Lahnstein
Flüchtlinge sind eine neue Herausforderung für die Tafel in Lahnstein

Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Religion helfen: Dieses Ziel verfolgen die Mitarbeiter der Lahnsteiner Tafel. Das Foto ist am Donnerstag bei der Essensausgabe im Pfarrzentrum am Europaplatz mit einigen Flüchtlingen entstanden. 

Tobias Lui

Lahnstein. Die angespannte Flüchtlingssituation in Deutschland macht sich auch im Rhein-Lahn-Kreis bemerkbar, wie ein Beispiel aus der Stadt Lahnstein zeigt. Dort musste die Außenstelle der Koblenzer Tafel ihr Verteilungssystem ändern - Hintergrund ist der durch die Flüchtlinge deutlich gestiegene Bedarf an Lebensmitteln.

Von unserem Redakteur Tobias Lui

Seit 2006 unterstützt die Tafel-Ausgabestelle Lahnstein einmal die Woche Menschen aus Lahnstein und Braubach mit der Ausgabe von Lebensmitteln. Ganz egal ob Hartz-IV-Empfänger, junge Familien, Rentner – wer von den Lebensmitteln profitiert, die von großen Märkten der Region zur Verfügung gestellt werden, ist zweitrangig. „Hauptsache, es wird nichts weggeworfen und sinnvoll genutzt“, sagt Ralf Cieslik, der an der Spitze der Lahnsteiner Tafel steht. Doch seit einigen Monaten stehen die rund 30 Ehrenamtler vor einer neuen Herausforderung: Durch den Zuzug von immer mehr Flüchtlingen kam es im März, April bei der Lebensmittelausgabe zu Engpässen – sowohl personeller Natur als auch bei den Lebensmitteln.

„Unsere Ressourcen wurden gesprengt“, sagt Cieslik. Der Bedarf sei um bis zu 60 Prozent gestiegen, vor allem im Sommer ein Problem, wo die Lebensmittelspenden der Firmen ohnehin geringer ausfallen. Und so entschloss man sich in Lahnstein dazu, die Taktung zu verändern: Statt wie bisher alle wöchentlich zur Ausgabe in das Pfarrzentrum am Europaplatz zu laden, wurden die Kunden in zwei Gruppen aufgeteilt und sind somit nur noch alle 14 Tage an der Reihe. „Es wurde einfach knapp, wir mussten reagieren“, sagt Ralf Cieslik. „Schließlich wollen wir unsere eigenen Helfer, die häufig im Rentenalter sind, auch nicht über Gebühr belasten.“ Das Splitten habe keinesfalls zu einer Verschlechterung für die Kunden geführt. „Nun sind die Gruppen wieder so groß wie früher, und für jeden ist genug da.“ Jedem soll geholfen werden – für Cieslik, Gemeindereferent der Pfarrei St. Martin, ist der christliche Gedanke Antrieb dieser ehrenamtlichen Hilfe. „Man kann es der Pfarrei nicht hoch genug anrechnen, dass sie das Pfarrzentrum kostenlos zur Verfügung stellt.“

Die Kunden freuen sich über so viel Engagement und Unterstützung. „Es ist einfach toll, wie einem hier geholfen wird“, sagt einer der Flüchtlinge, die sich an diesem Donnerstag in der Schlange zur Lebensmittelabgabe angestellt haben. Per Boot, Zug und zuletzt zu Fuß war der junge Mann vor einigen Tagen aus Syrien in Lahnstein eingetroffen und zeigt sich überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft. Da er weder Englisch noch Deutsch spricht, fungiert ein anderer Flüchtling als Übersetzer – für die Tafel-Mitarbeiter eine große Hilfe. Schließlich müssen auch viele administrative Dinge mit den Kunden geklärt werden: So braucht jeder, der von der Tafel profitieren möchte, einen Bezugsschein, den er Ralf Cieslik vorzeigen muss.

Und wie kommen die „neuen“ Kunden bei denen an, die ihre Lebensmittel schon seit Jahren von der Tafel beziehen? „Da gibt es überhaupt keine Probleme“, sagt Ciesliks Mitstreiter Jürgen Igel, und ergänzt einen Satz, den wohl viele unterschreiben können, die regelmäßig mit Flüchtlingen zu tun haben: „Wenn man menschlich mit den Leuten umgeht, gibt es überhaupt keine Spannungen.“ Schließlich bleibe gerade diese Menschlichkeit in Kriegsgebieten auf der Strecke. Grundsätzlich, finden Igel und Cieslik, fehle es bei vielen in Deutschland schlichtweg an Aufklärung über die Asylpolitik. „Die Leute werden falsch informiert, teilweise sogar gezielt. Man muss es deutlich sagen: Ein Flüchtling erhält weniger Unterstützung als beispielsweise ein Hartz-IV-Empfänger.“

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