Sie präsentieren in fundierten Texten und wunderschönen Bildern neun Kleinode von der Braubacher Marksburg bis zum Archäologischen Park in Xanten. Eine Zeitreise durch die Jahrhunderte in die Kultur der Nutzgärten und zugleich anregende Ausflugstipps für Gartenfans sind in diesem Buch versammelt.
Auch Braubach im Fokus
Der Schwerpunkt der Neuerscheinung liegt bei Gärten in Nordrhein-Westfalen, südlichster Punkt ist hingegen Braubach. Es handelt sich also um die Kulturlandschaft, die seit der fränkischen Zeit vom Mittel- bis zum Niederrhein entstand und etwa seit 1800 als Rheinland bekannt wurde. Zwar hat jede Region in diesem Bereich ihre individuellen Traditionen, zum Beispiel auch beim Essen, was insofern die Pflanzen in den Küchengärten beeinflusste. Dennoch gibt es vielerlei Parallelen in der Alltagsküche ebenso wie bei hohen Herrschaften und festlichen Angelegenheiten. So lassen sich in den einzelnen Kapiteln des vorliegenden Buches ähnliche Sorten beim Gemüse, bei Kräutern oder Obstbäumen finden.
Von der Alraune bis zu Wasserminze, von Beeren bis zur Essigrose gedeihen im Garten der Braubacher Marksburg rund 170 verschiedene Küchen-, Zier- und Arzneipflanzen. Bei jedem Wetter lohnt sich ein Besuch der Anlage hinter den dicken Burgmauern, denn was hier angepflanzt ist, wird dem Besucher auch erläutert.
Heilpflanzen im Blick
So wächst im Beet der „Heil- und Würzpflanzen“ vieles, was Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert in ihren Schriften erwähnte, etwa die heilende Ringelblume oder auch der exotische Ingwer. Ein anderes Beet mit Kräutern und Gemüsepflanzen, aber zum Beispiel auch dem Koriander, folgt der Pflanzenliste, die Karl der Große schon im 9. Jahrhundert in seiner Landgüterverordnung aufgelistet hatte. Neben einem kleinen Ziergarten, wie er erst im 15. Jahrhundert in Mode kam, gibt es dann auch noch ein Beet mit „Hexen- und Zauberpflanzen sowie Gewächsen des Aberglaubens“ zu entdecken – besetzt etwa mit Bilsenkraut, Tollkirsche, Stechapfel und der geheimnisumwitterten Alraune.
Stammt die Burg aus dem 13. Jahrhundert, so ist der Garten gerade mal etwas mehr als 50 Jahre alt. Ob es auf der Marksburg tatsächlich einen Garten im Mittelalter gegeben hat, konnte bislang nicht nachgewiesen werden. Insofern ist die farbenprächtige Anlage kein Nachbau, sondern ein Dokumentationsgarten, dessen Ziel es ist, die Vielfalt eines Nutzgartens jener Zeit und die verschiedenen Facetten der mittelalterlichen Pflanzenwelt zu zeigen.
Gartenkultur unter der Lupe
Die Autorinnen des Buches sprechen von einem „Juwel“ vor dem spektakulären Rheinpanorama. Hier wird authentisch erzählt, was im Mittelalter gegessen wurde, gegen welche Krankheiten ein Kraut gewachsen war. Wobei der Hinweis nicht fehlen darf, dass jeder mittelalterliche Burggarten anders ausgesehen haben mag, dass sich Bauerngärten nicht nur voneinander, sondern auch von Klostergärten, den Gemüsegärten in bürgerlichen Stadtanwesen und herrschaftlichen Küchengärten unterschieden. Insofern versucht das Buch mit seinen neun Beispielen und Zielen einen Überblick zu geben über die Gartenkultur jener Zeit, und in der Summe werden selbst eingefleischte Gartenliebhaber in der Vielfalt der Pflanzen von A wie Akanthus bis Z wie Zedratzitrone noch manche Entdeckungen machen können.
Die tollen Fotos von der Marksburg zeigen unter anderem die Schwarze Maulbeere, Schwertlilien, Rosmarin, Pastinaken, Walderdbeeren, Weberkarde. Brunnenkresse, Kamille, die Mispel, Mariendistel, Benediktenkraut, Akeleien und Muskatellersalbei – man möchte das Bunt sofort genießen, die Düfte riechen, das ein oder andere schmecken wollen.
Weitere Kapitel des Buches beschäftigen sich mit dem römischen Garten an der Herberge im Archäologischen Park in Xanten, den Karlsgärten in Aachen, dem Cäciliengarten im Museum Schnütgen in Köln und den Gärten des Zisterzienserkloster Kamp. Außerdem stehen der Küchengarten von Schloss Benrath, der Bauerngarten des Schönwasserparks von Krefeld-Oppum, der Garten im Freilichtmuseum Kommern und die Küchen- sowie Spalierobstgärten im Park von Schloss Dyck in Jüchen im Fokus.
Stephanie Hauschild/Marion Nickig: „Historische Küchengärten im Rheinland“, Greven Verlag, 208 Seiten, über 150 Abbildungen, 40 Euro