Erste Reaktionen reichen von Verständnis über Verwunderung bis hin zu Kritik - Tenor: Die Verwaltung muss entscheiden
Erste Reaktionen: Das sagt die Kommunalpolitik zum Brief des Ensembles des Lahnsteiner Theaters
So idyllisch, wie es auf diesem Foto vom Nassau-Sporkenburger Hof aussieht, geht es derzeit nicht rund um die Städtische Bühne zu.
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Die Kommunalpolitik ist von OB Siefert bereits im Mai im Ältestenrat über das Thema Intendanz informiert worden. Nach Informationen unserer Zeitung vereinbarte man, im Sommer erneut darüber zu sprechen und eine geräuschlose Lösung zu suchen. Diese scheint spätestens mit dem Brief obsolet. Was sagt die Politik nun?

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Die CDU sieht es differenziert, wie Fraktionschef Johannes Lauer erklärt. „Wir sehen keine Zuständigkeit des Stadtrates.“ Der Vertrag sei vor vielen Jahren durch OB Labonte und Hahn geschlossen und danach dann immer wieder verlängert worden, erinnert Lauer. „Der Intendantenvertrag wurde von keinem Stadtrat oder einem anderen Gremium besprochen, gestaltet oder gar verabschiedet.“ Folgerichtig müsse jetzt auch die Stadtspitze selbst entscheiden.

Allerdings sei es für die CDU „unstrittig“, dass Friedhelm Hahn viele Jahre sehr erfolgreich das Ensemble zu anerkannten schauspielerischen Höchstleistungen geführt habe. „Seine Intendanz und seine Leistungen haben aus der kleinen Städtischen Bühne eine im Umland sehr geachtete Spielstätte gemacht.“ Der aktuelle Hilferuf sei unter den aktuellen Vorkommnissen verständlich. „Gerade die zwei Jahre Corona haben tiefe Spuren und Existenzängste bei unseren Schauspielern hinterlassen.“

Die CDU-Fraktion werde darauf drängen, die Städtische Bühne auch in Zukunft zu erhalten. „Auch wenn Friedhelm Hahn selbst beabsichtigt, in nächster Zeit in den Ruhestand zu treten, wünschen wir uns eine qualitativ ähnlich gute Neubesetzung der Intendanz.“ Eine öffentliche Auseinandersetzung werde keinem in Lahnstein nützen, aber allen Beteiligten schaden.

Gabi Laschet-Einig, die SPD-Fraktionsvorsitzende, hat wenig Verständnis für den Brief. „Aus unserer Sicht ist dieses Schreiben eine Inszenierung – ohne Absender und ohne Unterschrift“, kritisiert sie. Das Thema sei eindeutig Geschäft der laufenden Verwaltung, „Vertragsangelegenheiten zählen nicht zur Verantwortung der Mandatsträger“. Zum laufenden Vorgang wolle sie sich auch nicht äußern, „da die Hintergründe nicht hinreichend bekannt sind“. Eines könne sie sagen: „Die SPD-Fraktion steht nach wie vor zur Städtischen Bühne.“ Doch Kulturangebote müssten bei der finanziellen Lage der Stadt „einen gangbaren Weg zwischen Wünschen und tatsächlichen Möglichkeiten finden“. Auch dürfe ein kulturelles Angebot nicht an bestimmte Personen gebunden sein, so Laschet-Einig weiter, „zumal dann, wenn kein gemeinsamer Weg gefunden wird“.

Chris Sporenberg, Teil der Fraktionsspitze der Unabhängigen Liste, erklärt, dass man den Oberbürgermeister „in der Aufarbeitung möglicher Unstimmigkeiten und seinem Streben nach transparenten und professionellen Strukturen in der Verwaltung“ voll unterstütze. Zum Brief des Ensembles wolle er sich nicht äußern, „da die Politik in den vergangenen Jahren in keiner Weise von der Leitung der Städtischen Bühne in irgendwelche Entscheidungen eingebunden wurde“.

„Da es sich um vertragsrechtliche Angelegenheiten zwischen Herrn Hahn und der Stadtspitze handelt und ich weder die Verträge kenne noch juristische Kenntnisse habe, werde ich mich hier nicht positionieren“, erklärt Jutta Niel, die Grünenfraktionschefin, auf Nachfrage. „Ich erhoffe mir eine fair ausgearbeitete Lösung zwischen den Anwälten der Stadt und Herrn Hahns.“

Die Freie Bürgerliste (FBL) hat gleich einen Antrag an die Verwaltung formuliert – inklusive indirekter Kritik an Sieferts Amtsvorgänger. „Ein Geschäft der laufenden Verwaltung ist im Kommunalrecht bekanntlich die Bezeichnung für eine Routineangelegenheit“, erklärt der stellvertretende Fraktionschef Paul Arzheimer. „Betrachten wir diese Definition, macht der jährliche Haushaltsansatz von rund 300.000 Euro jedoch nachdenklich.“ Er könne sich in seiner langjährigen kommunalen Tätigkeit nicht daran erinnern, jemals in Personalentscheidungen diesbezüglich eingebunden worden zu sein. „Dieses mutmaßliche Missverständnis der Unterzeichner des Briefes sollte geklärt werden.“ Bereits in Zusammenhang mit dem Betriebsweg des Rheinquartiers seien Verträge – im Sinne eines Geschäfts der laufenden Verwaltung – abgeschlossen. worden. „Die folgende, widersprüchliche Eigendynamik hat auch hier ungerechtfertigt den Stadtrat in die Verantwortung genommen. Wir hoffen, dass sich so etwas nicht wiederholt.“

„Wir stehen voll hinter der Einrichtung des Theaters“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Sascha Weinbach. „Aber in vielen Sachen der Vergangenheit war nicht immer die notwendige Transparenz gegeben. Ich kann nachvollziehen, wenn ein neuer Oberbürgermeister dies ändern will – auch wenn das personelle Konsequenzen hat.“ Gerhard Schmidt von der Alternativen Grünen Liste kommentiert den Vorgang trocken. „Die Leitung eines Theaters wechselt von Zeit zu Zeit. Es ist also nichts Besonderes“, sagt Schmidt. „Herr Hahn hat in der Vergangenheit nicht durch den Willen zu einer guten Zusammenarbeit geglänzt.“ Auch sei es „sicherlich in den wenigsten Fällen üblich, dass bei einer Neubesetzung einer Stelle die ,Bediensteten' Mitspracherecht haben, wer ihr Chef/Chefin wird.“

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