Klinik-Jubiläum in Limburg
Gesundheitssystem funktioniert nur gemeinsam
Aus- und Weiterbildungen sind schlechthin der Baustein für eine hohe Qualität in Medizin und Pflege. Fachweiterbildungen im Bereich Notfallpflege und das System der Praxisanleitungen haben sich in St. Vincenz fest etabliert. Foto: Marc Hartmann St. Vincenz
Marc Hartmann/St. Vincenz Krankenhaus

Das St. Vincenz-Krankenhaus in Limburg ist eine feste Größe in der Gesundheitsversorgung der Region – durch alle Stürme der Zeit. Doch wie sieht es in der Zukunft aus?

Der Bedarf nach einer guten Gesundheitsversorgung vor Ort ist riesig, die Not groß. Politische Unzufriedenheit und Krisenerleben der Menschen sind nicht wegzubekommen. Mediziner und gutes Pflegepersonal zu bekommen, ist eine schwierige Aufgabe. So etwa sah es vor 175 Jahren in Limburg aus, als das St. Vincenz-Krankenhaus gegründet wurde. Und heute? Parallelen tun sich auf, wenn auch sicher auf einem deutlich anderen Niveau insgesamt.

Aber der Gesundheitsbetrieb – auch in Limburg – ist ein sehr angespanntes Geschäft. Im Kernbereich – der Medizin und der Pflege – schippert die Krankenhausgesellschaft seit Jahren durch unsichere Gewässer: Sparpolitik, Fachkräftemangel in allen Bereichen, wachsende Ansprüche – und die Babyboomer kommen erst noch, das ist das heutige Umfeld, das von Verwaltungsrat, Geschäftsführung und vor allem von rund 1800 Beschäftigten jeden Tag gemeistert werden muss.

Wernert: Investitionensichern die Qualität

„Und das mit Erfolg“, bedankt sich Erwin Reuhl bei der Auftaktveranstaltung zum Jubiläumsjahr besonders bei den Mitarbeitenden. „Hurra, wir leben noch“ – für Reuhl können das schon einige Akteure gerade im Klinikbereich nicht mehr sagen, St. Vincenz schon. Bundesweit stehen seit Monaten Krankenhausschließungen infolge der Krankenhausreform-Gesetzgebung auf der Tagesordnung, und die Einschläge kommen näher.

„Es gibt kein Geheimkonzept, um mit den Herausforderungen umzugehen“, sagt Reuhl. Aber ein paar Parameter: Das medizinische Angebot an den Bedürfnissen der Menschen weiterentwickeln, das habe St. Vincenz geschafft. Das hat die Zentralität gesichert, damit wurden auch die Strukturen des Hauses Schritt für Schritt entwickelt – „auch, wenn manche Entscheidungen unangenehm waren“, so Reuhl.

Investitionen waren und sind notwendig, um diese Position zu sichern, ergänzt Geschäftsführer Guido Wernert. „Dass es finanziell eng ist, kann kein Argument sein gegen Investitionen, um Qualität zu sichern“, sagt Wernert. Aktuell stehen 16 Millionen Euro in der Planung für einen zusätzlichen multifunktionalen Operationssaal, ein Unit-Dose-System, das ist ein Konzept der Arzneimittelversorgung im Krankenhaus, und das roboter-assistierte Operationssystem „da Vinci“.

Auf einer tieferliegenden Ebene spielten für den Verwaltungsratsvorsitzenden Reuhl immer eine Rolle, mit welchen Werten ein Krankenhaus geführt wird: „Gerade in einer Zeit, in der Hass und Ausgrenzung um sich greifen, ist es wichtig, Kranken ohne Anschauung der Person auf höchstem Niveau in Medizin und Pflege zu begegnen. Das gehört zu unseren christlichen Grundwerten.“ Das individuell umzusetzen, ist bei 140.000 behandelten Patienten und Patientinnen im Jahr keine einfache Angelegenheit.

Reuhl: In Pflege und Medizinkommt es auf Werte an

So eine Position im regionalen Gesundheitsmarkt muss erst einmal erarbeitet und auch erstritten werden, und das heißt: Konflikte offen gestalten und dann gemeinsam zu Ergebnissen kommen. Wachsen mit Schmerzen, das ist gelungen. Das sagt auch die Ärztliche Direktorin Kartin Neubauer-Saile. „Angebote wurden auch gegen den Trend entwickelt, von 17 auf 34. Das medizinische Angebotsspektrum ist enorm groß, darauf können wir stolz sein“, so die Medizinerin. Aber auch hier seien die Rahmenbedingungen alles andere als förderlich. „30.000 Bewerber um einen Medizinstudienplatz werden abgelehnt, und die Zahl der Studienplätze werden weiter verknappt. Das ist nicht zukunftsorientiert“, kritisiert Neubauer-Saile.

Und über die Pflege müssen wir noch reden. Jens Rößner ist neuer Pflegedirektor in St. Vincenz. Er verantwortet die größte Berufsgruppe innerhalb der Krankenhausgesellschaft. Es muss viel getan werden, um den „hochkomplexen Beruf in der Pflege“ attraktiv zu machen, sagt er. Die Pflegelasten müssten intelligenter verteilt werden. Für eine angemessene Wertschätzung sorgen, das sei längst überfällig. Das heißt auch: die Mitarbeitenden in Wunschstationen bringen, sie weiterbilden, sie vernünftig bezahlen und ausbilden. 113 Auszubildende im Pflegebereich 2024, das ist schon eine Ansage, aber der Bedarf ist noch größer. Immer mehr setze sich der Gedanke durch, dass auch das St. Vincenz für die gesamte Region ausbilde.

Dass Kliniken Leasingkräfte teuer einkaufen müssen, um Stationen in Betrieb zu behalten, gehöre abgeschafft „Das ist nicht sozial“, sagt Rößner. Kompetenzen aufbauen und weiterentwickeln, das ist das Konzept in St. Vincenz, sagen Sibylle Schnurr und Marc Hartmann. An den Ausbildungs- und Fortbildungskonzepten werde intensiv gearbeitet. Menschen aus dem Ausland in die Pflege in Deutschand zu integrieren, sei eine akute Aufgabe.

Kooperation ist das Stichwort, und da gibt es natürlich noch viele andere Player im Medizinsektor. Unter anderem die Niedergelassenen, die integriert und beteiligt werden wollen. Das, so Ulrike Tondera vom Ärztenetz „Piano“, war nicht immer einfach und konfliktfrei, habe sich aber über die Jahre zu einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe weiterentwickelt. Ambulant vor stationär – eine gemeinsame Strategie stand am Ende einer Lernkurve. Die hört im Gesundheitssektor wohl nie auf. Auch nach 175 Jahren nicht.

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