Nur die Psychiatrie bleibt erhalten - 190 Mitarbeiter erhalten zum 1. März die Kündigung - Bestürzung in der Belegschaft
Kahlschlag im St.-Elisabeth-Krankenhaus: 190 Mitarbeiter erhalten Kündigung
Das Lahnsteiner Krankenhaus ist eine Institution in der Stadt: Erster Spatenstich war am 19. März 1963, die Einweihung am 29. Juni 1965.
Matthis Kolk

Lahnstein. Es sind Entscheidungen zur Zukunft des insolventen Lahnsteiner St.-Elisabeth-Krankenhauses gefallen. Entscheidungen, die für viele der rund 330 Mitarbeiter sehr schmerzhaft sind: Wie Geschäftsführer Claudius-David Walker und der Generalbevollmächtigten Moritz Handrup am Montag in einer Mitarbeiterversammlung erklärten, wird das Krankenhaus, 1965 gebaut, künftig nur noch aus einer Psychiatrie bestehen.

Das Lahnsteiner Krankenhaus ist eine Institution in der Stadt: Erster Spatenstich war am 19. März 1963, die Einweihung am 29. Juni 1965.
Matthis Kolk

Sämtliche anderen Abteilungen wie Innere Medizin, Kurzzeitpflege und Orthopädie werden geschlossen, 60 Prozent der Belegschaft verlieren ihren Arbeitsplatz. Eine Hiobsbotschaft für diese Menschen – und für die Gesundheitsversorgung des Kreises.

Mitarbeiter sind fassungslos

„Von jetzt auf gleich bricht meine Lebensgrundlage weg. Ich bin völlig fertig.“ Die langjährigen Mitarbeiter, die unsere Zeitung am Montagnachmittag gesprochen hat, waren unisono fassungslos über das, was ihnen kurz zuvor von Walker und Handrup verkündet worden war: Am Standort in Lahnstein wird es künftig nur noch die Klinik für Psychiatrie geben. Neuer Träger wird die Barmherzige Brüder Trier gGmbH (BBT). Geschlossen werden sollen die Innere Abteilung, die Chirurgie, das Zentrum für Enddarmerkrankungen, die Orthopädie, die Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, die Anästhesie sowie die Intensivstation. Auch die komplette Verwaltung muss gehen.

Von jetzt auf gleich bricht meine Lebensgrundlage weg. Ich bin völlig fertig.

Mitarbeiter des Krankenhauses

190 Mitarbeiter (von etwa 330) erhalten zum 1. März ihre Kündigung. „Mit 20 Personen soll vonseiten des neuen Trägers gesprochen werden, ob diese ein Interesse haben, im neuen Konstrukt zu arbeiten“, zitiert ein Mitarbeiter aus dem, was bei der Versammlung von der Geschäftsführung gesagt wurde. „Der blanke Hohn. Alle anderen bekommen die Kündigung.“ Auch die Inflationsprämie über 1500 Euro, zum 1. Juni eigentlich fest zugesagt, wird nicht ausgezahlt.

Mit diesem Kahlschlag scheint klar, dass das Sanierungskonzept von Interimsgeschäftsführer Claudius-David Walker und dem Generalbevollmächtigten Dr. Moritz Handrup gescheitert ist: Um eine Fortführungsperspektive für das St.-Elisabeth-Krankenhaus zu erreichen, planten beide „Veränderungen und Anpassungen des medizinischen Leistungsspektrums“, wie sie vor einigen Monaten gegenüber unserer Zeitung erklärten. Man wolle ein Krankenhaus der „altersmedizinischen Basisversorgung mit psychiatrischem Schwerpunkt“ schaffen, chirurgische Leistungen sollten nicht länger am Ort erbracht werden. Auf diese Weise wollte man „ein medizinisch und wirtschaftlich tragfähiges Sanierungskonzept“ finalisieren, beteuerten beide.

Katastrophe für Mitarbeiter und Region

Mit diesem Konzept gingen sie im Rahmen des Insolvenzverfahrens in Eigenregie auf Trägersuche und führten über Monate Gespräche. Nun wurde dieser gefunden. Von „altersmedizinischer Basisversorgung“ ist allerdings nichts mehr zu hören. Es bleibt nur die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Diese umfasst 60 vollstationäre Betten, 20 tagesklinische Behandlungsplätze, eine psychiatrische Institutsambulanz (PIA) und eine Privatambulanz. Am Freitag hatte unsere Zeitung bereits exklusiv gemeldet, dass sich die Barmherzige Brüder Trier gGmbH (BBT), auch Träger des Brüderkrankenhauses in Koblenz, in dem Bieterverfahren durchgesetzt hat.

Auch zeichnete sich da schon ab, dass ein großer Teil der Arbeitsplätze abgebaut werden soll. Beide Befürchtungen stellten sich am Montag leider als richtig heraus. „Wir sind bitter enttäuscht über diese so kurzfristig übermittelte bittere Nachricht“, sagte ein anderer Mitarbeiter. „Das ist für alle Mitarbeiter und die gesamte Region eine Katastrophe.“

Zuletzt war bereits spekuliert worden, dass in Lahnstein wohl nur finanziell lukrativere Abteilungen wie Orthopädie oder eben Psychiatrie erhalten werden sollten. Doch die Ärzte Dietmar Dömling und Steffen Scholz, deren orthopädische Gemeinschaftspraxis einen sehr guten Ruf hat und die im Lahnsteiner Krankenhaus operieren, müssen ebenfalls gehen. Hintergrund könnte hier sein, dass bei Operationen künftig keine Anästhesie- und Intensivmediziner mehr zur Verfügung gestanden hätten.

Es bleiben viele Fragen

Hintergründe sind unbekannt – eine Anfrage bei Claudius-David Walker und Moritz Handrup blieb am Montag bis zum frühen Abend unbeantwortet. Dabei bleiben viele Fragen: Was wird zum Beispiel aus den Millionen Euro an Fördermitteln, die in den vergangenen zehn Jahren von Land und Bund in die Infrastruktur des Krankenhauses gewandert sind? Diese dürften weg sein. Der neue Eigentümer freut sich.

Der künftige Träger, die Barmherzige Brüder Trier gGmbH, mochte sich am Montag noch nicht offiziell zu all dem äußern. Am Freitag hatte man lediglich betont, im Rahmen des Insolvenzverfahrens angefragt worden zu sein, sich am im Prozess vorgesehenen Bieterverfahren zu beteiligen. Man ergänzte, dass „die derzeitigen Rahmenbedingungen im Krankenhauswesen Träger allgemein vor große Schwierigkeiten stellen“. Daher seien „Verbünde und Kooperationen in räumlicher Nähe überlebenswichtig, um weiterhin am Markt bestehen zu können“.

Am Lahnsteiner Krankenhaus herrscht große Betroffenheit. Auch unter den Patienten, welche die Neuigkeiten natürlich mitbekommen haben. Auch die Telefondrähte glühten: Alle geplanten Operationen der kommenden Wochen und Monate wurden abgesagt. Lahnsteins Oberbürgermeister Lennart Siefert fehlten ob der kurzfristigen Entwicklungen zunächst die Worte. „Ich bin völlig schockiert. Außer bei dem Kennenlerngespräch Mitte letzten Jahres wurde ich zu keinem Zeitpunkt in Gespräche eingebunden“, kritisiert er. „Wie man in dieser Kurzfristigkeit mit Mitarbeitern und Patienten umgeht, spottet jede Beschreibung.“

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