Erneute Kritik des Oberbürgermeisters an der Informationspolitik - Neue Sanierungmethode liegt auf dem Tisch
Lahnsteiner Zugunglück: Labonte tobt und kritisiert erneut Informationspolitik – Bahn macht neuen Vorschlag
Mit Förderbrunnen wie diesen versucht die Bahn seit Monaten, den verbliebenen Dieselkraftstoff aus dem Boden zu bekommen.
Tobias Lui

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster hat dem Lokführer des Unglückszuges von Niederlahnstein seinen Triebfahrzeugführerschein entzogen – diese Nachricht hat Lahnsteins Oberbürgermeister Peter Labonte nach eigenen Angaben aus den Medien erfahren. Dies hat Labonte verärgert – in einem Schreiben an den Konzernbevollmächtigten der Bahn kritisiert er zum wiederholten Male die Informationspolitik des ehemaligen Staatsunternehmens.

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Mit Förderbrunnen wie diesen versucht die Bahn seit Monaten, den verbliebenen Dieselkraftstoff aus dem Boden zu bekommen.
Tobias Lui

„Ich habe am Wochenende aus den sozialen beziehungsweise den Printmedien erfahren müssen, dass dem Lokführer bereits im Oktober 2020 der Triebfahrzeugführerschein entzogen wurde“, stellt Labonte fest. Die Entscheidung wurde mittlerweile durch das OVG Münster bestätigt. Die Begründung: Der Lokführer darf aufgrund des wiederholten Fehlverhaltens und somit erwiesener Unzuverlässigkeit keine Schienenfahrzeuge mehr führen.

Dem Mann waren in der Vergangenheit mehrfach Geschwindigkeitsverstöße nachgewiesen worden. Und auch am Tag des Unglücks in Niederlahnstein mit sieben umgekippten und zwei stehend entgleisten Güterwaggons überschritt der Lokführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Er räumte vor Gericht selbst ein, dass er sie bei geltenden 90 Stundenkilometer um 17 überschritt.

Laut seiner Aussage zwar nur kurzzeitig, doch belege die Auswertung der elektronischen Fahrtenregistrierung der Zugfahrt vom 30. August, dass er „an zahlreichen und langen Abschnitten“ zu schnell unterwegs war. „Eine derartige Verhaltensweise ist aber mit der sicherheitsrelevanten Verantwortung eines Triebfahrzeugführers nicht zu vereinbaren“, lautet der OVG-Beschluss.

Wenngleich das die Ursache des Bahnunglücks in Niederlahnstein noch immer nicht abschließend klärt, „scheint doch einiges auf ein Fehlverhalten des Lokführers hinzudeuten“, rekapituliert Lahnsteins Verwaltungschef. Der hat sich in einem Schreiben erneut an den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn AG, Dr. Klaus Vornhusen, gewandt. In dieser Zuschrift spricht er sein Bedauern darüber aus, dass die vom Bahnunglück stark betroffene Stadt Lahnstein eine solch „gravierende Information“ nicht unmittelbar von den Verantwortlichen der Bahn mitgeteilt bekommt.

„Hätte denn wirklich keine Möglichkeit bestanden, die Verantwortlichen des Landkreises und der Stadt Lahnstein über diesen doch sehr bedeutenden und gravierenden Sachverhalt in geeigneter Form in Kenntnis zu setzen?“ fragt Labonte und verweist auf die – auch dank der Hilfe Dr. Vornhusens – wöchentlich eingehenden Mitteilungen der DB AG über den jeweils aktuellen Stand des Sanierungsverfahrens.

In diesem Zusammenhang ersucht Labonte darum, dass der Konzernbevollmächtigte sich auch weiter dafür einsetzt, der Stadt Lahnstein jeweils zeitnahe und unverzügliche Informationen über alle relevanten Sachverhalte bezüglich der Zugentgleisung in Niederlahnstein zukommen zu lassen“.

Dass der Zug kurz vor der Entgleisung in Niederlahnstein noch mit 62 Stundenkilometern statt der wohl signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 40 in den Weichenbereich des Lahnsteiner Bahnhofs eingefahren ist und dabei anscheinend auch noch eine falsche Bremsstellung ausgewählt war, nimmt Labonte zeitgleich zum Anlass, erneut auf die generelle Forderung aller Städte und Gemeinden im engen Mittelrheintal hinzuweisen: die Reduzierung der Zuggeschwindigkeiten auf maximal 50 Stundenkilometer.

Eine Forderung, die von den Verantwortlichen der DB AG immer noch mit dem Hinweis abgelehnt wird, dies hätte für die Bahn negative Auswirkungen zur Folge und führe zu deutlichen Kapazitätsverlusten auf den betroffenen Strecken. Etwas, das Peter Labonte nicht nachvollziehen kann, denn hier gehe es nicht um noch mehr Wirtschaftlichkeit für die Bahn, „sondern vor allem um die Sicherheit und die Gesundheit der Menschen im Rheintal“.

Der Unfall in Niederlahnstein und auch ganz aktuell der Hangrutsch bei Kestert zeige sehr deutlich, so Labonte, die permanente und unkalkulierbare Gefahr auf, in der sich die Menschen entlang der Bahnstrecke im Mittelrheintal tagtäglich befinden. „Wir leben hier an einer der gefährlichsten Bahnstrecken in ganz Deutschland. Ich appelliere daher erneut und mit Nachdruck als Sofortmaßnahme für den Zugverkehr im Mittelrheintal, eine spürbare Reduzierung der Zuggeschwindigkeiten vornehmen zu lassen.“ Zudem fordere ich und im Namen der Stadt Lahnstein, insbesondere im innerörtlichen Bereich keine so genannten Entrostungsfahrten von mit Gefahrgut beladenen Güterzügen mehr zuzulassen.

Mitte der Woche wurde derweil bekannt, dass für die Geländereinigung neben den insgesamt zehn Förderbrunnen für Grundwasser offenbar noch weitere Baumaßnahmen stattfinden werden. „Die Brunnen- und Filterlösung funktioniert sehr gut“, teilt eine Bahnsprecherin zwar mit. „Die wöchentlich untersuchten und unauffällig bleibenden Messwerte des Grundwasser zeigen das.“ Man habe den Behörden und der Stadt nun aber einen zusätzlichen Vorschlag für eine Sanierung gemacht. „Dieser Vorschlag wird gerade geprüft, es liegt noch keine Entscheidung vor.“

Nach Angaben der Stadt laufen derzeit die Vorbereitungen für die Testphase für das sogenannte Bioventing. Das ist eine Sanierungstechnologie, bei der mithilfe von Mikroorganismen organische Bestandteile biologisch abgebaut werden, die auf Böden in der ungesättigten Zone absorbiert sind.

Dieses Verfahren erhöht die Aktivität einheimischer Bakterien und optimiert den natürlichen biologischen Abbau von Kohlenwasserstoffen im Boden, indem es den Luft- oder Sauerstoffstrom in die ungesättigte Zone induziert und gegebenenfalls Nährstoffe hinzufügt.

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