Sicherheit an Karneval
Gefahrenlage auch nach Magdeburg nicht erhöht
Beim großen Finale des Kinder- und Jugendumzugs 2024 in Lahnstein versammelten sich Hunderte Karnevalisten auf dem Salhofplatz.
Marta Fröhlich

Großveranstaltungen wurden in den vergangenen Monaten Ziel von Anschlägen. Besteht deshalb nun eine erhöhte Sicherheitslage zu Karneval in der Region? So sehen die Sicherheitskonzepte für die Umzüge im Rhein-Lahn- und im Rhein-Hunsrück-Kreis aus.

Trotz gegenteiliger Eindrücke in Teilen der Bevölkerung hat sich die Sicherheitslage seit dem Anschlag von Magdeburg nicht verschlechtert. Anlässlich des nahenden Höhepunktes der fünften Jahreszeit sprachen wir mit Experten aus dem Rhein-Lahn- sowie dem Rhein-Hunsrück-Kreis. Sie bestätigen, die Auflagen, die Veranstalter erfüllen müssen, sind gestiegen. Jedoch nicht aufgrund von Terrorgefahr, sondern durch erhöhte Unfallrisiken während der Rosenmontagsumzüge.

„Unfälle im Zusammenhang mit Wägen auf Karnevalsumzügen während der letzten Jahre hatten sehr viel mehr Einfluss auf die Verschärfung der Auflagen als Anschläge wie in Magdeburg oder auf den Breitscheidplatz.“
Philipp Loringhoven, Zug-Marschall in Boppard

Philipp Loringhoven ist Mitglied des Abendumzugskomitees und Zug-Marschall in Boppard. Er sagt: „Bei all der Dramatik, die nicht nur durch Magdeburg ausgelöst wurde, sind wir davon überzeugt, dass die Maßnahmen, die wir ausgearbeitet haben, ein Höchstmaß an Sicherheit bieten können“, so Loringhoven. „Zudem hat sich die Gefahrenlage seit Magdeburg nicht verändert. Es gab nach dem Anschlag am Breitscheidplatz ähnliche Diskussionen. Die Sicherheitskonzepte wurden während der letzten Jahre in allen Bereichen der Großveranstaltungen verschärft. Im Bereich der Karnevalsumzüge insbesondere, was die Sicherheit der Wägen angeht. Denn Unfälle im Zusammenhang mit Wägen auf Karnevalsumzügen während der letzten Jahre hatten sehr viel mehr Einfluss auf die Verschärfung der Auflagen als Anschläge wie in Magdeburg oder auf den Breitscheidplatz.“

Auf Letztgenanntes habe natürlich besonders die Polizei ein Augenmerk. Es werde geschaut, wo sind sensible Knotenpunkte mit vielen Personen? Wo kann man Sicherheitszonen schaffen? „Hier arbeiten wir nicht nur mit der Polizei und der Ordnungsbehörde zusammen, sondern auch mit der Feuerwehr und dem DRK“, gibt Loringhoven Auskunft. Dies sei in Boppard aber nichts Neues. Die Auflagen an Wagenbetreiber, die aufgrund von Unfällen erlassen werden, seien hingegen massiv verschärft worden. Die Wägen müssen mittlerweile TÜV geprüft sein, ebenso wie die Aufbauten und die Zugmaschinen. „Das sind aber nur die Maßgaben des Gesetzgebers, die noch mal ergänzt werden von Genehmigungen der Ordnungsämter, die sehr viel detaillierter ausformuliert werden, als es noch vor 15 Jahren der Fall war“, ist Philipp Loringhoven wichtig zu betonen.

Keine Hinweise auf konkrete Gefährdungslagen

Dass sich die Gefahrenlage in den Kreisen Rhein-Lahn und Rhein-Hunsrück seit Magdeburg nicht erhöht hat, bestätigt auch Jürgen Fachinger, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Koblenz: „Derzeit liegen keine Erkenntnisse oder Hinweise vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung speziell für Fastnachtsveranstaltungen in unserem Zuständigkeitsbereich ableiten lassen könnte. Gleichwohl stehen diese Veranstaltungen in besonderem Fokus von Polizei und Sicherheitsbehörden. Das gilt natürlich auch für alle Veranstaltungen im Rhein-Lahn- und Rhein-Hunsrück-Kreis. Die zuständigen Behörden und Veranstalter treffen in enger Abstimmung notwendige Maßnahmen, um ein bestmögliches Sicherheitsniveau zu gewährleisten. Zur konkreten Ausgestaltung etwaiger Maßnahmen bei bestimmten Veranstaltungen können wir keine Angaben machen. Aber wir werden alles dafür tun, dass die Bürgerinnen und Bürger friedlich und ausgelassen Karneval, Fasching oder Fastnacht feiern können“, so der Pressesprecher.

Martin Stumm, dem Vorsitzenden des KC Gemünden, wurde hingegen vonseiten der Verbandsgemeindeverwaltung Kirchberg dann doch eine konkrete Auflage erteilt, die ihm ziemlich Kopfzerbrechen bereitet. In einem Schreiben der VG-Verwaltung an die Karnevalsvereine heißt es: „Gemäß Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) muss in Bezug auf Veranstaltungen bis 5.000 Besucher kein Sicherheitskonzept vorgehalten werden. Dies ist nur der Fall, wenn bestimmte Gefährdungspotenziale vorliegen. Die Maßnahmen, um den Zug vor Einfahrten zu schützen, sehen wir als ausreichend an. Besonders haben die Sicherheitsbehörden die Situation an den After-Show-Partys analysiert und sind der Meinung, dass hier ein verbesserter Zufahrtschutz vorgenommen werden müsste. Dieser sieht so aus, dass unmittelbar an den Veranstaltungsorten nach den Zügen die Zufahrten gesichert werden müssen. Hierbei handelt es sich um mobile und feste Absperreinrichtungen, bestehend aus zum Beispiel Betonkübeln, Betonquadern, Containern mit 1000 Litern Wasser oder Fahrzeugen.“ „Wir haben Glück im Unglück“, sagt Stumm, „weil die Gemeinde sich vor einigen Jahren aus anderem Anlass Barrikaden zugelegt hat. Ein Nachbar hat sich Gitterboxen mit Steinen bestellt, die wir ebenfalls als Barrikaden nutzen“, sagt Stumm. Ein Bekannter habe angekündigt, seinen LKW als Straßensperre zur Verfügung zu stellen. „Aber wer weiß, wie der LKW am nächsten Tag aussieht“, befürchtet der Gemündener.

In Lahnstein fühlt man sich ebenso wie in Boppard bestens gerüstet. Helmut Hohl ist Vorsitzender des CCO Lahnstein. Er sagt: „Als der Anschlag von Magdeburg publik wurde, musste ich direkt an unsere Straßenfastnacht in Lahnstein denken. Das CCO ist Ausrichter des Kinder- und Jugendumzugs am Fastnachtssamstag und des Rosenmontagszuges. Wir haben uns im Polizeiamt mit Vertretern des Ordnungsamtes und einem Vertreter eines von uns engagierten Sicherheitsunternehmens zusammengesetzt und hierbei die Grundsätze des Sicherheitskonzepts festgelegt. Dazu wurde der ursprüngliche Zugweg des Kinder- und Jugendumzugs, der durch beide Stadtteile gehen sollte, geändert.“

„Garantieren können wir aber, das Bestmögliche für die Sicherheit von Teilnehmern und Zuschauern getan zu haben.“
Helmut Hohl, Vorsitzender des CCO Lahnstein

Eine einhundertprozentige Sicherheit, so Hohl, könne kein Mensch garantieren. „Garantieren können wir aber, das Bestmögliche für die Sicherheit von Teilnehmern und Zuschauern getan zu haben. Wir werden neben den Absperrungen, die jeweils auch mit Ordnern besetzt sind, an den Hauptverkehrsstraßen zusätzliche Sperren in Form von LKW, landwirtschaftlichen Maschinen und Ähnliches vorsehen. Ferner werden wir den Parkplatz vor der Stadthalle straßenseitig mit unseren großen Umzugswagen bis zum Ende der After-Zug-Veranstaltung so blockieren, dass nur Fußgänger passieren dürfen. Auch die anderen Fußgängerzugänge auf den Platz werden mit Fahrzeugen blockiert. Natürlich sind neben der Polizei Feuerwehr, DRK und DLRG mit im Boot, um für einen reibungslosen Ablauf und direkte Hilfe zu sorgen. Wir vom CCO wollen, dass die großen und kleinen Narren unserer Stadt fröhlich und ausgelassen unser Brauchtum Fastnacht feiern können. Wir tun dazu unser Bestes und ich darf jetzt schon den vielen Helfern Danke sagen, die an diesem Tag im Einsatz sein werden.“

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