Braubach ist mit 70 Prozent Forstanteil der zweitgrößte kommunale Waldbesitzer im Rhein-Lahn-Kreis; auf jeden Einwohner kommen etwa 4500 Quadratmeter, also knapp ein halber Hektar. „Das ist sehr viel“, so Stefan Bäcker. 782 Hektar des Stadtwaldes sind sogenannter Wirtschaftswald, der entsprechend genutzt wird.
Viele Laubbäume
Insgesamt ist der Stadtwald stark durch Laubbäume geprägt, von daher sind die Schäden bei Nadelhölzern überschaubar. So hat es vor Jahren noch rund 8 Prozent Fichten gegeben, dieser Bestand sei infolge von Trockenheit und damit verbunden Schädlingsbefall auf nur noch 2 Prozent gesunken. Hinzu kommen noch etwa 8 Prozent Bestände von Tannen, Douglasien, Kiefern und Lärchen. In der Summe sei das im Vergleich zu anderen Gebieten in Rheinland-Pfalz wenig. Dafür stehen im Braubacher Stadtwald 60 Prozent Buchen, 18 Prozent Eichen und mehr als 11 Prozent andere Laubbäume wie Eschen, Linden, Birken und Weiden. Aber auch diese haben in den vergangenen Jahren Probleme bekommen durch Trockenheit und dem damit verbundenen Wasser-mangel ...
Dass es auch in unserer Region wärmer wird, ist nicht nur ein gefühltes Phänomen, es ist laut Bäcker auch in Zahlen messbar: Im Mittelrheingebiet lag die durchschnittliche Temperatur in den Jahren 1881–1910 noch bei 8,6 Grad, 1971–2020 waren es bereits 9,5 Grad und 1993–2022 rund 10,3 Grad. Heißt: Es wird wärmer, und zwar in wesentlich kürzeren Zeiträumen als früher. Je nachdem, welche Maßnahmen gegen die Erwärmung getroffen werden und wie diese wirken, könne man in der Projektion sehen, wie sich unsere Region weiterhin mehr oder weniger erwärmen könnte.
Ökosystem unter Druck
Folgen des Klimawandels sind aber nicht nur Phasen der Trockenheit und Hitzeperioden, im Forst sind darüber hinaus jetzt schon weitere Probleme erkennbar: Die Waldökosysteme geraten unter Druck, kahle Flächen, Hangrutsche, Waldbrände werden häufiger registriert. Gleichzeitig gibt es Veränderungen in den Waldböden und bei Mikroorganismen, neue Schädlinge treten auf, andere vermehren sich explosionsartig. Die Vegetationszeit verlängert sich, längere Fröste gibt es kaum noch, dafür mehr Regenperioden, was letztendlich auch die Rahmenbedingungen für die Forstwirtschaft etwa beim Holzeinschlag erschwert. Welche Auswirkungen es auf die Holzbereitstellung geben wird, auch beim Brennholz, bleibt abzuwarten.
Jetzt schon ist laut Revierförsterin Sonja Blum im Braubacher Stadtwald jeder dritte oder vierte Baum von den Folgen des Klimawandels betroffen. Jede zweite Eiche sei nach den trockenen Perioden erkrankt, 120-jährige Buchen sterben. Schädlinge wie der Eichen-Prachtkäfer hätten leichteres Spiel, da sich die Bäume nur dann wehren können, wenn sie genügend Feuchtigkeit aufnehmen können. Gefahren durch klimakranke Eichen seien gerade auch am Rheinsteig klar zu erkennen. Die Forstverwaltung stellt in betroffenen Gebieten bereits Warnschilder auf.
Wald wird verjüngt
Und welche Strategien haben die Förster, um den Braubacher Wald klimaresistenter zu machen? Ihr Konzept heißt „Naturwald plus“ und bedeutet, dass dort, wo es angebracht ist, Waldstücke verjüngt werden mit zumeist heimischen oder schon länger bekannten Baumarten, die sich bei Trockenheit und Wassermangel bewährt haben, wozu wiederum Eichen und Buchen, aber auch Esskastanie, Walnuss, Vogelkirsche oder Elsbeere zählen können. Je nach Schadbild, so Sonja Blum, werden individuelle Maßnahmen ergriffen. Wo Bäume nicht zu retten sind, müssen Waldarbeiter mit der Säge ran. Es gibt laut der Försterin aber tatsächlich auch Bereiche, wo so viel Bruch ist, dass es für die Arbeiter zu gefährlich wäre.
Die guten Nachrichten: Der extrem hohe Anteil an Laubbäumen im Braubacher Stadtwald hat das Absterben von Nadelgehölz auf großen Flächen bis auf wenige Ausnahmen bisher verhindert. Die natürliche Verjüngung funktioniert immer noch gut, sodass wenig nachgepflanzt werden muss. Und über Bundesprogramme fließt nun auch zusätzliches Geld fürs ökologische Waldmanagement – im vergangenen Jahr waren es rund 85.000 Euro, für dieses Jahr wird wieder ein Zuschuss erwartet. Auch die Möglichkeiten von Maßnahmen, um Wasser in Waldstücken zurückzuhalten, stehen im Fokus der Förster.