Stromausfall kein Hindernis
Katzenelnbogen: Hitze lässt Ritter improvisieren
Auch ohne funktionierende Lautsprecher kamen die „Duelle" des Ritterturniers zustande.
Johannes Koenig

Es waren zwar wahrscheinlich nicht die „heißesten“ Catzenelnbogener Ritterspiele: Die Temperaturen waren aber recht knackig. Dennoch präsentierten sich Teilnehmer und Besucher in bester Laune. 

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„Improvisation ist das halbe Leben.“ An diesen Spruch mögen sich am Samstag manche Besucher der Catzenelnbogener Ritterspiele erinnert haben, als vor dem ersten Turnier des Tages die Tontechnik ihren Geist aufgab. „Wegen der Hitze“, so die Erklärung. Ein Handicap, das die Darsteller durch beherztes lautes Rufen ausglichen, und so gelang es ihnen, die Geschichte rund um den Catzenelnbogener Grafen Dieter fast vollständig auf den Turnierplatz zu bringen. Dabei musste Graf Dieter sich Jahrzehnte nach einem überhasteten Ritterschlag immer noch gehässigen Kommentaren seiner Standesgenossen erwehren. Um Zweiflern an seinen ritterlichen Fähigkeiten ein für alle Mal den Wind aus den Segeln zu nehmen, berief er ein Turnier ein. Aus diesem ging er „natürlich“ siegreich hervor: „Schließlich sind wir hier in Katzenelnbogen, da muss der Graf auch gewinnen“, ließ sich nach dem Turnier Teilnehmerin Yvonne Legetth in die Karten schauen.

„Wir verzichten auch schon länger in unseren Geschichten auf Stereotypen wie den Schönen, den Bösen oder den Betrunkenen.“
Yvonne Legetth über die Handlung ihrer Ritterturniere

Dessen Sieg kam auch zustande, weil ihr Charakter mitten im Turnier überraschend das Handtuch warf und zurücktrat. Angeblich aus Frust über den schleppenden Verlauf des Wettkampfs, tatsächlich aber musste auch da improvisiert werden. Denn das Pferd ihres „Gegners“ riss beim Turnier wiederholt den Kopf hoch, sodass das Risiko, das Tier versehentlich mit der Lanze zu verletzen, zu groß war. „Und da Frauen ja auch nicht immer gewinnen müssen“, so die augenzwinkernde Erklärung, trat sie zurück. „Wir verzichten auch schon länger in unseren Geschichten auf Stereotypen wie den Schönen, den Bösen oder den Betrunkenen“, schob Legetth noch eine weitere Erklärung nach, warum sie diesmal in den sauren Apfel gebissen hatte.

Noch nie enttäuscht

Das Publikum hatte jedenfalls seinen Spaß. Unter den Zuschauern waren auch Björn und Sarah aus Bad Schwalbach. Mit ihren Töchtern Nora und Diana wollten sie sich das Turnier nicht entgehen lassen. „Denn wir wurden hier noch nie enttäuscht“, betonte Sarah. Nie hätten sie beim Nachhauseweg bisher gedacht: „Die Geschichte, die taugte aber nichts.“ Großes Lob gab es auch für das Kinderprogramm, das die Organisatoren von Fogelvrei Produktionen rund um den Spielplatz an der Weiherwiese konzentriert hatten. Großer Vorteil der Platzwahl: Der Spielplatz lag schön im Schatten. Für die Norddeutschen von Fogelvrei ist es nun bereits der zweite Aufschlag in Katzenelnbogen. Waren sie vergangenes Jahr quasi noch „in letzter Minute“ eingesprungen, konnten sie diesmal ihre eigenen Konzepte stärker verwirklichen.

Das Zeltlager ist seit jeher einer der Schwerpunkte der Catzenelnbogener Ritterspiele.
Johannes Koenig
Auf dem Marktplatz herrschte reger Betrieb.
Johannes Koenig
Der Graf von Katzenelnbogen siegte im Turnier.
Johannes Koenig
Nach den Grußworten und noch vor dem Bierfaßanstich hatte die Bauchtanzgruppe ihren ersten kurzen Auftritt.
Johannes Koenig
Zur feierlichen Eröffnung zogen die Lagergruppen zur Marktbühne auf der Weiherwiese.
Johannes Koenig
Schwerter sind fester Bestandteil der Mittelalterszene.
Johannes Koenig
Die Zufahrt zum Turnierplatz wurde durch einen Lkw gesichert.
Johannes Koenig
Der ehemalige VG-Bürgermeister und jetzige Vorsitzende des Verkehrsvereins, Harald Gemmer, stand mit Gewandung am Info-Stand des Vereins.Der rote Löwe mit blauer Zunge ist wohl das authentische Wappen der Katzenelnbogener Grafen.
Johannes Koenig
Trotz der Hitze war das Turnier gut besucht.
Johannes Koenig
Nicht zum ersten Mal: Die Gehilfen der Ritter geraten sich in die Haare.
Johannes Koenig
Insbersondere das blaugewandete Pferd fiel durch sein Temperament auf.
Johannes Koenig
Die Geschicklichkeitsübungen auf dem Pferd sind fester Bestandteil eines Ritterturniers.
Johannes Koenig
Das Zeltlager ist seit jeher einer der Schwerpunkte der Catzenelnbogener Ritterspiele.
Johannes Koenig
Manche der eingesetzten Pferde waren temperamentvoller als andere.
Johannes Koenig
Zu Beginn des Turniers brachten sich die Reiter samt Helfer in Position.
Johannes Koenig
Egal wie schweißtreibend die Temperaturen: Showkampf in voller Rüstung gehört einfach zum Programm.
Johannes Koenig
Mit fliegenden Fahnen: Der Einzug der einzelnen Ritter war was fürs Auge.
Johannes Koenig
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„Die Trennung zwischen Markt und dem Ritterlager ist diesmal noch ein bisschen konsequenter“, so Vogelfrei-Chef Johannes Faget, der ansonsten über die sehr gute Zusammenarbeit mit Stadt und Behörden und die pannenfreien Lagervorbereitungen schwärmte. Ein altes „Übel“ kam aber bei der feierlichen Eröffnung dann doch noch zum Vorschein. „Wer von hier aus Katzenelnbogen ist, der hebe die Hand“, rief Faget von der Bühne herunter. Einschließlich der neben ihm stehenden Stadtbürgermeisterin Petra Popp gingen in der Menge etwa sechs Hände hoch. Was den Eindruck bestätigte, dass die Catzenelnbogener Ritterspiele eher etwas für Leute „von außerhalb“ sind. Ein Trend, dem der „Mittelalter-Profi“ entgegenwirken möchte.

Lagerzelt aus dem Wohnzimmer

Ganz bewusst in den Einrich gereist waren die zahlreichen Händler. Unter ihnen zum Beispiel Werner Müller aus dem Saarland, der auch in seinem Verkaufsstand nächtigte. „Mein Hobby ist die Schrift“, erzählte der ehemalige Beamte. So bietet er freihändig beschriftete Lederbänder oder auch Schieferplatten an. „Alles wasserfest und UV-resistent“, so die Info. Aus Oberfranken war wiederum der „Stoffdealer“ angereist, der selbstproduzierte Stoffe für Gewandungen anbietet. Bevorzugt angesteuert werden Märkte, die ein eigenes Ritterlager haben. Denn dort sitzen die Kunden, wie zum Beispiel die beiden „Offheimer Bären“, Nils und Sarah. Deren Anfahrtsweg war von Limburg-Offheim aus zwar überschaubar lang, Aufwand hatten sie aber trotzdem: „Denn unser Zelt steht normalerweise im Wohnzimmer“, verriet Nils.

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