Frau Klöckner, bei der Mittelrheinbrücke geht es nicht voran. Marlon Bröhr, CDU-Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises, hat im vergangenen Jahr mit verschiedenen Schritten eine Kehrtwende eingeleitet. Verstehen Sie, dass viele Leute aufgebracht sind?
Wenn die Brücke nicht kommen sollte, wäre das eine große Enttäuschung, das darf nicht sein. Eine Kehrtwende der CDU kann ich hier aber nicht erkennen. Hätten wir Regierungsverantwortung, wir wären längst in der Planung für eine solche Brücke. Nun hat die SPD seit 25 Jahren Regierungsverantwortung, und die Brücke wurde nicht gebaut. Selbst in der Zeit der absoluten SPD-Mehrheit nicht. Im Übrigen ist in den Wahlprogrammen von SPD und FDP nicht die Rede von einer kommunalen Brücke. Für uns gilt: Wir wollen diese Brücke, rechtssicher, lieber heute als übermorgen. Deshalb hat ja Herr Wissing, um rechtliche Klarheit zu haben, ein Gutachten beim Landesrechnungshof in Auftrag gegeben, wer der Träger sein müsse. Ergebnis ist: Die Brücke gehört in Landes- statt Kommunalträgerschaft. Worauf wartet er noch? Eine Kommune kann doch nicht – entgegen einem Gutachten des Landesrechnungshofs – sagen: Ich mache das trotzdem, auf meine Kosten. Wenn die Regierung die Brücke wirklich will, warum streitet sie dann mit den Kommunen über die Trägerschaft?
Es ist natürlich etwas müßig zu sagen, die SPD habe 25 Jahre Zeit gehabt und nichts getan, immerhin hat die CDU 40 Jahre davor auch keine Brücke gebaut.
Die Pendlerströme und den Wirtschaftsraum von vor 30 Jahren kann man fairerweise nur schwer mit der heutigen Situation und Dringlichkeit vergleichen. Und in der vergangenen Legislaturperiode ist der fortgeschrittene Plan sogar unter SPD-Führung wieder eingestampft worden.
Und wie soll es Ihrer Meinung nach jetzt weitergehen?
Wenn objektiv zwar der Ball beim Land liegt, will die CDU dennoch helfen, dass die Brücke kommt und die Landesregierung über ihren Schatten springen kann. Der Landesrechnungshof hat einen guten Vermittlungsvorschlag gemacht: Lasst uns mit der Planung starten und im Laufe des Verfahrens klären, wer Träger ist. Marlon Bröhr hat sich dazu bereit erklärt. Das ist ein Entgegenkommen. Ich sehe keinen Grund, warum das Land sich jetzt noch zieren sollte. Es sei denn, wegen der Grünen oder mangelnden Geldes kriegen sie die Brücke nicht hin.
Das Land hat doch angeboten, mit 80 Prozent Zuschuss einen Großteil dieser Kosten zu übernehmen.
Es geht aber um die gebotene Trägerschaft und damit um die nicht absehbaren Unterhaltungskosten.
Wie kann man den Streit beenden?
Wenn jeder die Brücke will, dann ist der Kompromissvorschlag doch prima. Nicht weiter Zeit verstreichen lassen, sondern beginnen und dann klären, wer der Träger ist. Es sei denn, es gibt in der Koalition mit den Grünen eine Nebenabsprache, von der wir nichts wissen.
Was schlagen Sie als nächsten Schritt vor?
Es liegt ein Kompromissvorschlag vor, dass man das Raumordnungsverfahren gemeinsam in Auftrag gibt und die Frage, ob es eine kommunale oder eine Landesbrücke wird, zunächst offen lässt. Dafür müssen das Land und beide Kreise an einen Tisch. Der Rhein-Hunsrück-Kreis mit Landrat Bröhr ist dazu bereit, die CDU Rhein-Lahn ebenfalls.
Landrat Bröhr ist also bereit, das Verfahren mit Rhein-Lahn-Kreis und Land in Auftrag zu geben?
Herr Bröhr ist bereit, sich auf Anregung der Bürgerinitiative mit an den Tisch zu setzen und nach Lösungen zu suchen. Nach den vorliegenden Gutachten ist erst einmal das Land am Zug. Es kann doch nicht sein, dass Herr Wissing sagt, wir geben das nur in Trägerschaft der Kommunen in Auftrag. Da ist keinerlei Bereitschaft zur Bewegung.
Herr Bröhr würde einer kommunalen Trägerschaft zustimmen, sollte im Laufe des Verfahrens juristisch festgestellt werden, dass mehr für eine kommunale Brücke spricht?
Anders als die Landesregierung ist er nicht der Meinung, dass man so lange Gutachten in Auftrag gibt, bis das rauskommt, was man gern hätte. Wenn juristisch rauskäme, die Kommune sei der Träger, dann muss man das akzeptieren. Das muss allerdings mit einem umgekehrten Ergebnis dann auch für das Land gelten. Ich habe den Eindruck, die Regierung traut sich aus diesem Grund nicht an die juristische Klärung ran und lässt unnötig Zeit verstreichen.
Das Gespräch führten Andreas Jöckel und Tobias Lui