80 Jahre nach Kriegsende
Katzenelnbogen 1945 unter Beschuss: Zeitzeuge erzählt
Das Hotel Bremer am Fuß des Schlosses Katzenelnbogen, aufgenommen im Jahr 1950. Das Gebäude blieb bei den Angriffen auf die Stadt verschont.
Archiv Birgit Mielitz

Es sind Erinnerungen, die sich dem damals elfjährigen Heinz Wagner fest in den Kopf eingebrannt haben. Die Angriffe der Alliierten auf seine Heimatstadt zum Ende des Zweiten Weltkriegs führten zu großen Zerstörungen und Toten in Katzenelnbogen.

Der 25. März 1945 bleibt dem letzten Augenzeugen aus Katzenelnbogen, dem 90-jährigen Heinz Wagner, in intensiver Erinnerung. Heinz Wagner betrieb bis vor wenigen Jahren in der Aarstraße in Katzenelnbogen zusammen mit seiner Ehefrau ein Haushaltswarengeschäft. Sein Freund Eckehard Schmidt, mit dem er am 25. März 1945 unterwegs war, praktizierte nach seinem Studium als Zahnarzt bis zu seinem Tod in Katzenelnbogen. Beide Kinder waren damals etwa um 13.30 Uhr im Bereich des früheren Hotels Bremser, das Gelände der heutigen Nassauischen Sparkasse und Bäckerei Zorn, an der Einfahrt in die Untertalstraße unterwegs, als sie alliierte Jagdbomber (Jabos) hörten. Diese waren berüchtigt dafür, dass sie im Tiefflug mit Maschinengewehren auf alles schossen, was sich bewegte.

Flucht in die Stiftstraße

Beide zehnjährigen Jungen liefen unverzüglich in die nahe gelegene Stiftstraße, dort, wo heute das Einrichmuseum eingerichtet ist. „Bröckelnder Putz flog uns schon um die Ohren“, erinnert sich Heinz Wagner. Sein Freund Eckehard Schmidt flüchtete sofort ins Wohnhaus der Familie Zorn in eben jener Stiftstraße. Heinz Wagner lief weiter zum nächsten Haus, zu seinem Schulkameraden Karl Heuser. Der saß mit seiner Großmutter bereits zitternd vor dem Schuhschrank unter der Haustreppe. Die Mutter von Karl Heuser, Anna, war im Hof, als die Jagdbomber zu hören waren. Sie flüchtete auf das Plumpsklo im nahen Schuppen, wo sie das Ende des Angriffs abwarten musste.

Heinz Wagner erinnert sich an die letzten Tage des zweiten Weltkrieges. 80 Jahre ist es her. Er kann am 8. Mai, am Tag der Kapitulation Deutschlands, in diesem Jahr seinen 91. Geburtstag feiern.
Uschi Weidner

Schon Tage vorher wurden Aufklärungsflugzeuge der Alliierten von deutschen Einheiten aus der Nähe des Katzenelnbogener Schlosses beschossen. So war es auch nicht verwunderlich, dass dort eine Bombe abgeworfen wurde. Diese beschädigte jedoch das Haus von Ferdinand Biehl auf dem Römerberg schwer, nicht das Schloss Katzenelnbogen. Zwei Frauen wurden dabei getötet.

Auch mitten in der Stadt wurde durch Schüsse der Jagdbomber Schaden angerichtet. Richard Steup war in der Bahnhofstraße mit seiner Tochter unterwegs, als der Angriff kam. Er warf sich über seine Tochter, um diese zu schützen, und wurde selbst an den Beinen getroffen. Am Eckhaus der ehemaligen Nassauischen Sparkasse an der Bahnhofstraße/Aarstraße, dort wo später ein Blumengeschäft entstand, wurden die gewölbten Scheiben der Auslage zerstört.

Ende März 1945: Stadt unter Kontrolle der amerikanischen Streitkräfte

Willi Zorn war oberhalb des ehemaligen Amtsgerichts, zuletzt Verwaltungsgebäude der Verbandsgemeindeverwaltung, mit der Frühjahrsaussaat beschäftigt, als er die Flugzeuge bemerkte. Er geriet unter Beschuss, konnte sich aber in einem Graben in Sicherheit bringen. Allerdings beschädigten die Geschosse das angrenzende Wohnhaus von Oskar Bernhard in der angrenzenden Parkstraße schwer. Das Dachgeschoss brannte durch den Beschuss völlig aus.

Nur zwei Tage später griffen die Amerikaner die Stadt Katzenelnbogen erneut an. Mehrere Häuser mitten im Flecken wurden sehr stark beschädigt. Die amerikanischen Streitkräfte erwarteten großen Widerstand. An der Mohrmühle ausgangs der Stadt in Richtung Mittelfischbach befand sich eine deutsche Kampfgruppe, die Richtung „Dicke Buche“ schoss und selbst unter Beschuss geriet, was sechs Soldaten das Leben kostete. Um 13.30 Uhr am 27. März 1945 war die Stadt Katzenelnbogen schließlich unter der Kontrolle der amerikanischen Streitkräfte. Im Zentrum, rund um das Hotel Bremser, mussten viele Bürger ihre Häuser verlassen. Das Hotel selbst blieb bei den Angriffen verschont. Die Anwohner kamen für einige Tage bei Verwandten unter und durften lediglich zur Versorgung des Viehbestandes morgens und abends ihre Grundstücke betreten.

Am 8. Mai 1945, dem Tag der totalen Kapitulation, wurde Heinz Wagner elf Jahre alt, in diesem Jahr, an diesem denkwürdigen Tag, vollendet er sein 91. Lebensjahr.

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