Er selbst ist im Laufe der Jahrzehnte zu einem Altstadtoriginal gereift. Er versieht den Küsterdienst an der Kreuzkapelle auf dem Greifenberg, leitet in der österlichen Fastenzeit den Kreuzweg mit den 14 Stationen an und übernimmt bisweilen den Lektorendienst im Dom und in der Stadtkirche. Am Sonntag wird der echte Säcker 85 Jahre alt.
Stufen halten fit
Eigentlich wollte der Senior seine unterhaltsame Vortragsreihe beenden. Für alle, die nicht dabei sein konnten, hatte er sich schon vor mehr als fünf Jahren auf einer CD mit 30 amüsanten Begebenheiten verewigt. Doch seine Neugierde auf Anekdoten von einst drängt ihn wieder zu einem weiteren Vortrag „mit 20 neuen alten Geschichten“, wie er sagt. Nicht zuletzt die 53 Stufen, die er zu seiner Wohnung im Dachgeschoss eines Altstadthauses aus dem Mittelalter steigen muss, haben den Plauderkünstler fit gehalten.
„Als Jugendlicher war ich gerne in der Barfüßerstraße ‚Im Schlößje‘ gewesen und habe am Nachbartisch den Erzählungen eines Stammtisches alter Limburger gelauscht. Die hatten das bemerkt und mich eines Tages an ihren Tisch eingeladen. Was die so von sich gegeben haben, das hatte mich fasziniert“, erinnert sich der Jubilar, der im Haus Fischmarkt 8 das Licht der Altstadt erblickte, die ihn bis heute nicht losgelassen hat und worauf er auch im Alter stolz ist.
Meinungsstarker Altstädter
Mit seinem Lokalkolorit fand „Ilo“, wie ihn seine Freunde nennen, auch in ein Buch der Westerwälder Autoren Christiane Fuckert und Christoph Kloft. Dort wird dem Stadtführer Günter Butzbach in einem Mordfall die Rolle des Co-Ermittlers zugeschrieben. Mit seiner direkten, mitunter schonungslosen Art kommen nicht alle klar. „Ich vertrete meine eigene Meinung und weiß, dass ich nicht unbedingt bei jedem beliebt bin“, sagt der Altstädter über sich selbst, den eine lebhafte Biografie und lockere Sprüche geprägt haben.
Parallel zu seinen Geschichtchen erinnert ihn seine Sammlung von etwa 500 Ansichtskarten, 400 Originalfotos und 30 Büchern über Limburg daran, wie seine Heimatstadt einst ausgesehen hat, wer und wie ehemalige Bewohner waren. In seiner flexiblen hilfsbereiten Art übernimmt er auch schon mal eine spontane Führung fragender Touristen. Zu seinen Leidenschaften zählte Günter Butzbach über Jahrzehnte hinweg die Lahnfischerei, die ihm von seinem Vater Heinrich aus Dietkirchen (seine Mutter Veronika stammte aus Dillhausen) übertragen wurde. Seit fast sechs Jahrzehnten gehört er dem Sportanglerverein Limburg an und übte lange Zeit das Amt eines staatlichen Fischereiaufsehers aus.
Wieselflinker Linksaußen
Nach der Volksschule absolvierte er eine Ausbildung zum Wasserwerksinstallateur bei den damaligen Limburger Stadtwerken, der heutigen Energieversorgung Limburg (EVL). Gern erzählt er auch, wie er 1961 auf der Baustelle der Autobahnbrücke beim Gerüstbau in schwindelnder Höhe hoch über der Lahn die Brötchen für seine junge Familie verdiente.
Rhetorische Gewandtheit und sein sicheres Auftreten führten ihn später in den Außendienst einer großen Versicherung. 1980 bestand er die Prüfung als Berater und Vermittler in Wertpapiergeschäften. Mehr als 20 Jahre war Butzbach in dieser Branche bis zur Rente bei amerikanischen und englischen Firmen in Frankfurt tätig. Bei einem Aufenthalt in die USA kam es auf dem Flughafen von Chicago zu einer zufälligen und unvergesslichen Begegnung mit dem großen Boxer Muhammad Ali. Seinen 85. Geburtstag feiert „Ilo“ mit seinen drei Töchtern. Zu den Gratulanten zählt auch ein Enkelsohn.
Günter Butzbach war in seiner stürmischen Jugendzeit beim VfR 1919 als wieselflinker Linksaußen bekannt. Eines Tages gewann er einen Wettlauf gegen ein gesteuertes Moped der ILO Motorenwerke. Von da an wurde er zum Leidwesen seiner Mutter nur noch ‚Ilo‘ gerufen, sagt Butzbach. Dass er Günter heiße, das wüssten eigentlich nur seine nahen Freunde. Der Begriff ILO stammt aus der Kunstsprache Esperanto und bedeutet „Werkzeug“.