Deshalb könnten Lieferengpässe für Geräte den Plänen fürs Goethe-Gymnasium einen Strich durch die Rechnung machen
Keine Lüftungsgeräte mehr wegen Lieferengpässen? Kreis Rhein-Lahn steckt in der Zwickmühle
Ob am Goethe-Gymnasium in Bad Ems, einer von 14 Einrichtungen in Trägerschaft des Kreises, Lüftungsgeräte eingebaut werden, entscheidet sich in der nächsten Sitzung des Kreistags am 26. September. Die Aussichten sind schlecht. Lieferschwierigkeiten bei Anlagen passen nicht zu den Bewilligungszeiträumen des Bundes. Foto: Markus Eschenauer
Markus Eschenauer

Der Kreis steckt in einer Zwickmühle: Entweder er entscheidet sich dafür, den Auftrag für den Einbau von Lüftungsgeräten am Goethe-Gymnasium aufzulösen, was in gewisser Weise einem eigenen Beschluss entgegensteht. Oder er hält an dem Auftrag fest und geht das Risiko ein, am Ende auf Fördermittel verzichten und die Maßnahme komplett allein bezahlen zu müssen. Dabei geht es nicht nur um mehr als 300.000 Euro, sondern auch einen möglichen Präzedenzfall. Aber erst noch einmal einen Schritt zurück.

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Ob am Goethe-Gymnasium in Bad Ems, einer von 14 Einrichtungen in Trägerschaft des Kreises, Lüftungsgeräte eingebaut werden, entscheidet sich in der nächsten Sitzung des Kreistags am 26. September. Die Aussichten sind schlecht. Lieferschwierigkeiten bei Anlagen passen nicht zu den Bewilligungszeiträumen des Bundes. Foto: Markus Eschenauer
Markus Eschenauer

Als erstes Thema bei der Sitzung des Kreisausschusses am Montagmorgen stand die Luftreinigung in Kreisschulen auf der Tagesordnung. Die grundsätzliche Entscheidung, „sukzessive die Kreisschulen perspektivisch, bedarfsorientiert und nach Einzelfallprüfung mit stationären Lüftungsanlagen auszustatten“, hatte das Gremium in einer Sitzung vor ziemlich genau einem Jahr, am 13. September 2021, getroffen. Für die Umsetzung an den 14 kreiseigenen Schulimmobilien stellte der Kreis jeweils einen separaten Förderantrag. Diese wurden vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) mit Schreiben vom 28. September 2021 bewilligt.

Plan ging nicht auf

Ursprünglich war vorgesehen, Klassenräume der Erich Kästner-Schule in Singhofen, des Wilhelm-Hofmann-Gymnasiums in St. Goarshausen sowie der Realschule plus/Fachoberschule im Einrich in Katzenelnbogen im Jahr 2022 mit den Lüftungsgeräten auszustatten. Doch der Plan ging nicht ganz auf.

Während die Montage der Geräte in der Erich Kästner-Schule wahrscheinlich bis Ende 2022 abgeschlossen sein wird, wie es in der Sitzungsvorlage heißt, habe das Submissionsergebnis für Katzenelnbogen weit über den geschätzten Kosten von rund 350.000 Euro gelegen. Das Ausschreibungsverfahren wurde aufgehoben. Das Wilhelm-Hofmann-Gymnasium wurde wegen der bekannt gewordenen Schäden und dem deshalb anstehenden Teilneubau von der Liste genommen. Das Goethe-Gymnasium rückte zwar nach, steht nun aber vor demselben Problem wie die Schule in Katzenelnbogen. Im Einrich wurde auf eine erneute Ausschreibung verzichtet, da sich die Umsetzung der Leistungen voraussichtlich außerhalb des Bafa-Bewilligungszeitraums befindet. Was heißt das konkret?

Bund gibt Geld nur bis 9. Juni 2023

Der Bewilligungszeitraum für die Umsetzung der Lüftungsmaßnahmen endet am 30. September. Eine einmalige Verlängerung für alle Anlagen wurde bereits beantragt und bis zum 9. Juni 2023 gewährt. Mit Blick auf die Liefertermine wird allerdings auch das knapp, wie Marcel Driesch, Leiter der Abteilung Zentrales Grundstücks- und Gebäudemanagement, im Kreisausschuss erläuterte. Die beauftragte Firma habe Ende zweites Quartal des kommenden Jahres genannt. Das wäre nach Ablauf des Bewilligungszeitraums, wodurch der Kreis auf den Kosten sitzen bleiben würde.

Bei einer Förderung von 80 Prozent und einem Ausschreibungsergebnis allein für die Lüftungsgeräte von 307.882,48 Euro wären das 246.305,98 Euro, mit denen der Kreishaushalt zusätzlich belastet würde. Ob sich gemeinsam mit der Firma noch irgendwelche Möglichkeiten bieten, doch noch früher fertig zu werden, will Driesch kurzfristig prüfen, große Aussichten auf Erfolg sieht er aber nicht unbedingt. „Es sind keine Geräte mehr am Markt“, machte er deutlich, alles sei abgegrast, weil überall die Bafa-Förderung in Anspruch genommen werde. Dennoch: „Es muss eine Entscheidung fallen“, betonte Driesch.

In einer Sache waren sich die Mitglieder des Kreisausschusses einig und folgten der aktualisierten Beschlussvorlage auch einstimmig. „Aufgrund diverser globaler Ereignisse und der damit verbundenen Materialknappheit werden keine weiteren Lüftungsgeräte im Zuge der derzeitigen Bafa-Förderung an den Schulen umgesetzt.“ In der Frage, ob der Auftrag für den Einbau am Goethe-Gymnasium aufgelöst werden soll, gab es hingegen durchaus unterschiedliche Ansichten.

„Es wäre ein Präzedenzfall, den wir hier schaffen würden.“

Carsten Göller (SPD)

„Wir sollten das Risiko eingehen“, sagte Alexander Heppe (AfD) und verwies auf die Vorteile der Anlagen. Falls der Kreis die Kosten komplett selbst übernehmen müsste, könnte die Haushaltskommission Einsparmöglichkeiten ermitteln. Als so einfach erachteten es Vertreter anderer Fraktionen nicht. Angesichts der Haushaltssituation sei das Risiko zu hoch, erklärte Carsten Jansing (Bündnis 90/Die Grünen). Im Zusammenhang mit den Kosten verwies Carsten Göller auf einen weiteren – möglicherweise schwerwiegenden – Aspekt. „Es wäre ein Präzedenzfall, den wir hier schaffen würden“, betonte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Das müsse jedem klar sein, mahnte auch Landrat Jörg Denninghoff. „Wenn wir am Goethe-Gymnasium ohne Fördermittel Luftreiniger einbauen, könnten andere Einrichtungen ebenfalls Ansprüche erheben. Diese Diskussion möchte ich nicht führen“, lauteten Denninghoffs deutliche Worte.

Kreistag fällt endgültige Entscheidung am 26. September

Die Abstimmung wurde vertagt und soll nun am 26. September in der Kreistagssitzung erfolgen. Noch länger zu warten, davon riet Abteilungsleiter Driesch vehement ab, weil sich dann alles noch mehr nach hinten verschiebt. „Wir hoffen, dass wir bis dahin neue Erkenntnisse haben“, sagte der Landrat. Ob die für die Arbeiten beauftragte Firma noch eine Lösung findet, oder sich sogar der Bewilligungszeitraum der Bafa-Förderung ein weiteres Mal verlängert, wird sich zeigen. Die Aussichten stehen, das wurde in der Diskussion deutlich, schlecht.

Trotzdem waren sich die Fraktionen einig, Druck aufzubauen. „Wir sollten weiterhin fordern, in den Genuss der Fördermittel zu kommen“, sagte Jens Güllering (CDU), übte Kritik an Förderprogrammen und reagierte gleichzeitig auf Äußerungen, Gelder würden „liegen gelassen“. Die Kommunen bemühten sich nach Kräften, die Mittel auch abzurufen, aber gleichzeitig gebe es Fristen, die utopisch sind. „Vom Grundsatz her sollten wir weiterarbeiten.“ Dem stimmte Mike Weiland, Verwaltungschef an der Loreley und Denninghoffs Nachrücker im Kreisausschuss, bei. Das Problem mit dem Bewilligungszeitraum und den Lieferterminen werde nicht nur den Kreis, sondern auch die Verbandsgemeinden treffen, prognostizierte der Bürgermeister.

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