Ruppertshofen
In eiskaltem Metier Feuer gefangen: Ruppertshofener fährt zur WM für Handwerker
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Bei der WM für nicht-akademische Berufe kann Kreyton Wusch sein Wissen und Können zeigen.
Ulrike Bletzer

„Bis vor Kurzem war ich noch ziemlich gelassen“, sagt Kreyton Wusch. „Aber jetzt fängt es langsam an mit der Nervosität.“ Kein Wunder, denn an so einer Weltmeisterschaft nimmt man schließlich nicht alle Tage teil: Der 21-Jährige aus Ruppertshofen vertritt Deutschland vom 10. bis 15. September in der Disziplin Kälte- und Klimatechnik bei den WorldSkills in Lyon.

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WorldSkills? So nennt sich ein 1950 ins Leben gerufener internationaler Leistungsvergleich, der nicht-akademischen Berufen in der Öffentlichkeit zu mehr Beachtung und Wertschätzung verhelfen soll. 1400 junge Menschen im Alter von bis zu 23 Jahren, die aus über 70 Ländern und 59 Wettbewerbsdisziplinen kommen, kämpfen bei den diesjährigen 47. WorldSkills um ein Plätzchen auf dem Podest.

Das deutsche Team, für das der Bundeskanzler höchstpersönlich die Schirmherrschaft übernommen hat, besteht aus insgesamt 42 Nachwuchs-Spitzenkräften, die in Frankreich in insgesamt 37 Berufsdisziplinen in den Ring steigen werden. Das Spektrum reicht dabei von der Konditorin bis zum Möbelschreiner, vom Stahlbetonbauer bis zur Gesundheits- und Sozialbetreuerin und, um nur zwei weitere Sparten zu nennen, von der „Digital Construction“ bis zur „Water Technology“. Und eben bis zu Kreyton Wusch und der Kälte- und Klimatechnik.

Der junge Ruppertshofener ist bestens qualifiziert für seinen Auftritt in Lyon, hat seine Fähigkeiten nicht nur auf Ebene der Handwerkskammer Rheinland-Pfalz unter Beweis gestellt, sondern ist zudem im Herbst 2023 in Springe Deutscher Meister der Kälte- und Klimatechniker geworden. Dabei ist es eigentlich eher einem Zufall geschuldet, dass er ausgerechnet diesen Beruf ergriffen hat: „Ein Freund von mir hat ein Praktikum bei der Melzer Kälte Klima Lüftung GmbH in Bornich angefangen, es sich dann aber anders überlegt“, erzählt Kreyton Wunsch.

„Und da ich damals nicht so recht wusste, was für eine Ausbildung ich machen sollte, habe ich den frei gewordenen Praktikumsplatz übernommen.“ Lange dauerte es offensichtlich nicht, bis er in dem eiskalten Metier Feuer fing: „Es hat mir auf Anhieb super gefallen – weil es ein interessanter Beruf ist und nicht zuletzt auch wegen der guten Arbeitsatmosphäre.“ An das Praktikum schloss sich die dreieinhalbjährige Ausbildung zum Mechatroniker für Kälte- und Klimatechnik an, seit Anfang vergangenen Jahres arbeitet er nun als Geselle bei der Firma Melzer: „Ich habe noch nicht einmal über andere Möglichkeiten nachgedacht, als ich gefragt wurde, ob ich bleiben will.“

Und für das Unternehmen ist es natürlich ein 1-A-Aushängeschild, den amtierenden Deutschen Meister in seinen Reihen zu haben. Aber selbst der muss sich logischerweise gut vorbereiten, wenn er bei den WorldSkills nicht untergehen will. Insgesamt sechs Wochen lang hat sich Kreyton Wusch in einem Trainingslager in Duisburg den letzten Schliff geholt. „Dabei haben sich immer eine Woche Training und eine Woche Arbeit in der Firma abgewechselt. In den Trainingswochen wurde geschaut, wo noch Defizite bestehen, um anschließend gezielt daran zu arbeiten“, präzisiert er.

Internationer Wettbewerb

Beim Fußball kann man sich als Laie ein solches Training ja noch halbwegs vorstellen – aber in der Kälte- und Klimatechnik? Dabei ist die Sache eigentlich ganz einfach: Statt um genutzte Torchancen geht hier darum, eine Kälteanlage zu bauen. Bei der WM erfahren die insgesamt 27 Teilnehmer aus genauso vielen Ländern die genaue Aufgabe allerdings erst zwei Tage vorher. „Im Wettbewerb kommt es dann unter anderem auf Passgenauigkeit und weitere Aspekte wie die Arbeitssicherheit an“, erklärt Kreyton Wusch. „Da ist in jeder Hinsicht Perfektion gefordert.“

Und das Ganze auch noch unter Zeitdruck: Jeder Kandidat hat an vier aufeinanderfolgenden Tagen jeweils viereinhalb Stunden Zeit, um an seiner Anlage zu bauen. „Es gibt ein umfangreiches Regelwerk, das selbst für uns Teilnehmer schwierig zu verstehen ist“, ergänzt Kreyton Wusch. Und wie kommt es dann zur Entscheidung über Weltmeister, Vize-Weltmeister und Co.? „Aus jedem Teilnehmerland ist ein Experte der Kälte- und Klimatechnik vor Ort“, antwortet Kreyton Wusch. „Am Schluss schauen sich alle Experten alle Anlagen an, ohne zu wissen, wer diese gebaut hat, und bewerten sie“, fasst er das Prozedere zusammen und schickt hinterher, die Firma Melzer habe ihn im Vorfeld super unterstützt: „Sie haben gemeint: Mach da auf jeden Fall mit – egal, wie du abschneidest.“

Im Mannschaftsbus nach Lyon

Wie eingangs bereits angedeutet: Der Termin rückt näher, die Nervosität steigt. Kreyton Wusch fährt nun zusammen mit den anderen 42 deutschen WM-Teilnehmern im Mannschaftsbus nach Lyon, wo es ab dem kommenden Dienstag dann zur Sache geht. Eines wird im Gespräch mit dem jungen Mann schnell klar: Davon, sich selbst als den Weltmeister in spe zu betrachten, ist er meilenweit entfernt. „Das ist eine sehr große Aufgabe, von der ich wirklich nicht weiß, ob ich sie schaffen werde“, sagt er bescheiden. „Aber der Erfolg ist auch gar nicht das Entscheidende. Ich freue mich vor allem darauf, dass ich etwas dazulernen und neue Kontakte knüpfen kann.“

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