Juristischer Streit zwischen Züchtern und Landkreis beigelegt
Gerichtsstreit zwischen Züchtern und Kreis beigelegt: Wieder Weideschlachtungen in Flacht
Die Situation nach dem erfolgreichen Schuss: Mit dem Eimer in der Hand stürzt der Metzger Richtung Rind, um den Entblutungsstich zu setzen. Im Gefolge sind unter anderem die Amtstierärztin und weitere Personen, die sich unter anderem um den Abtransport kümmern.
Johannes Koenig

Und dann ging es doch ganz schnell: Ein Knall, eine kurze Unruhe in der Rinderherde, und ein Ochse liegt auf dem Boden. Nach rund zweijähriger Zwangspause und einem Gang vors Koblenzer Verwaltungsgericht gibt es auf dem Birkenhof in Flacht wieder Weideschlachtungen. Die dritte und letzte Schlachtung in diesem Jahr fand nun am vergangenen Samstag statt.

Die Situation nach dem erfolgreichen Schuss: Mit dem Eimer in der Hand stürzt der Metzger Richtung Rind, um den Entblutungsstich zu setzen. Im Gefolge sind unter anderem die Amtstierärztin und weitere Personen, die sich unter anderem um den Abtransport kümmern.
Johannes Koenig

Es war ein Widerstreit der Überzeugungen und Gesetzesinterpretationen, den die beiden Wagyu-Züchter Nura Follmann und Gerald Kleindienst aus Flacht und das Veterinäramt des Rhein-Lahn-Kreises in der Vergangenheit miteinander ausfochten. Auf der einen Seite stand die Idee der beiden Nebenerwerbszüchter, dass ihre Rinder ganzjährig draußen auf den Weiden des Aussiedlerhofes stehen, dort geboren werden und, wenn die Zeit kommt, in ihrem Lebensraum per Gewehrschuss (Kugelschuss) sterben. Bei Mischlingen, wie den am Samstag geschlachteten Ochsen, geschieht das ab einem Alter von zwei Jahren. Bei Wagyu-Rindern braucht es hingegen rund vier Jahre bis die gewünschte Marmorierung – also die Verteilung des Fettgewebes im Fleisch – erreicht ist. Die Marmorierung sorgt für den zarten Geschmack.

Schuss vom Hochsitz

Den Gewehrschuss setzt ein extra dafür qualifizierter Jäger von einem direkt an der Weide platzierten Hochstand aus. So passierte es auch am vergangenen Samstag. Die Herde stand auf ihrer gewohnten Weide. Der zur Schlachtung ausgewählte Ochse hielt sich zusammen mit zwei Artgenossen in einem abgetrennten Bereich auf. „Das geschah, damit der Jäger freie Sicht hat und nicht ein anderes Tier davor steht“, so Follmann. Und der Plan ging auf: Kaum hatte der Jäger auf dem Hochsitz Position bezogen, konnte er auch schon schießen. „Der Ochse stand ideal und schaute mich an, der Kopf war dabei leicht geneigt“, schildert er später die Situation. So war es ihm möglich, exakt die vorgesehene Stelle oberhalb des Kreuzungspunktes der beiden Diagonalen zwischen Hörnern und Augen zu treffen. Auf diese Weise trat der Tod sofort ein, und das Tier fiel einfach um.

Kaum war der Schuss gefallen, lief auch schon der wartende Metzger auf die Weide, um den Entblutungsstich zu setzen. Das austretende Blut fing er in einem Plastikeimer auf. Mit dabei war auch eine Amtstierärztin des Rhein-Lahn-Kreises, die hatte sich vorab von der Gesundheit des Ochsen überzeugt und nun auch dessen Tod festgestellt. Während rund um das getötete Tier geschäftig gearbeitet wurde, zuckten dessen Gliedmaßen noch. „Das ist normal“, sagte Follmann. „Das kann bis zu einer Stunde andauern.“ Der Körper wurde dann auch hurtig von der Weide geholt und zur weiteren Verarbeitung zu einer Metzgerei im benachbarten Hessen gefahren.

Tiertransport entfällt

Durch eine solche Weideschlachtung fällt also der Transport der lebendigen Tiere zum Schlachthof aus, was ihnen wiederum Stress erspart. Was aber waren die Einwände des Kreisveterinäramts? Die Behörde argumentierte wie auch das zuständige rheinland-pfälzische Umweltministerium, dass Weideschlachtungen nur in Ausnahmefällen zulässig sind. Im Raum stand die Befürchtung, dass ein Schuss auch daneben gehen und dem Schlachttier unnötiges Leid bereiten kann. Stattdessen bevorzugte die Ministerialbürokratie die Betäubung durch einen Bolzenschuss mit anschließender Tötung mithilfe eines Entblutungsschnitts, was wiederum Nura Follmann und ihr Lebensgefährte strikt ablehnen.

„Die für einen Bolzenschuss notwendige Fixierung ist für Tiere, die das gewohnt sind, beim Futter im Stall ihren Kopf durch ein Gatter zu stecken, kein Problem.“ Das sei aber bei ihren Rindern auf der Weide anders, für die ist das Stress pur, weil sie das nicht gewohnt sind, argumentiert Follmann.

Die Rinderherde schaut zu, während mehrere Menschen konzentriert rund um den Körper des erschossenen Ochsen arbeiten.
Johannes Koenig

Nachdem der juristische Streit im September beigelegt wurde, fanden bereits zwei Weideschlachtungen statt. Los ging es im Oktober mit einem 4 Jahre alten Mischling, im November folgte ein 6 Jahre altes Wagyu-Rind und nun der 2 Jahre alte Ochse. „Wir wollen auch im nächsten Jahr kontinuierlich schlachten, um die Herdengröße von 40 auf 30 zu reduzieren“, so das Ziel.

Hackfleisch ab 20 Euro

Bewusst werden dabei sowohl das vergleichsweise teure Wagyu-Fleisch und das etwas günstigere Fleisch der Mischlinge angeboten. Ein Kilo Hackfleisch wird daher für einen Preis ab etwa 20 Euro verkauft. „Das ist auch ungefähr das, was man bei einem Metzger bezahlt.“ Entsprechend gemischt ist auch die Kundschaft. Die reicht vom Porschefahrer, der es auf das marmorierte zarte Wagyu-Steak abgesehen hat, bis hin zur älteren Dame, die das Fleischpaket mit Roulade, Hackfleisch, Suppenfleisch und Sonntagsbraten kauft. „Unsere Kundschaft kommt inzwischen auch aus dem Raum Koblenz oder aus Bad Neuenahr-Ahrweiler.“

Was die Kunden wünschen

Wie viel Fleisch wird aber pro Schlachtung verkauft? „Ein Rind hat ein Lebendgewicht von etwa 600 Kilogramm und nach dem Entfernen von Kopf und anderen Körperteilen ein Schlachtgewicht von 300 Kilo.“ Davon bleiben nach dem Entfernen der Knochen noch etwa 160 Kilogramm Fleisch übrig. Und was ist davon am gefragtesten? „Die Kunden fragen alle nach dem Filet, weil sie glauben, dass es das Beste ist.“ Aber das seien nur rund 3,5 Kilogramm oder 2 Prozent des Rinds. „Es gibt gleichwertige oder bessere Stücke“, betont die Züchterin. Dazu zählen zum Beispiel das sogenannte Metzgerstück aus dem hinteren Teil der Schulter oder das Bürgermeisterstück aus dem Hüftbereich. „Also Fleisch, das der Metzger sich früher selbst zurücklegte oder das für den Bürgermeister reserviert war.“

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