Aus sämtlichen Produktionen der neuen Spielzeit Ausschnitte zeigen, um dem Publikum Lust auf das „große Ganze“ zu machen – das ist der Hintergedanke hinter diesem für die Zuschauer kostenlosen Veranstaltungsformat, das am vergangenen Samstagabend in der Aula des Johannes-Gymnasiums zum zweiten Mal nach 2023 über die Bühne ging und sich, geht es nach JBL-Chefin Corinna Schmitz und ihre Mitstreiter, auch auf Dauer fest etablieren soll.
Ziel: Lampenfieber abbauen
Doch die Livewerbung fürs Programm ist nicht der einzige Sinn und Zweck, wie die Theaterleiterin im Gespräch mit unserer Zeitung verriet: „Vor allem für diejenigen unter den Kindern und Jugendlichen, die zum ersten Mal vor Publikum auftreten, ist es eine gute Gelegenheit, sich an die Bühnensituation zu gewöhnen und Lampenfieber abzubauen.“ Wobei von letzterem nicht allzu viel zu spüren war: Die jungen Darsteller im Alter ab vier Jahren wirkten zwar hoch konzentriert, aber cool und gelassen – fast so, als hätten sie schon immer auf den Brettern, die angeblich die Welt bedeuten, gestanden.
Und das bereits beim ersten „Appetizer“, der die Spielzeit 2024 chronologisch gesehen von hinten aufrollte: Drei Wochen vor Ostern gab es ein paar kurze Sequenzen aus der diesjährigen, frei nach der US-amerikanischen Filmkomödie „Das Wunder von Manhattan“ gestalteten Weihnachtsproduktion „A New York Miracle“ (Premiere: 23. November) zu sehen. In dem Musical, das zahlreiche Swing- und Rock’n’Roll-Weihnachtssongs in der Pipeline hat, geht es um nichts weniger als um die wohl nur individuell zu beantwortende Frage, ob man an Wunder glaubt. Respekt, wie überzeugend und nahezu kitschfrei die Darsteller der Jungen Bühne dieses Sujet auf die Bühne brachten.
Bis auf eine Ausnahme nur Musicals
Eine magische Story, fantasievolle Kostüme, ausdrucksstark vorgetragene Songs und voller Rhythmusgefühl aufs Parkett gelegte, ansprechend choreografierte Tänze – das zog sich wie ein roter Faden durch den Abend, bei dessen Beiträgen es sich mit einer Ausnahme um Musicals handelte. Das gilt auch für „Die Zuckerfee“ (Premiere: 16. November), bei der Musik, Text und Inszenierung komplett der Feder von Corinna Schmitz entsprungen sind.
Das Musical, bei dem von den ganz kleinen bis zu den acht- bis neunjährigen JBL-Mimen ein relativ großes Altersspektrum am Ruder ist, handelt von zwei Geschwistern, die bei dem Versuch, den Süßwarenladen ihres Onkels zu retten, tief in das Abenteuer ihres Lebens eintauchen. Übrigens, vorab schonmal ein Tipp: Der Trick, mit dem man sich Zutritt ins Reich der Zuckerfee verschafft, besteht darin, sich die Nase zuzuhalten und zeitgleich hochzuspringen.
Nicht überliefert ist, ob das auch bei „Oz“ (Premiere: 28. Juni) funktioniert. „Wir haben den Versuch gestartet, einen absoluten Klassiker auf die Bühne zu bringen“, kommentierte Corinna Schmitz in ihrer Anmoderation dieses mit Zaubereinlagen und anderen interaktiven Elementen angereicherte, altersgruppenübergreifend einstudierte Musical. Wobei der Schwerpunkt in diesem Fall ganz auf der Vorgeschichte namens „Wicked“ liegt. Besonders apart anzusehen war bei der Eröffnungsgala ein Tanz, den die JBLler mit Regenschirmen vollführten. Dazu gab’s Welthits wie beispielsweise den Swingklassiker „Somewhere over the rainbow“ auf die Ohren.
Auch Ü65-Projekt gab eine Kostprobe
Nach der Pause bewegte sich der Altersdurchschnitt dann vorübergehend nach oben: Die „coolen Omas“ des erst im Februar an den Start gegangenen neuen JBL-Projekts „Ü65 – Die Junggebliebenen“ begaben sich, nachdem sie mit sichtlichem Vergnügen eine Gymnastikstunde zelebriert hatten, auf Verbrecherjagd.
Wie wächst man bei aller Unterschiedlichkeit der Charaktere zu einer funktionierenden Gemeinschaft zusammen? Darum geht es im Musical „Superheroes“ (Premiere: 21. September), dessen jugendliche Protagonisten Mobbing und Ausgrenzung überwinden und gemeinsam auf ein Volleyballturnier hinfiebern. Um die Themen Zugehörigkeit und Freundschaft dreht sich auch „Die Schule der magischen Tiere“ (Premiere: 20. April) nach dem Roman von Margit Auer und in einer Bühnenbearbeitung von Tristan Berger – beide Stücke wurden von den Schauspielern und Tänzern der Jungen Bühne auf ganzer Linie überzeugend dargeboten.
Einen „Ausreißer“ gab’s übrigens auch: „Neue Fälle für Sherlock Holmes“ (Premiere: 27. April) ist ausnahmsweise kein Musical, sondern ein – den gezeigten Ausschnitten nach sehr ansprechend auf die Bühne gebrachtes – Theaterstück. Allerdings, so viel sei an dieser Stelle bereits verraten: Getanzt wird auch hier. Die beiden Kriminalfälle rund um den wohl berühmtesten Ermittler der Literaturgeschichte bilden neben den magischen Tieren übrigens in diesem Jahr die einzige JBL-Produktion, bei der Corinna Schmitz „nur“ inszeniert, aber weder den Text verfasst noch die Musik geschrieben hat.
Im großen Finale rockten dann mehr als 100 Akteure die Bühne – krönender Abschluss eines Abends, der zwar nicht in jeder Hinsicht perfekt, aber ganz zweifellos animierend gewesen war. Na, Lust bekommen auf mehr?
Alle wichtigen Eckdaten und Infos sind im Internet unter https://junge-buehne-lahnstein.dezu finden.