Die SPD-Fraktion sehe zusätzliche Ausschusssitzungen nicht als Nachteil, die aus der niedrigeren Wertgrenze resultierende Mehrbeteiligung des Rats aber als Vorteil, erklärte der Fraktionsvorsitzende Jochen Sachsenhauser, und auch CDU-Fraktionschef Günter Groß bekräftigte: „Wir wollen den Antrag genauso, wie wir ihn gestellt haben, beibehalten.“ Man werde mehrheitlich bei einer Gegenstimme (gemeint war die von Paul Arzheimer) für den Antrag stimmen, kündigte der FBL-Fraktionsvorsitzende Reiner Burkard an: „Wir fühlen uns einfach nicht ausreichend informiert. Das ist dem Vertrauen in die Verwaltungsspitze nicht förderlich.“ Dass beim Kommunikationsverhalten von OB Lennart Siefert offenbar noch Luft nach oben ist, ließ sich auch aus den Worten von Christopher Hoffmann herauslesen: „Wir würden uns eine Kommunikation wünschen, bei der auch Vorschläge von kleineren Fraktionen wertgeschätzt werden“, so der stellvertretende Fraktionssprecher der Grünen. Am Ende votierte der Stadtrat mit einer Mehrheit von 20 Ja-Stimmen gegenüber sechs Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen für den Antrag.