Von unserer Reporterin Cordula Sailer
Die Besuchergruppe staunt bei einem Blick nach oben nicht schlecht: 16 Meter geht es von der Bühne aus in die Höhe. An mehr als 20 Querbalken können Vorhänge und Kulissen per Seilzug heruntergelassen werden. VG-Bürgermeister Josef Oster darf an einem der vielen Seile am Bühnenrand ziehen. Herab gefahren kommt eine große Plakatwand mit unzähligen Fotografien: Sänger, Kabarettisten und Schauspielgrößen sind darauf zu sehen. Sie alle zeigten über die Jahrzehnte hinweg bereits ihr Können auf der rund 200 Quadratmeter großen Bühne des Kurtheaters: Maria Schell, Gustav Knuth, Ivan Rebroff oder Harald Juhnke.
Mit einer Ausstellung im Kursaalfoyer erinnert das Staatsbad in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum und dem Verein für Geschichte nun an die bewegte Geschichte des Theaters – das genau heute vor 100 Jahren, am 2. Juni 1914, eingeweiht wurde. Auch der Marmorsaal feiert in diesem Jahr ein Jubiläum: Er wird 175 Jahre alt. Doch da der Prunksaal schon mehrere große Jahrestage feiern konnte, soll nach Wunsch der Veranstalter dieses Mal das Kurtheater im Mittelpunkt stehen. Dieser Erweiterungsbau des Kursaalgebäudes „sollte helfen, Bad Ems wieder attraktiver zu machen und an die vermeintlich große Zeit anzuknüpfen“, erklärte Stadtarchivar Hans-Jürgen Sarholz bei der Ausstellungseröffnung.
Zwar hatte Bad Ems im Jahr 1913 noch fast 11 000 Kurgäste, darunter auch viele ausländische Gäste aus Russland, Frankreich oder England. Aber: „Der Adel, der in Spitzenzeiten Mitte des 19. Jahrhunderts um die 20 Prozent der Kurgäste ausmachte, stellte 1913 keine 4 Prozent mehr“, erläuterte Sarholz. Große Kurorte wie Bad Ems oder Bad Kissingen bekamen neue Konkurrenz: Seebäder wie Norderney oder Borkum waren die neuen Publikumsmagneten. Daher der Bau des Kurtheaters: Man wollte mithalten mit den neuen Modebädern, führte Sarholz weiter aus.
Im Herbst 1913 wurde mit den Bauarbeiten am Kurtheater begonnen, im Juni 1914 wurde die Einweihung gefeiert – wenige Wochen vor dem Ersten Weltkrieg. Darum stellte Stadtarchivar Hans-Jürgen Sarholz den Gästen der Ausstellungseröffnung die Frage: „Ist es angemessen, in diesen Tagen an ein anderes Ereignis vor 100 Jahren zu erinnern als an den Kriegsbeginn?“ Für Sarholz liegt die Antwort auf der Hand: Ja, das ist es.
Denn für ihn stehen solch prächtige Kurbauten „für ein Europa der Begegnung, des Austausches und der Weltoffenheit“. Daher sei für Europa nicht nur der Blick zurück auf die beiden Weltkriege wichtig, sondern auch „auf die gemeinsame europäische Tradition, für die gerade die großen Kurorte stehen“.
Die Ausstellung „100 Jahre Kurtheater Bad Ems“ kann bis zum 12. Juni im Kursaalfoyer besichtigt werden. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis 12 Uhr und 16 bis 18 Uhr