St. Goarshausen: Ex-Stadtbürgermeister Nico Busch soll ausgebliebene Miete nachzahlen - Landgericht urteilt - Weist OLG die Berufung zurück?
Ex-Stadtbürgermeister gibt sich unschuldig: Bitterer juristischer Streit um süße „Tränen der Loreley“
Während seiner Amtszeit soll Ex-Stadtbürgermeister Nico Busch die Rechte am Likör „Tränen der Loreley“ übernommen haben. Vor dem Landgericht Koblenz geht es jetzt um ausgebliebene Mietzahlungen. Foto: Secthaus Delicat
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St. Goarshausen. Der Rechtsstreit, um den es hier geht, dreht sich um einen Likör und ausgebliebene Mietzahlungen. Und es geht um den Ex-Stadtbürgermeister von St. Goarshausen, Nico Busch, der noch während seiner Amtszeit den Likör vermarkten wollte.

Er wurde nun Anfang Mai vom Landgericht Koblenz in einem „Versäumnisurteil“ bei einem Streitwert in Höhe von 26.460 Euro dazu verurteilt, nicht nur die Lager und Produktionsräume zu räumen, sondern auch Miete nebst Zinsen für gut eineinhalb Jahre zu zahlen. Der Likör hat für den damaligen Stadtbürgermeister nun also einen bitteren Nachgeschmack bekommen. Dass der Aperitif unter dem Namen „Tränen der Loreley“ im Handel war, das ist in diesem Zusammenhang allerdings reiner Zufall ...

Den süßen Drink aus weißem Wein haben Anke und Klaus Delicat ursprünglich kreiert und als „fruchtig-bezauberndes Geschmackserlebnis“ vom Mittelrhein bis zum Jahr 2022 vermarktet. Laut Werbung ein Tropfen für Genießer, eine Spezialität und ein beliebtes Mitbringsel bei Touristen. In ihrer kleinen Felsenkellerei in der Loreleystadt St. Goarshausen haben Delicats den Likör hergestellt, abgefüllt, etikettiert und versendet.

„Tränen“ sollten verkauft werden

Dann sollten Markenrechte, Rezeptur und Restbestände des Getränks an einen neuen Besitzer verkauft werden. „Es gab bereits zwei Interessenten“, sagt Klaus Delicat. Nun kam Nicola Rene Benedikt, kurz Nico, Busch ins Spiel, zu der Zeit noch als Stadtbürgermeister im Rathaus residierend. „Er sagte, es wäre sein Traum, so etwas herzustellen, ohne nötige Mitarbeiter“, erinnern sich die Delicats an damalige Gespräche. Klaus Delicat, zu dieser Zeit noch Ratsmitglied in St. Goarshausen, erzählt weiter: Da Busch keine praktischen Kenntnisse der Herstellung hatte, wollte er ihm das beibringen. „Letztendlich setzten wir uns zwei- oder dreimal zusammen. Wir sprachen über die Kosten und das Wie. Busch war ,Feuer und Flamme'. Alles schien gut. Ein Kaufpreis in Höhe von 2500 Euro wurde vereinbart. Ich habe die beiden anderen Interessenten daraufhin leider verprellt.“

Wie Familie Delicat, die sich hauptberuflich mit Sekten und Weinen beschäftigt, erzählt, sei es anders gekommen: Verkaufsdatum war der 1. März 2022. Einen Kaufvertrag habe Nico Busch, von Haus aus Jurist, entwerfen wollen. Gesehen haben Delicats das Schriftstück nach eigenen Angaben nie. Aber: Immerhin war Busch ja Stadtoberhaupt, was sollte da schieflaufen?! Der Bürgermeister habe also mit der Abfüllung der noch von Delicats fertiggestellten „Tränen“ begonnen. Eine kostenfreie Nutzung der Räumlichkeiten und Geräte bis Ende 2022 sei vereinbart gewesen, erklären die Verkäufer. Und: Am 30. März des gleichen Jahres habe Busch gegenüber dem Zoll das gesamte Erdgeschoss des Delicat-Hauses, also die Kellerei, zu seinem offenen Branntweinlager erklärt. Klaus Delicat: „Das war so nicht abgesprochen und ein völliger Unfug, den er auf meine Aufforderung hin jedoch nicht korrigierte. Ich konnte damit rechtlich nicht mehr über diesen Teil meines Hauses verfügen.“

Übernahme bekannt gegeben

Anfang April 2022 gibt Kommunalpolitiker Busch in einem Schreiben die Übernahme der „Tränen der Loreley“ bekannt. Bestellungen sollten über die Adresse der Stadtverwaltung in der Bahnhofstraße laufen. Kurze Wege also. Am 8. August berechnet das Sect-haus Delicat Nico Busch für die bei Übergabe der am 1. März vorhandenen „Alkoholika“ 1989,92 Euro netto. Vorhandene Bestände an Flaschen, Etiketten und Kartons könne Nico Busch kostenlos verwerten.

Doch der damalige Ehrenbeamte Busch zahlt laut Klaus Delicat nicht – trotz „dreifacher Zahlungserinnerung“, so Klaus Delicat. Auch auf telefonische Rückrufbitten und E-Mails habe er keine Antwort erhalten. Ende Oktober 2022 habe er Busch per Einwurfeinschreiben eine letzte Zahlungsfrist gesetzt und sämtliche Räumlichkeiten zum 16. Dezember 2022 gekündigt. Im November erwischt er den Stadtchef zufällig telefonisch im Bürgermeisteramt. Da er weder die Rechnungen gezahlt habe noch auf Schreiben oder Telefonate reagiere, müsse man die Zusammenarbeit beenden, erinnert sich Delicat an das Gespräch. „Ich schlug ihm vor, die mir gehörenden Alkoholika zolltechnisch wieder auf mich zu übertragen. Dazu aber wäre seine Mithilfe erforderlich. Das hat er am Telefon akzeptiert.“ Alle Versuche einer Rückübertragung seien jedoch auch in den nächsten Wochen an der nötigen Mitwirkung von Busch gescheitert.

Delicat: „Keine Antwort von Busch“

Im April 2023 scheidet Klaus Delicat aus dem Stadtrat aus. „Ich kann diese Person während der Sitzungen des Stadtrats nicht stundenlang anschauen“, sagt er heute. Nachdem auch im Jahr 2023 keine Hilfe des Stadtoberhaupts bei der Rückabwicklung des Verkaufs der „Tränen“ erfolgt sei, berechnete Delicat ihm Mieten und weitere Verluste sowie Kosten. „Mindestens acht Einwurfeinschreiben sendete ich ihm im Laufe des Jahres. Von Busch aber gab es keine Antwort.“

Im August 2023 habe der Zoll den Bürgermeister herbeizitiert, erinnert sich Klaus Delicat. Busch sei seinen mit dem offenen Branntweinlager verbundenen dokumentarischen und monetären Verpflichtungen gegenüber dem Zoll nicht nachgekommen, sagt Delicat. Eine Erklärung gegenüber der Zollbehörde, die Räumlichkeiten nicht mehr als Zolllager zu nutzen, habe Nico Busch auch nicht abgegeben, so wird Klaus Delicat später vom Gericht zitiert. Und der Zoll versteht bekanntlich keinen Spaß ...

Den Rechtsweg beschritten

„Ich habe in der ganzen Zeit unserer ,Zusammenarbeit', seit Berechnung der Alkoholika im August 2022, keine einzige Antwort auf meine Schreiben seitens Busch erhalten. Gleiches gilt für meinen Rechtsanwalt. Erst nach der Verurteilung durch das Landgericht Koblenz und dem Verstreichen aller Fristen tauchte Busch mittels eines Anwaltes wieder auf“, erinnert sich Klaus Delicat, der im November 2023 den Koblenzer Fachanwalt Christoph Schöll mit der Vertretung seiner Interessen beauftragte. Nachdem es im Januar 2024 auf einen Vorschlag vonseiten der Verkäuferseite, wie man sich in Sachen Miete und Nebenkosten einigen könne, wieder keine Antwort gegeben habe, wurde der Rechtsweg beschritten. Im April 2024 tagte die 14. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz unter Vizepräsidentin Andrea Mannweiler und fällte das „Versäumnisurteil“ zum 25. April: Nico Busch muss 14.700 Euro nebst Zinsen, die Kosten der Klägerseite sowie des Rechtsstreits bezahlen. Außerdem hat er den Keller im Delicat-Anwesen zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Doch Nico Busch legte Einspruch ein, argumentierte, er habe die gerichtliche Verfügung samt Klageschrift nicht erhalten, das Versäumnisurteil sei von seiner Lebensgefährtin aus dem Briefkasten gefischt und vorenthalten worden, um ihm „vor weiterem Ärger den Rücken freizuhalten“. In der Hauptsache behauptete der Beklagte aber, zwischen den Parteien bestehe kein Vertragsverhältnis; die Verhandlungen seien über die Anbahnung eines Vertragsverhältnisses nicht hinausgekommen. Es sei bis zuletzt völlig unklar gewesen, ob er den ursprünglichen Betrieb des Klägers überhaupt weiterführen würde. Das hatte er selbst in dem Flyer von April 2022 aber völlig anders dargestellt. Darin hieß es: „In der Nachfolge von Klaus Delicat hat Familie Nico Busch seit dem 1.3. 2022 die Marke und das Produkt ,Tränen der Loreley' übernommen.“ Handschriftlich unterschrieben vom Verwaltungsoberhaupt der Stadt St. Goarshausen persönlich ...

Gericht lehnt Einspruch ab

Buschs Einspruch lehnte das Gericht jedoch noch im Juli ab. Im O-Ton heißt es in dem umfassenden Urteil unter anderem, dass „die eidesstattliche Versicherung des Beklagten vom 02.07.2024 nicht geeignet (ist), die Kernelemente des behaupteten Sachverhalts und damit die unverschuldet späte Kenntnisnahme des Beklagten von der Klageschrift und dem Versäumnisurteil glaubhaft zu machen (...). Denn das heimliche Entnehmen aus dem Briefkasten und das Vorenthalten der Klageschrift und des Versäumnisurteils durch seine Lebensgefährtin kann der Beklagte nicht glaubhaft machen, sondern nur den Umstand, dass ihm dies seine Lebensgefährtin so geschildert hat. Es handelt sich also gleichsam um eine für sich genommen wenig aussagekräftige ,Glaubhaftmachung vom Hörensagen'.“

Zu diesem Zeitpunkt war Nico Busch nur noch Bürgermeister auf Abruf. Seine Wiederwahl bei den Kommunalwahlen am 9. Juni hatte er mit 18 Prozent gegenüber den 82 Prozent für seine Herausforderin haushoch verloren. Damit zeigten ihm die St. Goarshäuser die rote Karte. Zwischenzeitlich ordnete in dem Likör-Lager der Gerichtsvollzieher die Zwangsräumung an. Klaus Delicat hat das Schloss ausgewechselt. Ob er nun auch die entgangene Zahlung für die „Tränen der Loreley“ einklagt, das will er noch entscheiden. Zwischenzeitlich hat Altbürgermeister Nico Busch über seinen Anwalt Rechtsanwalt Thomas Zinndorf (Mainz) Berufung eingelegt, die das Oberlandesgericht Koblenz nach unseren Informationen aber offenbar zurückweisen will.

Von Michael Stoll

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