Das Damoklesschwert Brückensperrung schwebt über dem Rhein-Lahn-Kreis. Rund 70 Vertreter von großen und kleinen Unternehmen sowie von ÖPNV und Blaulichtfamilie waren der Einladung des LBM in die Stadthalle gefolgt. Maximilan Duhr, stellvertretender Dienststellenleiter des LBM Diez, Projektleiter Helmut Kohlhauer und Vertreter der Stadtverwaltung um Oberbürgermeister Lennart Siefert zogen ein Fazit der erfolgten Vorarbeiten. „Die Verkehrsumleitung innerhalb Lahnsteins funktioniert recht gut“, bilanzierte Pedro Hillen vom Ordnungsamt. Auch die Polizei bestätigte, dass die Verkehrsteilnehmer gut mit dem neuen Verkehrskonzept klarkommen, welches seit dem 15. Oktober gilt.
Änderungen werden vollzogen
Verbesserungsmöglichkeiten, gerade was Markierungen, Kreuzungen, Bushaltestellen und Halteverbote angeht, hatten die anwesenden Betroffenen dennoch. Diese wurden von den Verantwortlichen notiert und sollen umgesetzt werden. Am kommenden Montag startet mit der Sanierung des Kreises Kölner Straße dann die letzte Vorbereitungsmaßnahme innerhalb des Stadtgebiets vor der eigentlichen Brückensperrung.
Peu à peu soll in den kommenden Wochen auch die Beschilderung der umfangreichen Umleitungsstrecke vorgenommen werden, kündigt Duhr an. „Wir werden die Schilder mit Zeitangabe versehen, sodass die Leute sich frühzeitig darauf einstellen können.“ Der Fernverkehr soll aus Lahnstein rausgehalten werden: Die weiträumige Umfahrung geht aus Richtung Koblenz auf der B 260 über Nassau bis Holzhausen an der Haide, von dort auf der B 274 hinunter nach St. Goarshausen und von dort am Rhein entlang über die B 42 bis nach Oberlahnstein.
Böhm: Millionenaufwand durch Umleitung
So dürfte der Durchgangsverkehr innerhalb des Stadtgebiets zwar weniger werden, Firmen und Betriebe in Lahnstein müssen dennoch beliefert werden – entsprechend sorgenvoll blicken viele Betriebe auf das kommende Jahr. Einer, der seinem Unmut deutlich Luft verschaffte bei diesem bereits 15. Runden Tisch, war Wolfgang Böhm, technischer Geschäftsführer von Zschimmer & Schwarz.
Der Hersteller von Spezialchemie mit Weltruf hat seine Firmenzentrale seit 1959 in der Max-Schwarz-Straße an der Ortsgrenze zu Braubach. Das ehemalige Familienunternehmen ist in mehr als 70 Ländern aktiv und beschäftigt weltweit rund 1500 Mitarbeiter. Auch wenn Kunden und Lieferanten bereits über die eingerichteten Umleitungswege informiert wurden, macht Böhm sich große Sorgen. Die Umleitung bedeute einen erheblichen Mehraufwand an Zeit und Strecke, der Manager rechnet mit Kosten in Millionenhöhe.
Überlegungen sind „illusorisch“
Mit einem anderen Umstand hat Böhm ein besonderes Problem, wie er in der Stadthalle deutlich machte: In der zweiten Jahreshälfte 2024 steht der Ausbau der Ortsdurchfahrten Osterspai und Kestert, verbunden jeweils mit dem Ausbau der Radwege, im Kalender des LBM. Und auch hier sind Vollsperrungen notwendig: in Kestert sechs Monate, in Osterspai vier Monate. „Dass dies im Jahr der Sperrung der Lahnhochbrücke geschehen soll, ist für große Industriefirmen wie uns oder die Philippine höchst problematisch“, kritisierte Böhm und nannte derlei Überlegungen „völlig illusorisch“.
Spediteure und Mitarbeiter müssten in diesem Fall noch weitere Umleitungen als ohnehin in Kauf nehmen – Böhm sprach von einem „Fall fürs Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler“. Der Manager ging noch einen Schritt weiter und warnte: „Sollte es eine solche Vollsperrung am Rhein geben, sind in Lahnstein 1000 Arbeitsplätze weg.“
Maximilian Duhr zeigte Verständnis für diese Sorgen, machte aber gleichzeitig deutlich, in welchem Dilemma sich die Planer befinden. „Die Topografie Lahnsteins ist extrem schwierig, die Brücke muss aber gemacht werden. Dann gibt es die einen, die möglichst viel Verkehr aus Lahnstein raus haben wollen – und die anderen, die Verkehr ermöglichen wollen“, fasste er zusammen.
Diese unterschiedlichen Sichtweisen gebe es auch beim Thema Radwege: Die Ortsbürgermeister in der Verbandsgemeinde Loreley wünschten sich genau wie VG-Bürgermeister Mike Weiland ein zügiges Vorankommen der Baumaßnahmen am Rhein – und auch der Bund mache Druck. „Der LBM Diez muss bis zur Buga 2029 insgesamt noch neun Maßnahmen an Rheinradwegen umsetzen“, berichtete Duhr. Natürlich würde man lieber „alles nacheinander“ abarbeiten. „Doch das Zeitfenster ist extrem eng.“
Dennoch: Man habe die Problematik auf dem Schirm. „Bevor die Arbeiten in Kestert beginnen, haben wir mindestens ein halbes Jahr Vorlaufzeit“, erklärte er. „Wir werden uns genau anschauen, ob eine Vollsperrung dort vertretbar wäre.“ Ist eine Verschiebung des Radwegeausbaus auf 2025 also denkbar? „Dazu ist aktuell keine fixe Aussage möglich“, so der stellvertretende LBM-Chef abschließend.