Ob der Zaster am Ende wieder auftaucht, und wer ihn findet? „Verrat ich nicht“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Schließlich ist Spannung gefragt, wenn die Leute am Sonntag, 4. Dezember, zu ihrer Lesung in die Keramikwerkstatt ihrer Freundin Ursula Näther kommen. Dorthin, wo 2018 alles anfing mit den Nastätten-Krimis und diese auch heute noch einen ihrer zentralen Handlungsorte haben.
Täter und Motive auf Zettel notiert
„Ich war bei Ursulas Ausstellung ‚Blueland Spirit‘ zu Gast und habe die Besucher dazu eingeladen, zu einer von mir vorgegebenen Mordleiche Motive und Täter zu erfinden, diese auf Zettel zu schreiben und in eine Box zu werfen.“ Aus diesen – logischerweise sehr unterschiedlichen – Ideen und Anregungen mixte sie „Tod in Nastätten“, den ersten Streich. Fünf weitere sind bis heute gefolgt.
Reichlich Lokalkolorit versprühende Bücher, deren Reiz nicht zuletzt darin besteht, dass real existierende Menschen aus dem Blauen Ländchen darin ihr „Unwesen“ treiben. Alles auf freiwilliger Basis und sogar interaktiv, wohlgemerkt. „Ich frage die Betreffenden: Na, möchtest du in der nächsten Folge wieder mitspielen?“, erzählt Ute Dombrowski und verrät, dass sich hinter Undine, einer der beiden weiblichen Hauptfiguren, zum Beispiel Ursula Näther verbirgt. Und was Undines Freundin, die Autorin Lene, betrifft: „Es haben mich schon viele gefragt: ‚Das bist doch du, oder?‘. Dann antworte ich: ‚Ne, heiße ich vielleicht Lene?‘ Ähnlichkeiten sind rein zufällig“, erzählt Dombrowski und grinst.
„Wenn ich übers Schreiben rede, sprudelt es nur so aus mir heraus“, sagt sie irgendwann. „Aber schließlich haben Sie mich ja danach gefragt.“ Stimmt. Weil es spannend ist, mehr über sie zu erfahren. Zum Beispiel darüber, warum sie 2008 überhaupt mit dem Schreiben anfing. „Als Beschäftigungstherapie“, erwidert sie mit Blick auf die schwierige Zeit vor ihrer Scheidung. „Herausgefallen“ seien damals die Texte aus ihr: „Ich habe einfach drauflos geschrieben. Heute dagegen denke ich vorher nach und fange erst dann an zu tippen, wenn das Buch im Kopf schon fertig ist.“ Ein Verlust an Spontaneität also? „Nein, ich denke schon, dass das der bessere Weg ist. Ich habe recherchiert, wie man gut schreibt, Bücher darüber gelesen und handwerkliche Dinge dazugelernt.“
Sieben Jahre hat es gedauert, bis sie ihr erstes Buch veröffentlichte. „Die Liebe stirbt im Weinberg“ lautete der tragische Titel, und bei Liebesromanen sollte es fürs Erste auch bleiben. Obwohl sie eigentlich schon immer Krimis schreiben wollte: „Aber anfangs sind mir nach drei oder vier Seiten die Ideen ausgegangen.“ Ladehemmungen, die längst der Vergangenheit angehören.
Die besten Ideen kommen mir nachts.
32 Bücher sind seit 2015 aus Ute Dombrowskis Feder geflossen, darunter eine bis dato elfteilige Eltville-Thrillerserie. Sie schreibe so gut wie jeden Tag und jeden Tag ein Kapitel, erzählt die Autorin: „Da bin ich ganz diszipliniert. Und da meine Bücher alle um die 40 Kapitel haben, kann man sich ausrechnen, wie lange ich an einem sitze.“ Klingt nach rigoroser Routine, aber: „Die besten Ideen kommen mir nachts. Plötzlich habe ich einen Geistesblitz, mache das Licht an, tippe die Idee ins Handy, damit sie nicht verloren geht, und übertrage sie am nächsten Tag in den Computer.“
Geistesblitz hin oder her – extrem wichtig sei für sie Feedback, und zwar schon vor der Veröffentlichung, betont Dombrowski. Dafür ist zum einen ihre Freundin Anna Reuter zuständig: „Die haut mir schon mal Sätze wie ‚Das klingt aber holprig‘ um die Ohren. Aber weil sie meine Freundin ist, darf sie das auch.“ Ihre Deutschlehrer-Kollegin Julia Dillenberger-Ochs nimmt den Text bereits in einer früheren Phase kritisch unter die Lupe: „Es hat sich bewährt, auf sie zu hören.“
Drei Bücher parallel in Arbeit
Lehrer-Kollegin? Genau: Ute Dombrowski unterrichtet an der Integrierten Gesamtschule (IGS) Nastätten Deutsch, Musik und Kunst – und leitet dort außerdem, welch ein Zufall, eine Schreib-AG. „Einen besseren Ausgleich zur Schule als Schreiben gibt es nicht“, sagt sie. Studiert hat die gebürtige Havelländerin in Potsdam, nach der Wende kam sie mit ihrem Ex-Mann in den Rhein-Lahn-Kreis. Heute wohnt Ute Dombrowski, die ihren eigenen Schreibstil als „einfach, leicht verständlich und handlungsorientiert“ charakterisiert und, wenn’s drauf ankommt, auch mal an drei Büchern parallel arbeitet, mit Hund und zwei Katern in Niedertiefenbach.
Logisch, dass sie sich darauf freut, am 4. Dezember aus den „Geheimnissen in Nastätten“ zu lesen. Sieben sei eben eine schöne Zahl, und irgendwann müsse ja auch Schluss sein, kommentiert sie ihre Entscheidung, dass es nächstes Jahr definitiv den letzten Nastätten-Krimi geben wird. Dessen Anfang habe sie schon im Kopf, verrät die Autorin noch, stellt im nächsten Moment allerdings klar: „Aber jetzt schreibe ich erst mal meinen zwölften Eltville-Thriller.“