Miehlener Rat verabschiedet Förderrichtlinie - Weshalb Praxis Mitte nächsten Jahres die Schließung drohen könnte
Gemeinde macht Geld für Ärzte locker: Weshalb Praxis die Schließung drohen könnte
Wie in der Miehlener Ratssitzung zu erfahren war, gehen zum Jahreswechsel zwei Ärzte aus dem MVZ Mühlbachtal in den Ruhestand. Ende Juni 2020 folge ein weiterer Arzt. Um Mediziner nach Miehlen zu locken, hat der Rat nun eine Förderrichtlinie verabschiedet. Fotos: Thorsten Stötzer
Thorsten Stötzer

Miehlen. Die Ortsgemeinde Miehlen will mit einer neuen Förderrichtlinie Hausärzte auf sich aufmerksam machen. Von einem „Signal“ sprach Ortsbürgermeister André Stötzer beim brisantesten Punkt der jüngsten Gemeinderatssitzung. Fünf Jahre lang jeden Monat 1000 Euro pro Vollzeitstelle: Das ist die Prämie, die helfen soll zu verhindern, dass ab Mitte des nächsten Jahres die örtliche Arztpraxis leer steht.

Der Beschluss fiel nach intensiver Diskussion einstimmig und sieht vor, dass maximal zwei Vollzeitkräfte den Zuschuss erhalten können. Angetrieben wird der Rat dabei von bevorstehenden markanten personellen Verlusten im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Mühlbachtal. Sowohl dessen ärztliche Leiter Dr. Dieter Hoffmann aus Miehlen als auch sein Bogeler Kollege Werner Schwehn gehen demnach zum Jahreswechsel in den Ruhestand. Ende Juni 2020 folgt ihnen der Arzt Miquel Palacios.

Nach jetzigem Stand bliebe dem MVZ alleine Dr. Anne Herrig als Medizinerin in Teilzeit. Damit am 30. Juni nächsten Jahres nicht das Wartezimmer verschlossen bleibt, ist ein Arzt in Vollzeit nötig. Bisher eingestellte Ärzte haben das Versorgungszentrum inzwischen wieder verlassen. Wie später in der Aussprache der Beigeordnete Tilo Groß (FWG) von Gesprächen am Sitz des MVZ-Trägers, dem St.-Elisabeth-Krankenhaus in Lahnstein, berichtete, liegen dort durchaus immer wieder Bewerbungen vor.

Fehlende Qualifikationen oder Sprachprobleme verhinderten aber letztlich Einstellungen. Mit Geld ließen sich solche Probleme zwar nicht auffangen, dennoch setzt die Gemeinde an diesem Faktor an, um eine Existenz als Hausarzt in Miehlen attraktiver zu machen. Dabei ist die Förderrichtlinie nicht auf das MVZ beschränkt, wie in der Diskussion mehrfach betont wurde.

Die Personalsuche soll offen betrieben werden, eine neue Niederlassung müsste dann die Kassenärztliche Vereinigung (KV) genehmigen. Eine Anstellung im MVZ sei die „naheliegende Lösung“, so André Stötzer, jedoch ist sie nicht die einzig denkbare. Ärzte sollen gezielt angesprochen werden, die Gemeindepolitiker bauen auch auf Dieter Hoffmanns Kontakte. Außerdem soll jenseits der nahen Landesgrenze in Hessen für einen Arbeitsplatz in Miehlen geworben werden. Rudolf Minor (SPD) plädierte für eine offensive Linie, Markus Schulz (FWG) will den „Parallelweg“ nutzen zusätzlich zum MVZ-Verantwortlichen Sankt Elisabeth.

Allgemein kam Offenheit für vielfältige Optionen zum Ausdruck. Forciert wird diese Haltung von einem hohen Zeitdruck. „Wir müssen selbst in die Pötte kommen“, forderte Minor, nach der Arztpraxis könnte die Apotheke gefährdet sein. Die hausärztliche Versorgung könnte prinzipiell ebenso durch andere Ebenen unterstützt werden. Bei der Kassenärztlichen Vereinigung gelte die Verbandsgemeinde Nastätten allerdings nicht als förderfähig, um Landesgeld müsste sich das MVZ selbst bewerben. Dabei herrsche „Konkurrenzkampf“ auf dem Arbeitsmarkt, sagt der Beigeordnete Jörg Winter (SPD). In Nastätten werde ebenfalls mit Veränderungen in den Arztpraxen gerechnet. Bei grundsätzlicher Zustimmung hegte die FWG Bedenken, weil der Rat Förderrichtlinie und Summen öffentlich behandelte. Für Cedric Crecelius (CDU) stand fest, dass die Werbung intensiviert werden muss, um einen „enormen Standortvorteil“ zu sichern.

Von unserem Mitarbeiter Thorsten Stötzer

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