Grüner, schöner, fahrradfreundlicher und klimaresilienter: Wie die Rheingemeinde sich in einer zweijährigen Bauphase verändern will
Kestert bekommt ein neues Gesicht: B42 muss in Bauphase zeitweise gesperrt werden
Es gibt schon einen parkähnlichen Bereich im südlichen Bereich von Kestert. Der Baumbestand soll, so weit es möglich ist, erhalten bleiben.
Mira Zwick

Kestert. (Fast) nichts bleibt wie es ist in Kestert: Das komplette Rheinufer wird in den kommenden Jahren umgestaltet. Der Rheinradweg wird fortgeführt und die B 42 saniert, Verbindungen zwischen Ortskern Rhein hergestellt, die Aufenthaltsqualität am Ufergelände und das Ortsbild verbessert. Das wird nicht ohne Einschränkungen für den Verkehr einhergehen.

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„Grob geschätzt fünf Jahren geplant, drei Jahre gewartet, und nun wird es bald innerhalb von zwei Jahren umgesetzt“, fasst es Kesterts Ortsbürgermeister Uwe Schwarz mit sichtlicher Vorfreude zusammen. Doch all das wird nicht ohne Beeinträchtigungen für die Verkehrsteilnehmer geschehen: Überwiegend einspurig wird der Verkehr während der Bauphase durch Kestert geleitet, aber auch eine Vollsperrung der B 42 für etwa ein halbes Jahr steht bevor.

Jüngst erhielt die Gemeinde die Zusage für eine 85-prozentige Bundesförderung in Höhe von mehr als 1 Million Euro aus dem Programm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“. „Das ist wie ein Lottogewinn“, sagt Uwe Schwarz im Gespräch mit unserer Zeitung. Weitere rund 10 bis 12 Millionen Euro investiert der Landesbetrieb Mobilität in den Radwegebau und die Sanierung der B 42 in der Ortslage. Maßnahmen, die dringend notwendig sind, stammen das windschiefe Metallgeländer zum Rhein hin und Bordsteinkanten aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, wie Schwarz bei einem Spaziergang entlang des Rheinufers erzählt und historische Fotos belegen.

Auf einem sieben Meter langen Plan sind die Ideen zur Ufergestaltung zusammengefasst.
Mira Zwick

Aufgrund der Topografie und der Enge im Tal birgt die Neugestaltung jedoch auch einige Herausforderungen. „Aber wir versuchen, mit der wenigen Fläche, die wir haben, was Gutes zu gestalten“, erzählt Schwarz. Was im Ratssaal auf einem sieben Meter langen Plan sehr reduziert und systematisch anmutet, wird beim Gang entlang des 1,2 Kilometer langen Ufers durch Schwarz' Beschreibungen sehr plastisch und lebendig.

Die komplette Uferfront Kesterts wird neu gestaltet. Dies wird im Zuge des Radwegebaus passieren, für den der Landesbetrieb Mobilität (LBM) verantwortlich zeichnet. Dies sei auf der einen Seite sehr gut, „da viele kostenträchtige Anteile wie Stützmauern et cetera vom LBM getragen werden“, berichtet Schwarz, auf der anderen Seite muss die Gemeinde warten, bis der LBM eben mit dem Radwegebau beginnt: „Das passiert nun dieses Jahr – vielleicht auch dank der Buga“, sagt Schwarz. Denn bis zu diesem Event soll auch in Kestert alles schick sein, die Ufergestaltung ist auch ein offizielles Buga-Projekt, auch wenn es nicht finanziell durch die Buga GmbH unterstützt wird, betont Schwarz. Doch was genau ist in Kestert geplant?

Nördlicher Ortseingang: Aus Richtung Kamp-Bornhofen kommend, wird der Fahrradweg auf den ersten etwa 400 Metern direkt entlang der B 42 weiterführen. Um Platz zu gewinnen, geschieht dies über Auskragungen, der Radweg wird quasi wie ein Balkon Richtung Rhein an die Straße gehangen. Ab dann bekommt die B 42 eine Stützmauer und der Radweg wird zum Rhein hin abgesenkt – „die Menschen bekommen dann nichts mehr von der B 42 mit“, beschreibt Schwarz die Planung des höhenversetzten Radwegs, der sich auf diesem Niveau bis zur Obergasse fortsetzt. Dadurch werde auch Retentionsraum gewonnen, ein großes Plus bei der Hochwasservorsorge – „wir schaffen mehr, als wir verlieren“, zieht Schwarz eine positive Bilanz.

Lange schon wünschen sich die Kesterter wieder eine bessere Verzahnung des Ortes mit dem Rheinufer. Nun steht die Erfüllung kurz bevor. Schon bald beginnen die Arbeiten zum Radwegebau und Uferneugestaltung entlang der B 42. Der Bereich am Schiffsanleger bekommt eine großzügige Sitztreppe und wird künftig barrierefrei eirreichbar sein.
Planungsbüro Bierbaum-Aichele/Ortsgemeinde Kestert. Planungsbüro Bierbaum-Aichele/Or

Rund um den Schiffsanleger: Der Bereich am Schiffsanleger wird dann ein erster zentraler Punkt in der Uferneugestaltung. Er wird barrierefrei umgebaut, wofür die bestehende Rampe etwas abgeflacht werden muss. Zudem wird eine Sitzstufenanlage gebaut, die auch als Wartebereich für die Gäste der Ausflugsschiffe dienen soll. Der Fahnenmast bleibt erhalten, wird aber versetzt. Um gefahrlos zum Rheinufer zu kommen, wird zum Schiffsanleger ein Fußgängerüberweg eingerichtet.

Mittlerer Bereich: Auch etwa in der Ortsmitte ist eine barrierefreie Rampe zum Rhein hin geplant. Diese führt zu einer Sitzstufenanlage, die zum Verweilen einlädt. Generell wird über die komplette Strecke der tiefer liegende Bereich durch mehrere Rampen und Treppenanlagen erschlossen, damit eine bislang fehlende Verzahnung des Ortes mit seinem Ufer umgesetzt werden kann. Dafür werden die Gassen zum Rhein hin als Verbindungsachsen aufgenommen. Zudem werden auch alle Rampen zu den Kiesbetten erhalten bleiben, die gerade in den Sommermonaten eine hohe Anziehungskraft haben, betont Schwarz.

Es gibt schon einen parkähnlichen Bereich im südlichen Bereich von Kestert. Der Baumbestand soll, so weit es möglich ist, erhalten bleiben.
Mira Zwick

Südlicher Ortseingang: Ungefähr auf der Höhe der Obergasse beginnt der Bereich, an dem der Fahrradweg Richtung St. Goarshausen wieder auf das Niveau der B 42 ansteigen und vis-á-vis zum Fluss weitergeführt wird. An Kesterts südlichem Ende gibt es bereits eine Grünfläche mit einem schönen Baumbestand, der möglichst erhalten bleiben soll, betont Schwarz. „Nur die Bäume, die im Weg sind, müssen weichen, dafür werden neue gepflanzt“, versichert er. In diesem Bereich werden neue Bankgruppen aufgestellt.

Flächen entsiegeln und begrünen: Der Uferbereich entlang der B42 in Kestert wird in den nächsten Jahren komplett umgestaltet.
Planungsbüro Bierbaum-Aichele/Ortsgemeinde Kestert. Planungsbüro Bierbaum-Aichele/Or

Entsiegelung der Flächen und Bepflanzung: Weiter in Richtung Süden gibt es noch eine Rampe für die Feuerwehr, die zwar erhalten bleibt, aber auch entsiegelt wird. Das gilt im Übrigen für die komplette Strecke durch Kestert: Der flussseitige Bürgersteig wird komplett abgerissen, durch eine Stützmauer mit Geländer ersetzt und der Bereich weitestgehend entsiegelt. Zudem werden Hecken und schmalkronige Bäume gepflanzt, die für ein angenehmes Klima und als Filter für den Ort dienen sollen. Immer wieder sollen zusätzlich zu den größeren Sitzbereichen kleine Sitzplätze entlang des Ufers zum Verweilen einladen.

B 42, Verkehrseinschränkungen und Parkplätze: Die B 42 durch Kestert wird im Zuge der Arbeiten ebenfalls komplett erneuert, berichtet Schwarz. Am südlichen Ortseingang wird eine Insel, am nördlichen Ortseingang eine Verschwenkung gebaut, um die Geschwindigkeit der Autofahrer in der Ortslage zu drosseln. Gleichzeitig wird im nördlichen Bereich ein Bürgersteig eingerichtet. Die Gelegenheit wird zudem auch dazu genutzt, die Ortseingänge neu und grüner zu gestalten und zu attraktivieren. All dies wird natürlich nicht ohne Einschränkungen für den Autoverkehr geschehen. Viele der Arbeiten können bei einspurigem Verkehr mit Ampelregelung durchgeführt werden.

Doch der Bau des Radwegs im nördlichen Bereich ist nur unter Vollsperrung der B 42 möglich, da dazu bis unter die bergseitige Fahrbahn gebohrt werden muss. Schwarz geht von einer fünf- bis sechsmonatigen Vollsperrung der B 42 im zweiten Halbjahr 2025 aus – zeitgleich mit der Sperrung in Osterspai. Zu dieser Zeit wird eine Umleitung eingerichtet, aber auch der Hochwassernotweg über Oberkestert Richtung Prath freigegeben. Zudem werde für Kesterter mit Fahrtziel Koblenz ein Parkplatz nördlich der Baustelle eingerichtet. Apropos Parkplätze: Durch die Maßnahmen fallen langfristig in der Ortsgemeinde entlang der B 42 drei Stellplätze für Pkw weg, dafür wird am südlichen Ortsausgang ein neuer, weitgehend unversiegelter Parkplatz mit zwölf Stellplätzen entstehen.

Finanzierung: Die Maßnahmen der Gemeinde beziffert Schwarz mit einem Bauvolumen von rund 1,25 Millionen Euro. Der Zuschuss aus dem Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“ beträgt 85 Prozent. Die Bürgerstiftung Kestert hat angekündigt, 5 Prozent der Baukosten zu übernehmen, sodass ein Gemeindeanteil von 10 Prozent der Baukosten verbleibt. Weitere etwa 10 bis 12 Millionen Euro investiert der LBM in den Radwegebau.

Von Mira Zwick

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