Anlässlich der Wahlen zum Europäischen Parlament und der deutschlandweit durchgeführten Juniorwahl fand am Sophie-Hedwig-Gymnasium in Diez ein weiterer Europa-Projekttag statt
Junior-Europawahl am SHG: So hat die Jugend gewählt
„Freude schöner Götterfunken“ sangen die Fünft- und Sechstklässler des Sophie-Hedwig-Gymnasiums in Diez. Foto: Martin Gürth.
Till Kronsfoth

Nach den bundesweiten Junior-Europawahlen wurden in Diez die Ergebnisse für das Sophie-Hedwig-Gymnasium (SHG) ausgewertet - mit überraschenden Ergebnissen.

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Diez. Zu Beginn wurde die Europahymne „Freude schöner Götterfunken“ in einer erfrischend rockigen Variante vom Unterstufenchor und der Ensemble AG präsentiert, wobei die Zeile „Alle Menschen werden Brüder“ angesichts der Wahlergebnisse fast wie ein eindringlicher Appell erschien. „Aufgrund des Erdbebens, das Europa erschüttert hat, bin ich als Halbfranzösin besonders gespannt, was die Juniorwahlen am SHG ergeben haben“, erläuterte Interimsschulleiterin Jessica Deconchat.

Überdurchschnittlich viele Stimmen für die Grünen, AfD fällt durch.

Nach einem kurzen Bericht der Zwölftklässlerinnen Julia Bardel, Leya Jung und Amelie Lammert über ihren Einsatz als Wahlhelfer, präsentierten Esma Omeragic, Lara Suchomel und Anna Lange die Wahlergebnisse der Juniorwahl.

Es wurden am SHG 234 Stimmen abgegeben. Die CDU kam auf 23 Prozent, die SPD errang 14,4, Grüne 13, DIE PARTEI 10,5, Volt sowie DIE LINKE 6,1, FDP 5,7 und die AfD 5,2 Prozent. Am auffälligsten ist im Vergleich, dass die Schüler des SHG in weit größerem Umfang für die Grünen stimmten als ihre Mitschüler im Bund, und dass sie sehr viel weniger anfällig für die AfD waren.

Im Anschluss erfolgte eine Podiumsdiskussion mit Landtagsvizepräsident Matthias Lammert (CDU), der wiedergewählten Diezer Stadtbürgermeisterin Annette Wick (SPD), VG-Bürgermeisterin Maren Busch (parteilos) und dem Kreisvorsitzenden der überparteilichen Europa-Union Michael Monet. Moderator Hanno Schnebeck wollte von Wick und Lammert wissen: „Überwiegt bei Ihnen der Schock über das gute AfD-Ergebnis oder die Freude über das eigene Wahlergebnis?“

Annette Wick: „Obwohl sich die Zuwächse der Rechten abgezeichnet haben, war ich so geschockt, dass ich mich über meine eigene Wiederwahl im ersten Moment gar nicht freuen konnte. Als Stadtbürgermeisterin macht es natürlich auch was mit dir, wenn du weißt, dein Nachbar wählt AfD“ Matthias Lammert: „Wenn die AfD zweite Kraft wird ist das alles andere als erfreulich Ehrlicherweise freue ich mich über das CDU-Ergebnis, denn wir standen auch schon schlechter da. Aber es sind rund 600000 Wähler von der Union zur AfD gegangen, aber auch 400000 von den Grünen. Und einen Teil von denen, die selbst nicht rechtsextrem sind, müssen wir zurückholen. Sicher ist es nicht hilfreich, wenn kurz vor Wahlen ständig über die AfD berichtet wird. Das trägt auch zu ihrer Normalisierung bei.“

Lammert: “Schade, dass am Sonntag so gutes Wetter war.„

Interessant war für Lammert auch die Erkenntnis, dass AfD-Wähler überproportional in die Wahllokale strömten, weil sie der Briefwahl misstrauten: „Da gibt es tatsächlich die Denke, dass die Briefe aufgemacht und kontrolliert werden. Fast schade, dass am Sonntag das Wetter so gut war, bei Regen wären vielleicht mehr AfD-Wähler zu Hause geblieben.“

Michael Monet wurde in Bezug auf die neuen Bundesländer deutlich: „Ich kann nicht verstehen, wie Leute, die jahrzehntelang in einer Diktatur gelebt haben, jetzt offenbar wieder in einer Diktatur leben möchten. Möglicherweise siegt Dummheit doch. Denn die Rechten haben nur eins im Kopf: Macht und Geld. Am Ende steht Krieg.“

Förderung des ländlichen Raums durch die EU auch im Rhein-Lahn-Kreis

Maren Busch erklärte: „In mehreren Ortsgemeinden im Rhein-Lahn-Kreis ist die AfD stärkste Kraft geworden. Ich denke, wenn Menschen mit ihren Lebensbedingungen zufrieden sind, wählen sie weniger rechts. Durch das Förderprogramm LEADER der Europäischen Union für den ländlichen Raum wurden der Multifunktionsplatz in Heistenbach und der Lahnpavillon in Balduinstein finanziert. Wenn Menschen das mitbekommen, sehen sie, was die EU für sie tut.“

Jugendbeirat geplant

Annette Wick wandte sich direkt an die Schüler: „Für mich ist wichtig, was geht in euren Köpfen vor. Daher plane ich, einen Jugendbeirat einzuführen. Wir müssen miteinander im Gespräch bleiben. Deshalb möchte ich in den nächsten fünf Jahren mit euch zusammen etwas auf die Beine stellen.“

Mehr politische Bildung

Eine Schülerin wollte wissen: „Würde mehr politische Bildung in den Schulen helfen, Menschen für die Parolen der AfD unempfänglich zu machen?“ Dem stimmte Michael Monet zu: „Ich bin sicher, dass die meisten Menschen, die zur Wahl gegangen sind, nicht wissen, wie die EU funktioniert.“

Nach Abschluss der Diskussion überreichte Organisator Martin Gürth der wiedergewählten Annette Wick einen Blumenstrauß. Zum Schluss trug die 5d das Lied „Children of Europe“ vor. Dass die darin enthaltene Zeile „Get ready to see, all of our nations united and free“ nicht nur ein frommer Wunsch bleiben sondern sich eines Tages bewahrheiten werde, war wohl die Hoffnung aller Podiumsgäste.

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