Der Wintereinbruch hat für einige Turbulenzen gesorgt - Verkehrsexperte gibt Tipps
Jeder Dritte noch mit Sommerreifen unterwegs: Wintereinbruch sorgt auch im Kreis Limburg-Weilburg für Turbulenzen
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Rund ein Drittel der Autofahrer ist noch mit Sommerreifen unterwegs, schätzt Obermeister Heinz Erlemann von der Kfz-Innung Limburg-Weilburg. Für viele kam der Wintereinbruch überraschend. Foto: Andreas Egenolf
Andreas Egenolf

Der plötzliche Wintereinbruch in der vergangenen Woche hat viele Autofahrer in der Region unerwartet erwischt. Folgen des heftigen Schneefalls waren gesperrte Straßen wegen umgestürzter Bäume oder herabfallender Äste und liegen gebliebene Fahrzeuge. Offenbar sind auch im Kreis Limburg-Weilburg noch viele mit Sommerreifen unterwegs. Ein Verkehrssicherheitsexperte warnt davor, die Gefahren rutschiger Straßen zu unterschätzen.

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Rund ein Drittel der Autofahrer ist noch mit Sommerreifen unterwegs, schätzt Obermeister Heinz Erlemann von der Kfz-Innung Limburg-Weilburg. Für viele kam der Wintereinbruch überraschend. Foto: Andreas Egenolf
Andreas Egenolf

Dennoch habe sich die Zahl der Verkehrsunfälle in Grenzen gehalten, sagt das Polizeipräsidium Westhessen auf Anfrage dieser Redaktion. „In ganz wenigen Fällen konnten wir Fahrzeuge mit Sommerreifen feststellen. Nach den bisherigen Erkenntnissen war bei keinem Unfall ein solches Fahrzeug dabei“, fügt Polizeisprecher Christian Wiepen hinzu. Die meisten Verkehrsteilnehmer seien vorbereitet und mit Winterreifen unterwegs gewesen.

Ein anderes Bild zeichnet jedoch Obermeister Heinz Erlemann von der Kfz-Innung Limburg-Weilburg. Er sagt, dass noch 35 Prozent der Autofahrer mit Sommerreifen unterwegs gewesen seien. Aus diesem Grund erlebten die Werkstätten im Landkreis Limburg-Weilburg aktuell einen gewaltigen Ansturm von Autofahrern, die ihre Reifen wechseln möchten. „Die Menschen haben mit diesem Wintereinbruch nicht gerechnet und sind von ihm überrascht worden“, sagt Erlemann. „Denn wir hatten in den vergangenen zwei Jahren um diese Zeit noch keinen Schnee“, ergänzt er. Und so würden die Werkstätten jetzt noch kurzfristig Termine vergeben und Überstunden leisten, um alle Anfragen abarbeiten zu können.

Winterreifen von Oktober bis Ostern

Der Obermeister erinnert zwar an die Regel „Winterreifen von O bis O“, also von Oktober bis Ostern, betont aber, dass sich niemand daran halten müsse. Sollte ein Fahrzeug mit Sommerreifen jedoch den Verkehr behindern, dann müsse der Fahrer mit einem Bußgeld rechnen.

Gerhard Leist, bei der Kreisverkehrswacht Limburg-Weilburg für das Fahrsicherheitstraining verantwortlich, warnt eindringlich, dass die Gefahr eines Unfalls mit Sommerreifen auf glatten oder rutschigen Straßen deutlich höher sei. „Winterreifen verfügen über eine weiche Gummimischung. Das führt auf kalten Straßen zu einer guten Traktion“, erklärt er. Die Gummimischung bei Sommerreifen bewirke dagegen das Gegenteil. „Das ist dann wie Fahren auf Glatteis“, so der Verkehrsexperte.

Sein dringender Appell: bei winterlichen Straßenverhältnissen auf keinen Fall mit Sommerreifen losfahren. „Es gibt ja die Regel, dass man von Oktober bis Ostern Winterreifen haben sollte. Besser ist aber, man orientiert sich an der Temperatur der Fahrbahnoberfläche“, rät Gerhard Leist. Sei diese kühler als 7 Grad Celsius, empfiehlt er Winterreifen. „Im Zweifelsfall ist es besser, man lässt sie sich schon eine oder zwei Wochen vorher montieren. Es ist nicht tragisch, wenn man schon bei gutem Wetter ein paar Tage mit Winterreifen unterwegs ist.“ Allerdings seien – vor allem bei Glatteis – auch intakte Winterreifen keine Garantie für eine unfallfreie Fahrt. „Aber zumindest ist der Anhalteweg bei Winterreifen deutlich kürzer“, weiß der Verkehrsexperte. Von Ganzjahresreifen rät er ab.

Und noch einen wichtigen Hinweis hat Gerhard Leist für alle Autofahrerinnen und Autofahrer: Die Restprofiltiefe der Winterreifen sollte mindestens vier Millimeter betragen. Denn nur dann könnten sie auf winterlichen Straßen wirklich für mehr Sicherheit sorgen.

Es soll milder werden

Und wie sieht es bei Lastwagen aus, die ja auch häufig in Unfälle verwickelt sind? Müssen sie auf Winterreifen umstellen? Laut Andreas Rompel, Leiter der Disposition bei der Edgar Graß Spedition, haben Lastwagen Allwetterreifen drauf. „Unsere Fahrzeuge sind für den Winter gut gerüstet“, ergänzt er. Allerdings könne es auch mit Winterreifen schon mal vorkommen, dass Fahrzeuge ins Rutschen kämen oder liegen blieben, weil sie beispielsweise einem anderen Fahrzeug ausweichen müssten. „Das passiert auch in Sommer bei Starkregen und Aquaplaning“, erläutert Rompel. Er schlägt vor, die Straßen bereits in den frühen Nachtstunden präventiv zu streuen. Aber er wisse auch, dass die Straßenmeistereien womöglich mit Personalmangel zu kämpfen hätten und das nicht einfach umsetzbar sei.

Der ADAC Hessen-Thüringen betont auf seiner Internetseite, dass es in Deutschland keine generelle Winterreifenpflicht gebe, sondern eine „situative“. Das heißt, dass man bei winterlichen Straßenverhältnissen wie Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte nur mit Winterreifen fahren darf. „Ganzjahresreifen gelten im rechtlichen Sinne als Winterreifen, wenn sie das amtliche ‚Alpine‘-Symbol (Schneeflocke im dreigezackten Berg) tragen“, heißt es dort weiter.

Die gute Nachricht für alle Verkehrsteilnehmer: Es soll schon wieder deutlich milder werden. Allerdings kommt der nächste Wintereinbruch bestimmt.

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