Ein kleiner Sandstrand unter Palmen, zwei coole Liegen zum Relaxen, dazu erfrischendes Nass aus Brunnen und Wasserfall – wenn man sich auf dem Marienplatz von Kloster Bornhofen in diesem Sommerhalbjahr ein wenig im Urlaub wähnt, ist das kein Zufall, sondern von langer Hand geplant. Zumindest gedanklich, aber auch ganz konkret beginne er mit der Vorbereitung der Jahresausstellungen stets Jahre im Voraus, erzählt Pater Eryk, der für den Wallfahrtsort zuständige Guardian des Klosters, beim Besuch unserer Zeitung.
Jeder soll eine Oase haben. Wir alle brauchen sie, damit wir an der Wüste unseres Lebens nicht kaputtgehen.
Pater Eryk
Seit mittlerweile sieben Jahren verfolgt der umtriebige Franziskaner seine Mission, in Zeiten sinkender Pilgerzahlen und steigender Kirchenaustritte gerade auch Menschen, die mit dem Glauben „nicht viel am Hut haben“, wie er es nennt, mit ganz alltäglichen Themen für christliche Inhalte zu sensibilisieren. Vom Jahr des Wassers anno 2018 führte der Reigen der Jahresausstellungen über Wein, Apfel, Salz, Olivenbaum, Honig und Schokolade bis zum aktuellen Jahr – nein, nicht des Südseeurlaubs, sondern der Oase.
Was natürlich im übertragenen Sinn zu verstehen ist: „Die Oase ist ein Ort, an dem wir entschleunigen, zu uns kommen und neue Kraft schöpfen können“, sagt Pater Eryk. Und damit ein Ort, der kaum jemals so dringend nötig war wie heute: Die sich häufenden Kriege und Krisen der Gegenwart, existenzielle Sorgen, die zunehmende Spaltung der Gesellschaft – all das führt zu Ängsten, Mutlosigkeit, Verzweiflung. „Dazu kommt, dass wir in einem Ausmaß, das es in der Menschheitsgeschichte so noch nie gegeben hat, mit Nachrichten bombardiert werden“, beschreibt Pater Eryk einen Overkill, der schnell in mentale Überforderung münden kann.

„Viele Menschen sind ausgebrannt und enttäuscht – von der Kirche, vom Staat und vielleicht auch von sich selbst. Sie sehnen sich nach einer Oase in ihrem Leben“, sagt er und fügt hinzu: „Für diese Menschen lautet die entscheidende Frage: ‚Was brauche ich, um eine solche Oase herstellen zu können?‘“ Für die einen sei es vielleicht eine gute Beziehung zu einem anderen Menschen, für die anderen der Kontakt mit einem geliebten Haustier oder die Verbundenheit mit der Natur. Er dürfe das nicht bewerten, stellt Pater Eryk klar: „Ich will die Menschen nicht belehren, sondern nachdenklich machen. Meine Aufgabe sehe ich darin, ihnen ein Angebot zu machen, wie sie ihre persönliche Oase herstellen können.“
Und dieses Angebot hat, was nicht wirklich überrascht, sehr viel mit Gott und dem christlichen Glauben zu tun. So finden sich auf den Bannern ringsum, die zu jeder Jahresausstellung dazugehören, etliche Erläuterungen zu Bibelstellen, die direkt oder indirekt Bezug auf das Sinnbild der Oase nehmen. „Gott sucht die Nähe des Menschen. Von daher stellt sich die Frage: Wo ist in der Wüste unseres Alltags der Ort, wo eine solche Begegnung stattfinden kann?“, heißt es beispielsweise auf einem Banner, das sich um ein Bibelzitat beim Propheten Jesaja dreht („Ich mache die Wüste zum Teich und das ausgetrocknete Land zur Oase.“).

Der Marienplatz selbst oder die Klosterkirche könne solch ein Ort sein, schlägt Pater Eryk vor. Ein Ort, an dem man zur Ruhe kommt und sich unter die Oberfläche des Alltags reichende Fragen stellt: Wie nehme ich das Leben wahr? Wie nehme ich mich selbst und den Nächsten wahr? Und wie nehme ich Gott wahr? Nicht ohne Grund sind die insgesamt neun Banner mit den Worten „Wahrnehmung des Daseins“ überschrieben.
Wobei sie durchaus auch Inhalte parat halten, die auf den ersten Blick wenig bis gar nichts mit Themen wie Glauben oder Suche nach dem Sinn des Lebens zu tun haben. So kann man sich beispielsweise an einer Stelle darüber informieren, wie eine Oase, geologisch gesehen, entsteht und in welchen Varianten es sie gibt (Flussoase, Grundwasseroase, Nebeloase), während man an der Wand gegenüber Wissenswertes über die physiologische, aber auch soziale Bedeutung des Trinkwassers für den Menschen erfährt.

Dazu der religiöse Part, auf den es hier trotz alledem vor allem ankommt: Vom Durst als Bild der Sehnsucht und der Sehnsucht nach Gott führt die gedankliche Reise zu weiteren Stationen wie dem „Glauben als Oase auf dem Weg durch die Wüste“. Denn, so heißt es unmissverständlich: „Nur wer die Wüste durchquert, erreicht das Ziel eines erfüllten Lebens.“ Anders ausgedrückt: Nur wer sich den Härten des Lebens stellt, kann die Oase überhaupt als solche sehen. Seine persönliche Oase sei die Beziehung zu Gott, sagt der Franziskaner: „In seiner Gegenwart kann unsere Wüste zu einer Oase werden.“ Viel Stoff zum Nachdenken also.
Es seien schon viele Menschen hier gewesen, erzählt Pater Eryk, der die Ausstellung wie immer mit tatkräftiger Unterstützung des Freundeskreises der Franziskaner im Wallfahrtskloster Bornhofen und finanziellem Zutun des Bistums Limburg auf die Beine gestellt hat. „Unter anderem kommen immer mehr Touristen und Wanderer hierher“, freut er sich. Noch bis Oktober, wenn die Wallfahrtssaison endet, können die Besucher eintauchen in die Banner-Texte und an Audiostationen abrufbaren Meditationen, aber auch, wenn ihnen danach ist, in den Liegestühlen chillen und per Knopfdruck den Wasserfall rieseln lassen. Und natürlich hofft Pater Eryk darauf, dass der eine oder andere dann sein Angebot annimmt. Denn, so bekräftigt er noch einmal: „Jeder soll eine Oase haben. Wir alle brauchen sie, damit wir an der Wüste unseres Lebens nicht kaputtgehen.“