Die Mercedes-C-Klasse, eine silberfarbene Limousine aus dem Jahr 1996, heißt Damian. Kutzner erklärt, wieso er dem 136 PS starken Wagen einen Namen gegeben hat: „Damit wollen wir ein Gefühl in die Aktion reinbringen, sodass ein Gesicht dahintersteckt.“ Der Rallyepate des Teams ist der sechsjährige Damian Strehl aus Nassau. Der kleine Mann ist an Krebs erkrankt und zurzeit in Behandlung.
Das Team – neben Mathias Kutzner sind das seine Frau Maria Oliveri-Kutzner und sein Schwager Alexander Oliveri – tritt unter dem Namen „Operation Kitt“ an, wobei „Kitt“ als Abkürzung für „Kamel in trockenen Tüchern“ steht (siehe Infokasten). Am Samstag starten die Drei gemeinsam mit rund 100 weiteren Teams auf dem Fischmarkt in Hamburg. Unter den Teilnehmern, die aus ganz Europa stammen, sind sogar zwei aus Budapest, weiß Kutzner. Von Hamburg aus führt der winterliche Roadtrip einmal um die Ostsee durch zehn Länder: zuerst nach Stockholm und weiter über die Lofoten, bis die Wagen das Nordkap erreichen; die nächste Station ist Finnland; von Russland aus geht es über St. Petersburg nach Estland, Lettland und Litauen; nach einer Station in Kaliningrad fahren sie über Polen zurück nach Hamburg.
Gewinnen können die Teams übrigens unter anderem kostenfreie Teilnahmen an weiteren Rallyeveranstaltungen. Um auf dem Siegertreppchen zu landen, müssen sie mehrere Aufgaben erfüllen. Der junge Mann aus Kamp-Bornhofen erklärt: „Man gewinnt nicht dadurch, dass man als Erstes am Ziel ankommt. Es geht rein um die Strecke mit diversen Aufgaben, bei denen es Punkte zu holen gilt.“ Bei einer Rallye im Jahr 2014 in Jordanien mussten die Gruppen zum Beispiel eine bestimmte Statue finden. Auch mussten sie ein Foto mit einer Ziege auf dem Fahrersitz schießen. „Das war gar nicht so leicht. So etwas muss man erst mal schaffen“, erinnert sich Kutzner.
Was bei den Rallyeveranstaltungen aber viel wichtiger ist: „Jedes Team muss ein Charityprojekt auf die Beine stellen und mindestens 750 Euro an Spendengeldern zusammenbekommen“, erklärt Kutzner. Gemeinsam mit seinen Mitfahrern verkaufte er dazu Postkarten. Außerdem konnte er Sponsoren gewinnen, die im Gegenzug Werbung auf seiner Homepage und dem Wagen machen durften. „Ohne unsere Sponsoren und Unterstützer hätten wir es nicht geschafft“, weiß Kutzner schon jetzt.
Auch wenn der junge Mann beruflich im weiteren Sinn etwas mit Autos zu tun hat, so ist das Rallyefahren nur ein Hobby. Die Veranstaltungen, an denen er teilnimmt, seien Rallyes für jedermann. Im Reglement ist festgehalten, dass Navigation und GPS, um die Strecke zu finden, verboten sind. „Wir arbeiten einzig und allein mit Karten“, erklärt der 30-Jährige. Außerdem muss das Auto mindestens 15 Jahre alt sein. Mit dem neuesten und bestausgestattetsten SUV am Rennen teilzunehmen, ist also nicht erlaubt. Das spreche gegen die Rallyephilosophie, so Kutzner.
Den Mercedes hat das Team aus Kamp-Bornhofen extra fürs Rennen gekauft, höher gelegt und zusätzliche Beleuchtung angebracht. Dazu erklärt er: „Ganz im Norden ist es jetzt nur sechs Stunden lang hell, und dann nur eine Art Dämmerung. Das wird noch spannend.“ Ebenfalls notwendig für die extremen Witterungsbedingungen sind spezielle Arten von Scheibenreinigern, Motoröl und Bremsflüssigkeit. „Das, was die Autos leisten müssen, ist immens“, sagt Kutzner und fügt hinzu, dass es 2014 jedes zehnte Auto gar nicht erst ins Ziel geschafft hat.
Und es spricht noch ein weiterer Punkt gegen die Rallyephilosophie: Die Sponsorengelder werden nicht etwa für die Übernachtung in Fünf-Sterne-Hotels ausgeben, so Kutzner. Stattdessen nächtigen viele Teilnehmer in günstigen Hostels, im Winterbiwak auf einem Gletscher oder auch mal in einem Iglu. „Daher mussten wir uns besondere Schlafsäcke für bis zu minus 20 Grad besorgen“, sagt der junge Mann. „Es ist auch einfach schön, ein Land mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und neue Eindrücke zu gewinnen“, erklärt Kutzner eine weitere Intention, überhaupt bei der Rallye mitzufahren. „Vielleicht sehen wir ja sogar Polarlichter.“