Steinhauer blickt zufrieden auf die gerade zu Ende gegangene Kundgebung zurück: „Ich bin froh, dass trotz des regnerischen Wetters so viele gekommen sind.“ 450 Menschen fanden nach Polizeischätzungen am vergangenen Samstagmittag den Weg zum Nastätter Marktplatz. Da lag der eigentliche Auslöser knapp zweieinhalb Wochen zurück: Am 16. Mai hatten der Koblenzer Stadtrat und der Kreistag Mayen-Koblenz einem Sanierungsgutachten der Unternehmensberatung Roland Berger für das finanziell angeschlagene Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein zugestimmt. Dem Vorschlag der Unternehmensberater, die Standorte Paulinenstift in Nastätten und Heilig Geist in Boppard zu schließen, waren sie dabei nicht gefolgt.
Allerdings machte man sehr deutlich, dass die beiden Krankenhäuser kein weiteres Steuergeld mehr aus Koblenz und dem Kreis Mayen-Koblenz erhalten würden. In einer gemeinsamen Pressemitteilung hatten Stadtrat und Kreistag erklärt, die beiden betroffenen Landkreise – Rhein-Lahn für Nastätten und Rhein-Hunsrück Boppard – könnten die beiden Häuser erhalten, indem sie deren finanzielle Verluste künftig selbst ausgleichen.
Kein Wunder, dass dies alles die Gerüchteküche kräftig brodeln ließ. Das Ziel der Veranstaltung auf dem Nastätter Marktplatz bestand klar erkennbar darin, sie wieder zum Erkalten zu bringen. Oder, wie Ulla Steinhauer es in ihrer Einführung formulierte: „Wir möchten diesen Gerüchten sachliche Informationen von Politikern entgegensetzen, die sich intensiv mit der Thematik auseinandersetzen.“
Gelassenheit statt Panik also – der erste Redner, der dieses unausgesprochene Motto nach außen trug, war Landrat Jörg Denninghoff. „Als das Krankenhaus in Bad Schwalbach im Frühsommer 2018 geschlossen wurde, hat das Land das Paulinenstift Nastätten als bedarfsnotwendig eingestuft. Damit ist vollkommen klar, dass es weiter betrieben werden muss und dass Geld dabei keine Rolle spielen darf“, so der Kreischef. „Der Standort ist notwendig. Unser Krankenhaus muss bleiben, und es wird bleiben – Ende der Story.“
Auch ist die medizinische Grundversorgung nicht unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu sehen.
VG-Bürgermeister Jens Güllering
Optimistisches war auch aus dem Mund von VG-Bürgermeister Jens Güllering zu hören. Ebenso wie Kritisches: „Mit diesem Tag hier und vielen weiteren Aktionen möchten wir der Politik in Berlin klar machen, dass sie angesichts der Tatsache, dass über 70 Prozent der Menschen in Deutschland im ländlichen Raum leben, die Krankenhausversorgung nicht auf die Ballungszentren beschränken darf. Auch ist die medizinische Grundversorgung nicht unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu sehen“, stellte Güllering klar und veranschaulichte: „Die Feuerwehr und die Polizei kommen ja auch nicht nur dann, wenn’s gerade wirtschaftlich ist.“
Allerdings, auch daran ließ er keinen Zweifel: „Es wird mit Sicherheit Veränderungen geben. Wir müssen die medizinische Grundversorgung erhalten, dabei aber neue Aspekte berücksichtigen.“ Die rege Beteiligung an der Kundgebung setze ein starkes Zeichen, so der Redner weiter: „Der heutige Tag leistet einen Beitrag dazu, dass man unsere Signale bei der Gesellschafterversammlung in Koblenz hört und der Standort Nastätten erhalten bleibt.“
Mehr als 10.000 ambulante Patienten im Jahr
Es gehe nicht um die Menschen, die im Krankenhaus arbeiten, sondern um die Bevölkerung, die ein Recht darauf habe, auf dem Land eine genauso gute medizinische Grundversorgung zu erhalten wie in der Großstadt, betonte Dr. Zlatko Neckov, der Ärztliche Direktor des Paulinenstifts. Das Krankenhaus mit seinen rund 170 Mitarbeitenden, zu denen übrigens auch Ulla Steinhauer zählt, versorge pro Jahr 8000 ambulante und 2400 stationäre Patienten und führe 1400 OPs durch.
„Dabei können wir uns nicht in erster Linie am Finanziellen orientieren, sondern müssen nach dem medizinisch Notwendigen und Sinnvollen entscheiden, welche Maßnahmen wir durchführen.“ Das Krankenhaus Paulinenstift ist im Blauen Ländchen und weit darüber hinaus schlechterdings unverzichtbar – das brachten alle Redner unmissverständlich zum Ausdruck.
Denen ist es doch vollkommen egal, was mit dem kleinen Hausarzt vom Land und seinem Patienten ist.
Internist Manuel Molitor mit Blick nach Koblenz oder Wiesbaden
So auch der Internist Manuel Molitor von der Nastätter Hausarztpraxis Rheinstraße, der unter anderem die enge Zusammenarbeit bei der Ausbildung von Medizinern hervorhob: „So haben wir gerade einen Kollegen, der die medizinische Grundausbildung im Krankenhaus bekommen hat und den letzten Schliff bei uns in der Praxis erhält.“ Auch für die Patienten sei die Zusammenarbeit ungemein wertvoll, fügte er hinzu: „Wenn ich zum Beispiel einen Patienten mit einer unklaren Bauchsymptomatik habe, genügt momentan ein Anruf, damit man ihn im Krankenhaus, wo die erforderlichen diagnostischen Geräte vorhanden sind, eingehend untersucht. Stellen Sie sich mal vor, ich müsste dafür in Koblenz oder Wiesbaden anrufen – denen ist es doch vollkommen egal, was mit dem kleinen Hausarzt vom Land und seinem Patienten ist.“
Zusammenhalt statt Verunsicherung
Wiederum einen anderen Schwerpunkt setzte zu guter Letzt Nastättens Stadtbürgermeister Marco Ludwig. In der Presse sei zu lesen gewesen, dass das Krankenhaus vor der Schließung stehe, kritisierte er: „Da wird in sträflicher Weise mit der Angst der Menschen gespielt. Anstatt Gerüchte und Unsicherheiten zu streuen, ist es in dieser Situation aber von zentraler Bedeutung, dass wir zusammenhalten.“ Apropos Unsicherheiten oder Verunsicherung: Damit waren wohl nicht zuletzt die – in einer großen „Abordnung“ auf dem Marktplatz erschienenen – Mitarbeitenden des Krankenhauses gemeint. Marco Ludwig, und damit war er bei Weitem nicht der Einzige, appellierte an sie: „Bitte halten Sie durch, damit unsere medizinische Gesundheitsversorgung weiterhin gesichert ist.“