Tanja Steeg, Wirtschaftsförderin des Kreises
Tanja Steeg hält das Gendern in Informationstexten oder Fernsehmoderationen für unnötig. Sie sagt: „Ich unterstelle den Menschen, die sich gerade für Gendersprache einsetzen die beste Absicht!“ Allerdings will die Wirtschaftsförderin des Kreises und Oelsberger Ortsbürgermeisterin die Frage aufwerfen, wer sich durch den bisherigen Sprachgebrauch von männlichen Wortformen diskriminiert fühle. „Es geht dem Grunde nach jedem um das Thema Wertschätzung“, sagt Steeg. „Und Wertschätzung gehört gelebt.“
Gleichberechtigung manifestiert sich für Tanja Steeg darin, dass Menschen sich in ihren Handlungen auf Augenhöhe begegnen. Es geht aus ihrer Sicht um einen wertschätzenden Umgang mit dem Gegenüber. „Den kriegen wir nicht hin, indem wir eine Sprache komplizierter machen“, glaubt Steeg. Wertschätzung habe für sie sehr viel mit der eigenen Identität zu tun – damit, zu wissen, wer man selbst sei, was einen ausmache und dass andere Menschen genauso wertvoll seien wie man selbst.
„Vielleicht haben wir also gar kein Sprachproblem, sondern ein Identitätsproblem“, meint Tanja Steeg. Sie selbst habe bis heute im Job keine Benachteiligung als Frau erlebt, erklärt Steeg, die als studierte Bankbetriebswirtin ursprünglich aus der Finanzbranche kommt. Sie fühle sich in ihrem beruflichen Umfeld wertgeschätzt und ernst genommen.
Ute Dombrowski, Deutschlehrerin an der Integrierten Gesamtschule in Nastätten
Ute Dombrowski kann es sich gut vorstellen, dass das Gendern im alltäglichen Sprachgebrauch ankommt. „Es gibt immer Veränderung in der Sprache“, sagt Dombrowski. Sie ist Deutschlehrerin an der Integrierten Gesamtschule in Nastätten und schreibt in ihrer Freizeit Bücher (unter anderem die Nastätten-Krimireihe). Unsere Sprache entwickele sich weiter – man brauche da nur an die Rechtschreibreform oder den Einfluss von Anglizismen zu denken.
Sie stört an der aktuellen Debatte über die geschlechtergerechte Sprache, „dass das Thema so hochgebauscht wird“. In der Schule sei es schon lange üblich, von „Lehrerinnen und Lehrern“ sowie von „Schülerinnen und Schülern“ zu sprechen. „Da hat sich nie jemand daran gestoßen, dass das zu lang ist“, sagt Ute Dombrowski.
Aber sie falle auch nicht vom Stuhl, wenn sie mit der männlichen Form „Lehrer“ angesprochen werde. Nicht gut findet es Dombrowski, wenn ein neutraler Begriff wie „Schreibende“ verwendet wird, um „Autorinnen und Autoren“ gleichermaßen anzusprechen. Aus ihrer Sicht gehen dadurch wichtige Details verloren. „Ein Schreibender bin ich auch, wenn ich einen Einkaufszettel schreibe“, meint Ute Dombrowski.
Den Knackpunkt für die Gleichberechtigung von Mann und Frau sehe sie in der Gendersprache jedenfalls nicht. „Man ist so selbstbewusst, wie man sich fühlt“, betont Dombrowski. Was sich die Hobbyautorin nicht vorstellen kann, ist, dass die Gendersprache Einzug in die fiktive Literatur hält. Im Sinne der Lesefreundlichkeit würde sie selbst in ihren Krimis nicht von „Kommissarinnen und Kommissaren“ schreiben wollen. „Ich nenne die Akteure stattdessen lieber bei ihrem Namen.“
Harald Gemmer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Aar-Einrich
Gender Mainstreaming – also die Interessen aller Geschlechter im Blick zu haben – ist eine Querschnittsaufgabe in unserer Verwaltung, sagt der Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Aar-Einrich, Harald Gemmer. „Ziel muss es sein, geschlechtsbezogene Rollenzuschreibungen zu überwinden, Benachteiligungen zu verhindern und Gleichstellung zu fördern.“
Diesen Grundsatz halte er für wichtig und richtig. Allerdings müsse dieses Ziel durch Handlungen und nicht durch übertriebene Schreibweisen umgesetzt werden. Der Versuch, jede Formulierung gendergerecht zu gestalten, führe bei vielen zu Unverständnis und Kopfschütteln. „In unserer Verwaltung erstellen wir derzeit die Dienstordnung, in der auch dieses Thema geregelt wird.“ Aber es gelte auch: „Das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern in ihrer Vielfalt zu fördern wird nicht durch Gendersternchen erreicht, sondern durch konkrete Maßnahmen und Handlungen.“
Gabi Laschet-Einig, SPD-Kommualpolitikerin aus Lahnstein
Gabi Laschet-Einig, SPD-Kommualpolitikerin aus Lahnstein, ist eine absolute Befürworterin des Genderns. „Ich setze mich mit aller Kraft für die Gleichwertigkeit der Geschlechter ein“, sagt Laschet-Einig, die Mitarbeiterin von „QueerNet Rheinland-Pfalz“ ist, einem Netzwerk, das Ansprechpartner für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transidente und Intersexuelle ist. „Und diese Gleichwertigkeit muss sich auch in der Sprache wiederfinden.“
In einem Manuskript oder einem Schreiben darauf zu verweisen, dass um der Verständlichkeit willen nur die maskuline Bezeichnung „Teilnehmer“ verwendet werde, damit aber alle anderen ebenfalls gemeint seien, geht für Gabi Laschet Einig „gar nicht!“. Es sei ein emanzipatorischer Prozess, der jetzt in Gang kommen müsse, es müsse durch die gendergerechte Sprache endlich ein Ruck durch die Gesellschaft gehen, denn wahre Gleichwertigkeit gebe es noch immer nicht.
Sie will sich auch nicht mit den Endungen „-er“ und „-innen“ zufrieden geben, sondern setzt konsequent auf den Genderstern (Teilnehmer*Innen) oder den Doppelpunkt (Teilnehmer:Innen), denn nur beide Satzzeichen seien ein Symbol für transidente und intersexuelle Menschen und nur so schließe man wirklich alle Menschen in die Sprache mit ein.
Doris Weyand, Gleichstellungsbeauftragte der VG Aar-Einrich
Doris Weyand, Gleichstellungsbeauftragte der VG Aar-Einrich: „Es ist ein wesentliches Anliegen der Gleichstellung, auf die Vielfalt der Geschlechter einzugehen und Geschlechtergerechtigkeit herbeizuführen. Dazu gehört es auch, diskriminierungsfrei zu kommunizieren. Mit einer gendergerechten Sprache, sprich: (Doppelpunkt), * (Sternchen) oder Pausen soll für mehr Gleichberechtigung gesorgt werden. Dies mag in der schriftlichen Form noch in Ordnung sein, gestaltet sich jedoch meiner Meinung nach in der mündlichen Kommunikation schwierig. Wenn eine namentliche Anrede nicht möglich ist, bevorzuge ich die Doppelnennungen, wie liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sowohl schriftlich als auch mündlich. Dies wird in der alltäglichen Kommunikation verstanden und berücksichtigt alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten.
Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den Bewusstseinswandel zugunsten der Gleichberechtigung zu fördern. Dies kann nur durch gegenseitige Toleranz und gegenseitigen Respekt sowie konkrete Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen erreicht werden kann.
Birgit Wilhelm, Gleichstellungsbeauftragte der Verbandsgemeinde Diez
Gendern ist für Birgit Wilhelm, Gleichstellungsbeauftragte der Verbandsgemeinde Diez, kein großes Thema. „Wir verwenden schon seit Jahren immer die männliche und die weibliche Form nebeneinander“, erklärt sie. Ein Gendersternchen im Wort sei in Schreiben der VG nicht angedacht, Männer und Frauen fühlen sich in der zurzeit praktizierten Schreibweise offensichtlich gleichermaßen angesprochen.
Monika Kaule, Leiterin der Diezer Stadtbibliothek
„Was ist nötig, was ist auch lesefreundlich?“, fragt sich Monika Kaule, Leiterin der Diezer Stadtbibliothek. „Wir haben das Thema im Hinterkopf, aber noch keine abschließende Meinung gefunden“, betont sie. Männliche und weibliche Formen stets nacheinander zu erwähnen wirkt für Monika Kaule ermüdend. „Ich fühle mich nicht benachteiligt, wenn von ,Bibliothekaren' im Plural gesprochen wird“, hebt sie hervor. Auch ihre Stellvertreterin Jessica Gerwien schließt sich an: „Wir haben noch keine perfekte Lösung gefunden“, unterstreicht sie zum Umgang mit dem Gendern.
Christa Habscheid, Schulleiterin des Goethe-Gymnasiums Bad Ems
„Mir ist wichtig, dass sprachlich ausgeklammerte Personen explizit mitgedacht, mitgeschrieben und mitgesprochen werden“, betont Christa Habscheid, Schulleiterin des Goethe-Gymnasiums Bad Ems. „Es sind häufig Frauen oder Trans- und Inter-Menschen, die sprachlich unsichtbar bleiben – Minderheiten oder vermeidlich schwächere Gruppen. Das generische Maskulinum ist auch eine Form des Genderns – aber eben die Form, die uns von klein auf als neutral verkauft wird.
Ein kreativer und vor allen Dingen bewusster Umgang mit Sprache in der Schule trägt dazu bei, stereotype Rollenbilder abzuschwächen und jungen Menschen – unabhängig von ihrer geschlechtlichen Zuordnung – sichtbar zu machen. Es zeigt, dass man gesehen wird, unabhängig davon, welches Geschlecht man sich selbst zuordnet. Junge Menschen müssen erfahren, dass man sie wahrnimmt. Meines Erachtens drückt nur gendergerechte Sprache diese Wertschätzung aus. Nicht nur Realitäten schaffen Sprache, sondern auch Sprache kann Realitäten verändern. Sprache muss diskriminierungsfrei sein – gendern im Schulalltag ist ein Muss.“