Kurhaus wird zugleich 300 Jahre alt
Jubiläen in Bad Ems: Heilbad besteht seit 700 Jahren, das Kurhaus seit 300 Jahren
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Die Brunnenhalle wurde als offene Arkadenhalle gestaltet mit dem heutigen Kesselbrunnen auf der Mittelachse. Hier trafen sich jeden Morgen die Kurgäste zur Trinkkur. Lithografie von George Barnard, um 1850.
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Bad Ems. In diesem Jahr begeht Bad Ems bekanntlich den 700. Jahrestag der Stadtrechtsverleihung. Zwei weitere Jubiläen stehen an, die vielleicht weniger geläufig sind, für die Geschichte der Stadt allerdings von gleicher Bedeutung und Wirkung.

Seit sieben Jahrhunderten ist Bad Ems als Heilbad bekannt, seit 300 Jahren gibt es das Kurhaus, heute ein Teil von Häckers Hotel. Auf Anregung des Vereins für Geschichte, Denkmal- und Landschaftspflege, haben sich der Verein, die Staatsbad Bad Ems GmbH als Hüterin der Heilquellen und Häckers Hotel zusammengetan, um die Jubiläen mit einem großen Erlebnistag am Samstag, 15. Juni, zu begehen. Was hat es mit den Jubiläen auf sich? Darüber informiert der promovierte Historiker und frühere Stadtarchivar Hans-Jürgen Sarholz.

Bad Ems ist eins der ältesten Heilbäder nördlich der Alpen. Da die römischen Bäder durchweg aufgegeben wurden, kann kein Bad nördlich der Alpen auf eine kontinuierliche Geschichte zurückblicken. In Mitteleuropa blühte das Badewesen erst im Mittelalter wieder auf. Und hier spielte Ems sehr früh in der ersten Liga mit. Das Emser Bad entwickelte sich bekanntlich östlich des damaligen Dorfes Ems am Austritt der Thermalquellen, also genau im Bereich des Kurhauses und damit des heutigen Hotels.

Erstmals erwähnt ist es in einer undatierten Urkunde, die die Archivare auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts eingrenzen können und damit auf die Jahrzehnte, in denen Ems auch Stadtrechte erhielt (1324). Damals war das Koblenzer Stift St. Kastor Grundherr und hatte neben einem Wirtschaftshof im Dorf Ems, dem Fronhof, zahlreiche Weingärten in der ganzen Gemarkung. Sie zogen sich von der heutigen Grabenstraße und dem Pfahlgraben entlang der Hänge des Klopp und damit hinter den Häusern der heutigen Römerstraße.

Regelmäßig inspizierten die Kastorherren ihre Güter und führten darüber Buch. Bei dieser Gelegenheit entstand der älteste Nachweis des Bades in eben jener genannten Urkunde. Sie erwähnt einen Weinberg „sita apud balneum“, also „gelegen beim Bad“, und einen weiteren „in via qua itur ad balneum“, also „an der Straße, die zum Bad führt“, und damit an der heutigen Römerstraße. Übrigens hatte auch das Kloster Arnstein dort, in der heutigen unteren Grabenstraße, einen Wirtschaftshof und Weingärten, deren Terrassen man noch heute im Wald erkennen kann.

Das Bad müssen wir uns um 1320 als sehr einfach vorstellen. Vermutlich bestand es aus einem oder zwei offenen Becken direkt über einer der dort zutage tretenden Thermalquellen, dazu wird es ein kleines Fachwerkgebäude für Personal oder auch schon als bescheidene Unterkunft gegeben haben. Die nächste Erwähnung ist aus dem Jahr 1352 und bestätigt, dass das „warm bayt by Eumetze“ im Besitz der Landesherren, dem Grafen von Nassau, war.

Das Bad mit seinen baulichen Einrichtungen verblieb seit dem 14. Jahrhundert bis zum Verkauf des Kurhauses an Familie Häcker im Jahr 1999 im Besitz der Landesherren also des „Staates“, zuletzt der Staatsbad Bad Ems GmbH. Die Thermalquellen sind noch heute in der Obhut des Staatsbades. 1382 hören wir erstmals von einem festen Gebäude, einem „Thurne ubir dem Bade“. Die Befestigung mit Türmen, Mauern und Toren kann als Folge der Stadtrechtsverleihung von 1324 angesehen werden.

Im 15. Jahrhundert erfolgte ein Ausbau des Bades, das schließlich wie eine Burg oder eine kleine befestigte Stadt wirkte. Zwei Wohntürme erhoben sich über Bädern und boten den Gästen Komfort und Sicherheit. Die beiden flachen Badebecken direkt an den Quellen müssen mit ihrem Sprudeln und Blubbern ein wenig wie ein Whirlpool gewirkt haben.

Es waren keine Schwimmbecken, vielmehr saß man wie in anderen Badeorten auch auf Sitzbänken im Wasser, in geselliger Runde und fast unbekleidet, Männer und Frauen zusammen. Erst mit der Reformation wurde das gemeinsame Bad unterbunden, fortan diente eins der Becken als Frauen- das andere als Männerbad.

Bereits im späten Mittelalter, im 15. Jahrhundert, zählte das Emser Bad zu den bekanntesten Heilbädern in Deutschland. Das zeigt sich am Besuch damaliger Prominenz. Mit den Erzbischöfen und Kurfürsten von Mainz, Köln und Trier kamen die ranghöchsten Fürsten des Heiligen Römischen Reiches an die Lahn.

Die Landesherren, die Grafen von Nassau und Landgrafen von Hessen, errichteten eigene komfortable Badehäuser, und Hessen erbaute 1582 den Vorgänger des Lahnbaus als kleines Renaissanceschlösschen. Das mittelalterliche Bad ist bis heute im Grundriss des westlichen Teils erkennbar.

300 Jahre Fürstliches Badehaus

Im Mittelalter wurde nur im Thermalwasser gebadet. Im 17. Jahrhundert kam in vielen Kurorten eine neue Anwendung des Wassers in Mode, die Trinkkur. Sie war wie bislang das Baden viel mehr als eine medizinische Anwendung. Sie war ein gesellschaftliches Ereignis. In den bedeutenden Kurorten und damit auch im Emser Bad entstanden nun besondere Einrichtungen, Brunnen, Brunnenhallen und kleine Parkanlagen mit Bänken und Musiktempeln zum Promenieren, zum Sehen und gesehen werden.

Erst damit wurden aus den Badeorten schicke Kurorte, von denen die bedeutendsten und am besten erhaltenen als Unesco-Welterbe Great Spa Towns of Europe anerkannt sind. So baute auch Hessen als einer der beiden Landesherren von Bad Ems ab 1696 ein neues Badehaus mit einer Brunnenhalle und einem Trinkbrunnen, der bald darauf als Kränchen bekannt wurde. 1912/13 wurde dieses Badehaus mitsamt dem Lahnbau abgerissen und innerhalb weniger Monate neu aufgebaut. Auch dieser Neubau steht bis heute auf dem verwinkelten Grundriss des mittelalterlichen Bades.

Mit dem Aufkommen der Trinkkur mussten auch die nassauischen Landesherren reagieren, um mit Hessen und mit anderen Kurorten konkurrenzfähig zu bleiben. So entstand in den Jahren 1709 bis 1724 das „Fürstlich Oranien-Nassauische Badehaus“, die gesamte östliche Hälfte des heutigen Kurhauses. Erbaut wurde es über einem weiteren Trinkbrunnen, dem heutigen Kesselbrunnen. Bauherrin war Fürstin Henriette Amalie von Nassau-Diez, die unmittelbare Vorfahrin der heutigen Kronprinzessin Amalia der Niederlande.

Die Fürstin und ihre Baumeister, die zugleich an Schloss Oranienstein in Diez arbeiteten, schufen ein Barockschlösschen, das allen Ansprüchen der fürstlichen Badegäste genügte. Und derer gab es viele. Genannt seien nur die Kurfürstin Maria Anna Sophia von Bayern, Fürstbischof Hieronimus von Salzburg, Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, die Schwester Friedrichs des Großen und unter den bürgerlichen Gästen natürlich Goethe. Das Bauwerk war ein barockes Badeschlösschen. Bis heute ist es im östlichen Teil des Kurhauses und damit von Häckers Hotel erhalten. Das ist sicher einzigartig für ein Hotel.

1912, in preußischer Zeit, waren beide Badehäuser in die Jahre gekommen. Die traditionellen Kurorte standen unter dem Druck neuer Konkurrenten, wie etwa Bad Homburg oder Bad Neuenahr, vor allem aber der nunmehr belieben Seebäder. So entschloss man sich zu einem großen Umbau.

Der westliche Teil wurde weitgehend abgerissen und in Angleichung an das barocke oranische Badehaus neu errichtet. Das gesamte Kurhaus wurde in nur acht Monaten zu einem modernen Hotel im historischen Ambiente umgestaltet, ausgestattet mit Warmwasseranlage, Zentralheizung, elektrischem Licht, Aufzug und Telefonanlage. Heute stellt es sich äußerlich so dar wie nach Abschluss des Umbaus im Frühjahr 1913.

Architektonisches Erbe

Betrachtet man heute das imposanten Bauwerk, etwa vom Lahnufer oder von der Kurbrücke aus, so ist noch zu erkennen, dass es sich aus mehreren, einst selbstständigen Badehäusern entwickelt hat. Erst dem großen Umbau von 1912/13 verdankt es seine einheitliche Fassade. Im Kurhaus, heute Häckers Grand Hotel, befindet sich ein architektonisches Erbe, das vom mittelalterlichen Wildbad über das höfische Leben des Barock bis hin zum mondänen Bad des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus zur Modernisierung des frühen 20. Jahrhunderts reicht.

Das Kurhaus ist damit ein wesentliches Element im Unesco-Welterbe Great Spa Towns of Europe. Mit dem Rückzug der Kur im späten 20. Jahrhundert, dem Einzug einer erfolgreichen Ayurvedaklinik und der Weiterentwicklung zu einem Grand Hotel mit besonderer Geschichte steht es zudem für typische Entwicklungen eines Kurortes seit den Gesundheitsreformen im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert. red

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