Fragt man Notare oder Anwälte aus der Region, was sie vom Amtsgericht in Lahnstein halten, ist der Spott nicht weit. Das „langsamste Amtsgericht im Land“ ist nur eine der wenig schmeichelhaften Beschreibungen, die da kommen, gefolgt von zahlreichen Beispielen für elend lange Verfahrensdauern. In unserer Zeitung hatte sowohl der Direktor des Amtsgerichts als auch ein Sprecher des Koblenzer Landgerichts, zu dessen Bezirk Lahnstein gehört, auf Krankheitsfälle von Richtern verwiesen und Verzögerungen eingestanden. Dies hat der hiesige CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Lammert zum Anlass genommen, eine Anfrage an das Land zu den Personalproblemen am Rhein-Lahn-Eck zu stellen. Nun ist die Antwort da. Die gute Nachricht: Mitte Juni verstärkt eine weitere Richterin das Team in Lahnstein. Ob dies aber ausreichen wird, um schnellere Verfahren zu erreichen für die rund 58.000 Menschen im Zuständigkeitsbereich des Lahnsteiner Amtsgerichts?
Minister: Alle zugewiesenen Planstellen sind besetzt
Matthias Lammert, der auch Kreisvorsitzender der CDU im Rhein-Lahn-Kreis ist, hat einen Fragenkatalog zu dem Thema an die Landesregierung geschickt: Unter anderem will er wissen, wie viele und welche Stellen unbesetzt sind und welche Maßnahmen die Landesregierung ergreift, um die Probleme in Lahnstein in den Griff zu bekommen.
Geantwortet hat Philipp Fernis (FDP), der seit einigen Wochen Justizminister des Landes ist. „ Alle dem Amtsgericht Lahnstein zugewiesenen Planstellen für Richterinnen und Richter sind besetzt“, schreibt der Minister. Allerdings sei eine auf Lebenszeit ernannte Richterin seit Ende Oktober 2024 dienstunfähig erkrankt. Das Dekanat der Richterin sei daraufhin aufgeteilt worden, „um die zusätzliche Belastung gleichmäßiger zu verteilen und Rückstände möglichst gering zu halten“. Außerdem, auch darüber hatte unsere Zeitung schon berichtet, sei seit 1. Februar ein Richter auf Probe mit 40 Prozent seiner Arbeitszeit nach Lahnstein abgeordnet worden. Nachdem nun aber bekannt geworden sei, dass eine Wiedereingliederung der erkrankten Kollegin nicht, wie ursprünglich angedacht, ab Juni möglich sei, habe das Oberlandesgericht Koblenz eine Richterin auf Probe ab dem 16. Juni einen „Dienstleistungsauftrag“ für Lahnstein erteilt, teilt der Minister weiter mit.
Lammert rechnet nicht damit, dass sich die Situation bessert
Zur personellen Besetzung im nicht richterlichen Dienst könne das Land keine Angaben machen. „Nach Mitteilung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz liegt der Deckungsgrad beim Amtsgericht Lahnstein im zweiten Einstiegsamt derzeit bei 99 Prozent und im dritten Einstiegsamt nach Verstärkung zum Jahreswechsel bei 118 Prozent.“ Mit „Einstiegsamt“ sind unterschiedliche Karrierewege gemeint. Matthias Lammert wollte außerdem von der Landesregierung wissen, ob diese der Auffassung ist, dass die Abordnung eines Richters mit einem Stellenumfang von 40 Prozent ausreichend sei, um die entstandenen Rückstände komplett abzubauen? Die Antwort des Justizministers: „Ob die ergriffenen personellen Maßnahmen ausreichen, um entstandene Rückstände aufzuarbeiten, bedarf jeweils einer Prüfung im Einzelfall.“
Wenn die Leute das Gefühl bekommen, der Rechtsstaat funktioniert nicht richtig, ist das Wasser auf die Mühlen der politischen Ränder.
Matthias Lammert fordert vom Land, die Justiz besser auszustatten.
Matthias Lammert wundert sich über die „lapidaren Antworten“ aus Mainz, wie er unserer Zeitung sagt. „Mein Gefühl ist, dass die personelle Besetzung in Lahnstein weiterhin nicht ausreichend ist, um die Rückstände aufzuarbeiten.“ Natürlich könne niemand etwas dafür, wenn Mitarbeiter erkranken. „Aber als Land bin ich doch in der Pflicht, den Gerichten entsprechend Leute zügig zuzuführen.“ Personelle Engstellen müsse man einkalkulieren, um entsprechend reagieren zu können, kritisiert Lammert. Gerade in der Justiz. „Denn wenn die Leute das Gefühl bekommen, der Rechtsstaat funktioniert nicht richtig, ist das Wasser auf die Mühlen der politischen Ränder.“ Oft werde er von Bürgern und Anwälten auf lange Verfahrensdauern angesprochen, „in Lahnstein ist es besonders auffällig. Gerade in Zeiten, wo die Klagebereitschaft der Menschen zunehme, müssten auch entsprechend neue Stellen geschaffen werden. „Ansonsten macht sich der Rechtsstaat unglaubwürdig.“

Amtsgericht in Lahnstein: Die Aussichten bleiben mau
Gerichtskostenrechnungen kommen meist schnell, doch bis das Amtsgericht Lahnstein ein Verfahren final bearbeitet hat, müssen Mandanten oft Monate warten. Eine echte Besserung ist nicht in Sicht, der politische Wille in Mainz fehlt.