„Wenn kein Dialog zwischen Künstler und Publikum stattfindet, versiegt die Kreativität“, weiß Ursula Näther. Und erklärt damit nicht nur ihre eigene Motivation, sich hier zu präsentieren: Hinter „Kunst trifft Handwerk“ steckt ein loser Zusammenschluss von Hobby- und Berufskünstlern aus dem Blauen Ländchen und darüber hinaus. Er sei froh, diesen kreativen Köpfen erneut eine Plattform bieten zu können, sagt Marco Ludwig, Bürgermeister der als Veranstalter fungierenden Stadt Nastätten und signalisiert in Richtung 2022: „Ab dem dritten Mal ist es dann eine Tradition.“
Und zwar eine äußerst vielfältige Tradition, wie die hier gezeigte Bandbreite beweist. Da wäre zum Beispiel Georg Kapp mit seinen „unorthodoxen“ Holzskulpturen, die mal als Leguan, mal als Aktentasche für Briefe und Zeitungen daherkommen. „Da steckt viel Arbeit drin – und viel Spaß“, so Kapp, der auch zwei etwas unhandlichere Prachtstücke in den Bauhof mitgebracht hat: zwei wunderschöne, aus dem gebogenen Holz von Weinfässern gefertigte Tische.
Gleich daneben geht es spinnert zu: Edelgard Hildebrandt präsentiert sich mit ihren Strickwaren. Und nicht nur damit: „Da es in meiner Nachbarschaft seit Langem Schafe gibt, habe ich irgendwann gedacht, dass es doch doof ist, zum Stricken extra Wolle zu kaufen. Also habe ich mit dem Spinnen angefangen“, erzählt sie. Längst hat sie ihren vierbeinigen „Lieferantenkreis“ erweitert: Egal ob Poitou-Esel, Alpaka oder Hund – jeder muss damit rechnen, dass seine Wolle von ihr zu Garn gesponnen wird.
Der Wolle verschrieben hat sich auch Maria Brucklacher von der Textilmanufaktur Pulsatilla. Der Schurwolle, um genau zu sein: „Wir verarbeiten ausschließlich Stoffe, die zu 100 Prozent schadstofffrei sind“, betont sie und hält ein flammendes Plädoyer für „eines der ältesten Materialien der Welt.“ Noch nicht einmal waschen müsse man die Röcke und anderen Kleidungsstücke: „Weil die Wolle nicht chemisch behandelt ist, enthält sie noch das rückfettende, Schmutz abweisend wirkende Wollfett des Schafs.“
Und die “Textilbranche“ hat noch mehr zu bieten: Anke Hauswirth hat unter anderem Kraken und sonstige urtümliche Viecher aus Filz geschaffen. Und präsentiert an ihrem Stand außergewöhnliche Leuchten, die in Zusammenarbeit mit Ursula Näther entstanden sind: Während sie selbst die in verschiedenen Formen und Farben gestalteten Filzschirme beisteuerte, hat die Keramikerin die Tonskulpturen für die Lampenfüße kreiert.
Ursula Näther ist außerdem mit ihren Tier-Mensch-Skulpturen vor Ort. In ihren Arbeiten spiegle sich das Bewusstsein, dass „der Mensch ein Teil der Natur ist und ihr auf Augenhöhe begegnen muss kann und kann“, ist dem dazugehörigen Flyer zu entnehmen. Die Künstlerin selbst ist gerade draußen, um den Besuchern den von ihr angewendeten Rakubrand mit seinen metallisch schillernden Effekten zu demonstrieren – ein „Liveact“, der der Ausstellung ebenso wie die Bronzeguss-Vorführung von Paul Müller-Brand noch mehr Anschaulichkeit verleiht.
Damit ist die Vielfalt noch nicht erschöpft: Während Romer mit einer reichen Auswahl unterschiedlichster Keramiken vertreten ist, zeigt die Fotografin Michaela Ebelshäuser einige ihrer Naturaufnahmen. Die Goldschmiedemeister Yvonne und Dominik Herhold wiederum haben aus ihrer Werkstatt ausgesuchte Schmuckstücke mitgebracht. „Schmuck ist schließlich eine Mischung aus Kunst und Handwerk“, stellt Yvonne Herhold klar.
Logisch, dass auch die Malerei nicht fehlen darf: Zu dieser Sparte zählen unter anderem Gabi Groß und als Gastausstellerin Evelyn Sattler, die einige beeindruckende Landschaftsgemälde ausstellt. Der Auftragsmalerei haben sich Liane Bellmann und Petra Ludwig verschrieben, von denen teils abstrakte, teils figürliche Bilder zu sehen sind.
Der Initialfunke habe bei ihr gezündet, als sie die Möbel für das Kinderzimmer ihres Enkelkinds mit unterschiedlichen Motiven bemalt habe, erzählt Petra Ludwig: „Da kam ich auf die Idee, auch auf Leinwand zu malen.“ Kunst trifft Handwerk, wie gesagt. Auftragsmalerei – für Esther Brühl-Messemer aus Endlichhoven käme das wohl nie in Frage. „Ich verkaufe meine Bilder weniger gern“, sagt die Hobbymalerin und fügt hinzu, die Ausstellung sei für sie eine willkommene Gelegenheit, sich mit anderen auszutauschen: „Unter Corona hat das ja sehr gelitten.“