Eine bunte Truppe findet sich zu Touren zusammen, bei denen die schönen Wege in und um die Kurstadt erkundet werden. Es sind die Wanderfreunde aus dem Taunusklub, die inzwischen ihre 700. Runde vor sich haben. Zu dem besonderen Anlass formiert man sich zunächst zu einem Gruppenfoto. Gut 30 Frauen und Männer – teils schon mehr als 80 Jahre jung – sind auf einem Parkplatz am Bad Emser Westbahnhof sichtlich hoch motiviert, zwei unterschiedliche Wanderungen in Angriff zu nehmen.
Es hat sich bewährt, dass Strecken mit unterschiedlicher Länge und Schwierigkeitsgrad ausgesucht werden – so kann sich jeder das für ihn passende Angebot aussuchen. „Vielleicht kommt künftig noch eine dritte Tour für Leute mit Rollatoren hinzu“, blickte Wilhelm Augst, der seit langer Zeit für die Organisation der Fitnesswanderungen zuständig ist, voraus. Das mag zunächst witzig klingen, ist aber anderswo inzwischen Realität, da auch Senioren, die auf den Rollator angewiesen sind, kleinere Strecken bewältigen und damit etwas für die Fitness tun. Gerd Unruh, langjähriger Vorsitzender des Taunusklubs, lobte den Einsatz von Wilhelm Augst, der als Organisator und Motivator unverzichtbare Arbeit leistet. Neben dem Einsatz für die Gesundheit kommt bei den Wanderungen aber auch die Geselligkeit nicht zu kurz. „Hier gibt es viel Gelegenheit, sich auszutauschen“, hob Wilhelm Augst hervor. Etliche Witwen und Witwer sind unter den Wanderfreunden, für die neben der Bewegung in der frischen Luft auch das Gespräch mit anderen Teilnehmern zählt.
Vier Frauen gründeten die Gruppe
Im Jahr 2011 wurden die Touren als kleines gemeinsames Projekt einiger wanderbegeisterter Damen (Vinka Stengel, Gisela Wöll, Ingrid Heinz und Rosemarie Schulist) gestartet, seither haben sie sich zu einer beeindruckenden Erfolgsgeschichte entwickelt. Die Idee hinter den Wanderungen war einfach: „Wandern ist gesundheitsfördernd, und Krankenkassen belohnen dies mit Prämien“, berichtet Wilhelm Augst in einem Rückblick auf die gemeinsamen Ausflüge. Doch um Prämien zu erhalten, brauchten die Wanderer einen Nachweis. So beschloss die Jahreshauptversammlung des Taunusklubs Bad Ems 2011, regelmäßige Veranstaltungen anzubieten, die eine ideale Ergänzung zu den monatlichen Sonntagswanderungen waren.
Die erste Fitnesswanderung am 3. Februar 2011 zählte 14 Teilnehmer und führte über eine Strecke von 10 Kilometern. Bereits im ersten Quartal stieg die Teilnehmerzahl auf rund 20 an. Wandern fördert nicht nur die Gesundheit, sondern auch den sozialen Austausch. So wurden die Nachmittagswanderungen oft mit einer gemütlichen Einkehr bei Kaffee und Kuchen abgerundet. Nach den beiden aktuellen Jubiläumstouren steht noch die Einkehr in der Lahnterrasse zum gemütlichen Abschluss auf dem Programm. Eine Gruppe machte sich auf zum Kaiser-Wilhelm-Weg am Malberg, die andere nahm zunächst die Bismarcksäule ins Visier. Für beide schlossen sich danach noch weitere Strecken an.
„Zusammen werden wir bei 700 Wanderungen bestimmt vier Mal um die Erde gewandert sein.“
Teilnehmer Jürgen Gauer
Die Wanderungen gewannen laut der Bilanz von Wilhelm Augst nach dem Start schnell an Beliebtheit, und auch viele Gäste schlossen sich den Gruppen an. Rund 30 dieser Gäste wurden schließlich Mitglieder des Taunusklubs, was zu einem deutlichen Mitgliederzuwachs führte. Mit dem Klimawandel und den steigenden Sommertemperaturen wurden die Wanderungen ab 2015 im Sommer auf den Vormittag verlegt. Statt Nachmittagskaffee gab es nun ein gemeinsames Mittagessen. Seit 2024 werden die Wanderungen ganzjährig vormittags angeboten.
Um den älter werdenden Teilnehmern gerecht zu werden, wurde im Jahr 2018 ein zusätzliches Angebot geschaffen: kürzere Wanderstrecken von 6 bis 8 Kilometern und möglichst ohne Berganstiege. Beide Gruppen treffen sich meist zur gemeinsamen Schlussrast, was – genau wie bei der Jubiläumstour – den sozialen Zusammenhalt stärkt. Die Fitnesswanderungen erfreuen sich großer Beliebtheit, und es kommt oft zu einer hohen Teilnehmerzahl von mehr als 40 Personen. Der Rekord wurde am 1. Februar 2024 aufgestellt, als 53 Wanderbegeisterte teilnahmen. Wilhelm Augst dokumentiert die verschiedenen Termine mit den jeweiligen Teilnehmern in einer Mappe. „Zusammen werden wir bei 700 Wanderungen bestimmt vier Mal um die Erde gewandert sein“, schätzt Jürgen Gauer, der zusammen mit seinem vierbeinigen Begleiter an der Jubiläumsrunde teilnimmt.
Gewandert wird bei (fast) jedem Wetter
Die Organisation der Wanderungen liegt in den Händen von Wilhelm Augst und erfolgt durch monatliche Pläne, die in der Rhein-Lahn-Zeitung, im Mitteilungsblatt und online veröffentlicht werden. Zusätzlich erhalten alle Teilnehmer handliche Zettel mit den wichtigsten Informationen. Für die Einkehr werden die Essenswünsche vorab telefonisch durchgegeben, um lange Wartezeiten zu vermeiden. Gewandert wird bei jedem Wetter, außer bei Sturm und Gewitter. Während der Corona-Pandemie musste die Wandergruppe zeitweise pausieren oder in Kleingruppen wandern. Trotz dieser Herausforderungen wurde weitergewandert, und Wilhelm Augst stellte detaillierte Weg-Beschreibungen und Listen zur Erfassung der Wanderungen für die Statistik und das „Wanderabzeichen“ bereit. Die Jubiläumswanderung wurde mit 34 Wanderern ein großer Erfolg. Die Fitnesswandergruppe wird ihre Wanderungen auch weiterhin fortsetzen, selbst wenn es wie am 16. Januar 2025 in Strömen regnet.