Sogar Stadtoberhäupter stellen mitunter – nennen wir es einmal – überflüssige Fragen. Den lebenden Beweis dafür lieferte jüngst der Nassauer Stadtchef höchstpersönlich. „Seid ihr noch gut drauf?“, wollte Manuel Liguori bei der Begrüßung zum Familienkonzert des Frankfurter Kinderliedermacherfestivals (FKLMF) vom zahlreich erschienenen jungen Publikum wissen. Natürlich waren sie noch gut drauf, sehr gut drauf sogar – was an dem laut durch die Stadthalle schallenden „Jaaaaa!“ unmissverständlich zu erkennen war.
Schließlich ist das Kinderliedermacherfestival, das an seinem Hauptsitz in Frankfurt am Main vor mittlerweile 22 Jahren an den Start gegangen ist und mit seiner Singhofener-Nassauer Dépendance seit immerhin neun Jahren auch an der Lahn tiefe Wurzeln geschlagen hat, nicht nur eine pädagogisch wertvolle Angelegenheit, sondern macht vor allen Dingen auch jede Menge Spaß. Womit wir auch schon (fast) beim Motto des diesjährigen Spektakels wären: Nach dem „Feste-Feiern“ in der Jubiläums-Edition 2023 und der „Daddelpause“ im vergangenen Jahr stand dieses Mal die „Freude“, dieses positive Lebensgefühl, das innerlich stärkt und Kraft gibt, ganz im Mittelpunkt.
Gründer hat einen passenden Song geschrieben
Wie immer hatte Georg Feils alias „Ferri“, der Gründer und künstlerische Leiter des Frankfurter Kinderliedermacherfestivals, exklusiv einen dazu passenden Song geschrieben. „Was macht dich happy, glücklich, froh? Ein ganzer Sack voller Gummibären? Ein Wolkenblau im Himmelgrau? Sag mir wo, sag mir wie, sag mir was!“, hieß es unter anderem in dem fröhlichen Eröffnungslied, mit dem die All-Star-Band in der Nassauer Stadthalle an den Start ging. All-Star-Band? Die hat jedes Jahr eine andere Besetzung und bestand dieses Mal aus der Wiener Kinderliedermacherin Kiri Rakete, ihrer Kölner Kollegin Anna Stijohann und Klaus Foitzik aus Billerbeck („Aus Budapest“ kündigte ihn der geografisch ein wenig desorientierte Ferri an). Und aus „Ferri“ selbst natürlich: Georg Feils, der seinen Künstlernamen logischerweise von Kindern verliehen bekommen hat, ist auch Vorsitzender des veranstaltenden Trägervereins „Musik macht kleine Menschen groß“.

Genau auf dieses Ziel, kleine Menschen mit Musik ein Stückchen „größer“ zu machen, sie an das Musikhören und Musizieren heranzuführen und dabei ganz „nebenbei“ auch ihr Gemeinschaftsgefühl zu stärken, hatten seine Kinderliedermacher-Kollegen und er die Woche über bei intensiven Workshops in der Freiherr-vom-Stein-Grundschule in Nassau sowie der Erich-Kästner-Schule, Oranienschule und Grundschule am Windrad in Singhofen hingearbeitet – ein spielerisch umgesetztes, gleichwohl aber auch mit pädagogischem Anspruch verbundenes Unterfangen, das unter der Schirmherrschaft von Verbandsgemeinde-Bürgermeister Uwe Bruchhäuser stand und durch die finanzielle Unterstützung des Bildungspakts Nassau erst möglich wurde. Besagte Workshops mündeten in Schulkonzerte, in denen die Nachwuchsmusiker ihr Können präsentierten. Zusätzlich zu den Auftritten in der Mehrzweckhalle Singhofen und der Stadthalle Nassau, die von Anfang an geplant waren, sei es kurzfristig möglich gewesen, in der Erich-Kästner-Schule ein weiteres Schulkonzert auf die Beine zu stellen, berichtete Birgit Klaiber, die die hiesigen FKLMF-Veranstaltungen koordiniert, im Gespräch mit unserer Zeitung: „Das ist fantastisch angenommen worden.“
Stadthalle restlos ausverkauft
Und jetzt also das öffentliche Familienkonzert in der restlos gefüllten Nassauer Stadthalle, in der sonst selten ein so quirliges Gewusel herrschen dürfte. „Was macht dich happy, glücklich, froh?“ – keine Frage: Hier kam es auf das Dabeisein, Mitmachen, Aktivwerden an. Was sich weder die zahlreichen Kinder im Saal noch die Erwachsenen zwei Mal sagen ließen: Da wurde mitgesungen und -geklatscht, in die Höhe gehüpft, die Arme im Rhythmus der Musik durch die Luft geschwungen und mit den Händen Herzen geformt, dass es eine Wonne war. So zum Beispiel bei Kiri Rakete, die im sogenannten wirklichen Leben Kerstin Ragette und damit irgendwie ähnlich wie mit ihrem Künstler-Pseudonym heißt: Nicht nur ihr Lied „Lebensfreude“, sondern auch ihre anderen Nummern, darunter der immer schneller und wilder werdende „Baustellen“-Song brachten das Publikum ordentlich in Bewegung. Aber auch die anderen Beiträge gingen wie die Rakete ab. Etwa bei Klaus Foitzik, dem Mann am Schlagzeug und mit quietschgelber Ente auf der Brust: Er trieb den Stimmungspegel unter anderem mit seinem „Zappelaffen“, dem „Krampf in der Zunge“ und seiner „Zi-Za-Zauberbrille“, die die nicht immer wirklich schöne Welt auf wundersame Weise in einem positiven Licht erscheinen lässt, in die Höhe. Oder Anna Stijohann, die Frau am Piano und in Ringelstrümpfen: Sie haute das Publikum unter anderem mit ihrem „Supergirl“, das nicht nur gestrandete Wale vor dem Verenden, sondern auch vom Tod bedrohte Menschen aus einem brennenden Haus rettet, aus den Socken.

Die ausgesprochen fetzige, stellenweise jazzig anmutende instrumentale Begleitung, bei der auch reichlich Kontrabass-Klänge (Ferri) und Gitarren-Sound (Kiri Rakete) zu hören waren, tat ihr Übriges dazu, dass dieses Familienkonzert als eines der dynamischsten in die Geschichte des Kinderliedermacherfestivals eingehen dürfte. Nicht zu vergessen natürlich die tonArt-Kids: Bereits zum dritten Mal bereicherte die „Nachwuchsabteilung“ des Nassauer Chors tonArt die Kultveranstaltung. Die vier- bis sechsjährigen Singmäuse unter der Leitung von Monika Bär und der von Sabine Lucas geleitete Kinderchor mit seinen etwa sechs- bis zehnjährigen Mitgliedern, die bei etlichen Songs kräftig mitsangen und die Liedinhalte mit einer kleinen Choreografie untermalten, setzten dem ohnehin schon beschwingten Spektakel das ultimative i-Tüpfelchen auf.

Nur ganz am Ende wurde es dann auf einmal ganz leise: Mit Ferris wunderschöner, poetischer FKLMF-Hymne „Leise Töne, leise Lieder“ klang das turbulente Mitmach-Familienkonzert der Tradition entsprechend nachdenklich aus.