Gespannt erwartet Lea Rindsfüsser den Besuch der siebenköpfigen Jury aus Kulturkennern in St. Goarshausen, es geht um viel Geld: „Wir blicken freudig und offen auf den Termin und hoffen, dass wir aus den vielen Regionen ausgewählt werden.“ Doch worum geht’s? Rindsfüsser ist Projektleiterin beim Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal, der sich um eine Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro über fünf Jahre beim Bundesprojekt „Aller.Land“ beworben hat. 90 Prozent der Summe stammen aus Bundesmitteln, die restlichen 10 Prozent vom Land Rheinland-Pfalz. Mit innovativen Projekten wie Jugendshows, Poetry Slams und Theaterworkshops soll die junge Kulturszene von Rüdesheim bis Koblenz beidseits des Rheins gefördert und die Demokratie gestärkt werden – eine einmalige Gelegenheit für die Region, betont Rindsfüsser. Denn das bundesweite Programm zielt darauf ab, längerfristige Kulturprojekte in ländlichen Regionen zu fördern und neue Allianzen zwischen Kultur, Demokratiearbeit und Regionalentwicklung zu schaffen. Menschen vor Ort sollen aktiv an Entscheidungen beteiligt werden, die ihre Region betreffen, und gemeinsam mit Partnern aus Kultur, Kommunen und Zivilgesellschaft Veränderungen anstoßen.
„Wir sehen, dass sich in der gesamten Mittelrheinregion viele engagierte Initiativen und Menschen für die Kultur starkmachen, diese wollen wir enger vernetzen und zusammenbringen – ob über die Flussufer hinweg oder von Nord bis Süd.“
Lea Rindsfüsser, Projektleiterin beim Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal.
Konkret sollen nun 30 Regionen für die Umsetzungsphase ausgewählt werden – im besten Fall ist das Obere Mittelrheintal dabei. Der anstehenden Umsetzungsphase vorausgegangen ist die Entwicklungsphase des bundesweiten Förderprogramms „Aller.Land – zusammen gestalten. Strukturen stärken.“, das seit Anfang 2024 läuft und in dem bereits auch im Mittelrheintal erste Projektideen umgesetzt wurden. Auch konnten einige innovative Konzeptideen erprobt werden, die die kreativen und demokratischen Potenziale der Region aufzeigen. Aus diesen Projekten hat der Zweckverband Ergebnisse und Erfahrungen für die Kulturförderung gezogen, die in das Bewerbungskonzept für die Umsetzungsphase eingeflossen sind. Dabei sollen sich die geplanten Maßnahmen natürlich an alle Generationen richten, so die Projektleiterin beim Zweckverband. Im Fokus stehen aber vor allem Kinder, Jugendliche und Schüler, also jüngere Zielgruppen.
Das Konzept fußt auf drei Säulen, wie Rindsfüsser im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet: Zum einen soll das Projekt „Flow“ weitergeführt und gefördert werden – eine zeitgenössische Show von Jugendlichen für Jugendliche. Im Sommer wurde ein erstes Projekt realisiert, bei dem junge Street-Artists aus der Region mit professionellen Künstlern zusammengearbeitet und einen Imagefilm erstellt haben sowie Walk-Acts zu regionalen Themen konzipiert wurden.
„Das Programm bietet eine einmalige Chance, Kultur und Beteiligung nachhaltig zu stärken und die Region als Ort der Gemeinschaft und Kreativität voranzubringen.“
Volker Boch, Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal.
Als Zweites soll ein Projekt auf den Weg gebracht werden, das gemeinsam mit Schulen und Vereinen theatrale Beteiligungsmöglichkeiten öffnet. Und nicht zuletzt soll das Netzwerken im Mittelpunkt stehen, wie die Projektleiterin erklärt: „Wir sehen, dass sich in der gesamten Mittelrheinregion viele engagierte Initiativen und Menschen für die Kultur starkmachen, diese wollen wir enger vernetzen und zusammenbringen – ob über die Flussufer hinweg oder von Nord bis Süd.“ Deshalb sollen aus dem Fördertopf, der über fünf Jahre angelegt ist, auch Personalstellen finanziert werden, die die Zusammenarbeit der Vereine und Initiativen in der Region fördern sollen. Ein wichtiger Baustein, um gerade die junge Kulturszene im Tal und in den Höhengemeinden anzuschieben, ist Rindsfüsser überzeugt. Das betont auch Volker Boch, Verbandsvorsteher des Zweckverbandes: „Das Programm bietet eine einmalige Chance, Kultur und Beteiligung nachhaltig zu stärken und die Region als Ort der Gemeinschaft und Kreativität voranzubringen.“
Nun hängt’s an der Jury. Sollten die Verantwortlichen des Zweckverbands mit ihrem Konzept überzeugen, beginnt Mitte 2025 die fünfjährige Umsetzungsphase. Die Entscheidung könnte das Obere Mittelrheintal auf einen bedeutenden Kurs hin zu einer Region führen, in der Kultur, Demokratie und Gemeinschaft nachhaltig wachsen, so der Zweckverband.
Zu Projekt und Förderung
„Aller.Land – zusammen gestalten. Strukturen stärken“ ist ein Förderprogramm für Kultur, Beteiligung und Demokratie. Es richtet sich an ländliche, insbesondere strukturschwache Regionen in ganz Deutschland. Das Projekt bringt ressortübergreifend Erfahrungen aus Bundesministerien und -einrichtungen in den Bereichen Kultur, Demokratiearbeit, regionale Entwicklung und politische Bildung zusammen. Der Bund stellt bis zu 70 Millionen Euro bereit. Hinzu kommen Kofinanzierungen durch die Länder, Kommunen und durch weitere Unterstützer.
Gefördert wird „Aller.Land“ durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie durch die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Programmpartner ist das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Aller.Land ist Teil des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung und regionale Wertschöpfung (BULE plus). Weitere Informationen unter: www.allerland-programm.de