Eine 32-jährige Frau aus der Verbandsgemeinde (VG) Diez hatte zwischen 2022 und 2023 für ihren in der JVA Wittlich einsitzenden, 37 Jahre älteren Freund nicht wie mit diesem vereinbart für die Zeit nach der Haftentlassung Besorgungen getätigt, sondern mit seiner EC-Karte im Wert von 12.360 Euro Dinge wie Konzertkarten für sich selbst gekauft. Das brachte ihr einen Prozess wegen Untreue vor dem Amtsgericht Diez ein.
Die ungelernte Kellnerin gab zu Beginn der Verhandlung an, es habe sich um Geldgeschenke gehandelt. „Warum hat der Geschädigte Sie dann bei der Polizei angezeigt?“, wollte der Vorsitzende Richter Martin Böhm wissen. Es erfolgten viele, ausschweifende Erläuterungen über das gute Verhältnis zum Geschädigten, seit wann man sich kenne, wie oft man während der Haftzeit telefoniert habe, dass die Eltern einander mögen würden. Eigentlich habe es gar kein Problem gegeben. Plötzlich sei eine Anzeige wie aus heiterem Himmel ins Haus geflattert, für die sich der Geschädigte mittlerweile aber entschuldigt habe: „Und ich bin ihm wegen der Anzeige auch nicht mehr böse“, schloss die Angeklagte ihren fast zehnminütigen Monolog.
Auch der betagte Ex-Freund der 32-Jährigen wollte im Zeugenstand nichts mehr von seiner Anzeige wissen. „Was ich bei der Polizei ausgesagt habe, war falsch. Das waren alles Geldgeschenke“, erklärte der Mann in breitem Thüringisch. Das Gericht hielt dem Zeugen nun vor, was er bei der Polizei ausgesagt hatte, nämlich, dass er von der Angeklagten „abgezockt“ worden sei und dass er deshalb aus dem Gefängnis heraus seine Kontokarte hätte sperren lassen. „Das stimmt alles nicht“, wiederholte der Exhäftling.
„Ich glaube Ihnen kein Wort.“
Staatsanwältin Kezmann
Nun wurde es Staatsanwältin Kezman offensichtlich zu bunt, denn sie ermahnte den Zeugen: „Auf uneidliche Falschaussage steht eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten. Sind Sie scharf darauf, wieder ins Gefängnis zu gehen? Ich glaube Ihnen kein Wort, und ich reagiere sehr allergisch darauf, angelogen zu werden.“ Am Tag der Anzeige sei er betrunken gewesen, beharrte der Zeuge.
Die Polizeibeamtin, die die Anzeige bearbeitet hatte, konnte im Zeugenstand nicht bestätigen, dass dieser alkoholisiert gewesen sei. „Der Zeuge kam zu uns und erzählte, seine Lebensgefährtin habe anders als vereinbart weder Möbel noch eine Wohnung noch Kleidung für ihn besorgt. Sein ganzes Geld sei weg.“ Auf die Frage des Vorsitzenden: „Hatten Sie den Eindruck, dass es sich um eine Kurzschlussreaktion handelte?“, erläuterte die Zeugin: „Nein, er hatte sogar Kontoauszüge mit von ihm farbig gekennzeichneten Summen dabei.“
Diagnose: Paranoide Schizophrenie
Im Anschluss wurde ein Attest einer psychiatrischen Klinik verlesen, die der Angeklagten „Paranoide Schizophrenie“ bescheinigte. Die Verlesung des Bundeszentralregisterauszuges förderte 14 Einträge wegen Diebstahls, Betrugs und Tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zutage. In ihrem Plädoyer hob Staatsanwältin Kezman hervor: „Der Geschädigte hat heute falsch ausgesagt, um die Angeklagte vor einer Verurteilung zu schützen. Es ist ein großer Schritt, die ehemalige Lebensgefährtin anzuzeigen. Das hat er wohl überlegt getan, weil sie ein nettes Sümmchen für sich verwendet hat.“ Da die Angeklagte erklären konnte, seit Kurzem einen Praktikumsplatz mit Aussicht auf einen Job zu haben, sprach sich die Staatsanwältin dennoch für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten auf Bewährung aus.
Keine positive Sozialprognose
Die Verteidigung sah den Tatvorwurf hingegen nicht bestätigt. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Geschädigte aus Ärger zur Polizei ging. „Insofern ist meine Mandantin freizusprechen“, schloss der Advokat. Das Gericht verhängte zwar eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten, allerdings ohne Bewährung. „Wir haben hier eine gewerbsmäßige Untreue. Der Nachweis eines Praktikums reicht für eine positive Sozialprognose nicht aus“, schloss Richter Böhm seine Urteilsbegründung.